Plenarsitzung 19, 14. Dezember 2012
Landesregierung muss endlich grünes Licht für newPark und die Schaffung tausender Arbeitsplätze geben
Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der FDP
Mitschnitt der Rede von Hanns-Jörg Rohwedder
Redeprotokoll:
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute von einem Industriepark in einem Naturschutzgebiet. Was ist denn das? Eigentlich ein schreiender Widerspruch. Industriestandorte werden nicht dadurch umweltfreundlich, dass wir sie in einem Naturschutzgebiet ansiedeln. Das ist kein Green New Deal mit Zukunftsarbeitsplätzen, der hier geplant ist.
Herr Ellerbrock von der FDP hat in seinem Eingangsbeitrag zur Aktuellen Stunde einen Zusammenhang zum Schwarzbau in Datteln hergestellt. Er sagte, es sei sinnvoll, Industriegebiete dort zu bauen und zu erschließen, wo es bereits Kraftwerke gibt. Ich weiß nicht, was das Kraftwerk Datteln, das wahrscheinlich sowieso nicht in Betrieb gehen wird, damit zu tun hat. Das Kraftwerk Datteln ist dafür gebaut, um Eisenbahnstrom mit 16 2/3 Hertz herzustellen. Das können Sie in einem Industriegebiet gar nicht verwenden. Da braucht man 50 Hertz. Damit werden Sie dort nicht einmal Plastikweihnachtsbäumchen herstellen können.
(Beifall von den PIRATEN)
Es geht also um ein Naturschutzgebiet, das zu einer Industriefläche werden soll und das Flora-Fauna-Habitat Lippeauen mit beeinflusst. Es sollte allgemein bekannt sein, dass in FFH-Gebieten wild lebende Arten und deren Lebensräume geschützt und die europaweite Vernetzung dieser Lebensräume auch gesichert werden soll. Das besagt die Naturschutzrichtlinie der Europäischen Union, und das ist geltendes Recht.
Diese Rieselfelder, um die es hier geht, sind naturschutzfachlich wertvolle, große Flächen. Teilweise reichen sie eben bis in die Lippeauen, die FFH-Gebiet sind. Sie haben auch eine wichtige Klimafunktion für den Ballungsraum im Ruhrgebiet, weil sie eine Kaltluftschneise sind, die an heißen Sommertagen Kaltluft in das Ruhrgebiet bringen – eine immer wichtiger werdende Funktion im Zuge des Klimawandels. Das gehört mit zur Klimaanpassungsstrategie, die wir brauchen.
Es sind auch wichtige Überschwemmungsgebiete, die bei Extremniederschlägen Hochwasserwellen abpuffern können. Und es gibt einen europaweiten Rückgang der Wiesenvögel, der Vögel der offenen Fluren, die genau in diesen Gebieten ihre Habitate haben und die unbedingt geschützt werden müssen.
Ein so wertvolles und schützenswertes Gebiet zu zerstören, dafür kann man sich kaum einen triftigen Grund vorstellen. Wir kennen auch keinen. Der Presse war zu entnehmen, dass auf eine strategische Umweltprüfung verzichtet wurde. Das ist nicht rechtsstaatlich. Warum wurde darauf verzichtet? Weiß das jemand hier? Eine Realisierung dieses newParks würde eine ökologisch intakte Freifläche zerstören und in eklatanter Weise gegen elementare Ziele des Natur- und Landschaftsschutzes verstoßen. Und ohne Umweltprüfung verstößt die Planung dann auch noch gegen europäisches Recht. Damit haben wir dann wieder den Zusammenhang zu Datteln – genauso ein Schwarzbau, der gegen Recht und gegen Rechtstaatlichkeit verstößt.
Das heißt, dem Projekt droht bei einer Klage das gleiche Schicksal wie dem E.ON-Schwarzbau in Datteln. Ich hoffe, dass NABU und BUND klagen werden. Wir werden das gegebenenfalls unterstützen. Hier wird ohne Notwendigkeit und ohne Rücksicht auf die Landschaft auf Naturschutzbelange und auf die wichtige Erholungsfunktion in wertvolle Grünbereiche hineingegangen. Unsere Forderung ist hier ganz klar: Wir wollen eine strategische Umweltprüfung.
(Beifall von den PIRATEN)
Ich komme zur Erschließung des Gebietes. Wer zahlt dafür? Die Kommunen, die Dattelner Bürger? Der Dattelner Rat hat dazu schon diskutiert. Da ging es um Abwasserrohre, die über die Abwassergebühren der Dattelner Bürger finanziert werden müssen. Die Gesamtkosten sind unbekannt, es sind wohl Millionen. Es ist ein teures Vergnügen, so dicke Kanalrohre zu verlegen. Und bei den klammen Haushalten der Kommunen ist das von ihnen kaum zu stemmen.
Es gibt keine offiziellen Angaben zu den Erschließungskosten. Wo ist da die Transparenz? Es gibt sicher gute Gründe, diese Ausgaben zu verschleiern. Das sollen dann nämlich die Bürger für den newPark bezahlen. Warum? Wenn ein Privatmensch ein Grundstück erschließt, um darauf ein Haus zu bauen, darf er seine Erschließungskosten selber tragen. Hier werden diese Rieselfelder ein finanzieller Alptraum für die Bürger. Die Arbeitsplätze und die entsprechenden Steueraufkommen sind nicht garantiert – und wenn, dann kommt überhaupt erst etwas in ferner Zukunft. Und die Landesregierung soll jetzt eine Bürgschaft absegnen. „Wer bürgt, wird gewürgt“, weiß der Volksmund.
(Beifall von den PIRATEN)
Über die verkehrstechnische Anbindung wurde hier schon geredet. Das werde ich jetzt unterlassen.
Ich möchte noch einmal ein Zitat bringen:
„Der Landtag Nordrhein-Westfalen stellt fest, dass das ‚newPark‘-Projekt auf den Rieselfeldern im Bereich der Städte Datteln und Waltrop ökologisch und ökonomisch verfehlt, kommunalhaushaltsrechtlich fragwürdig und in punkto Arbeitsmarktpolitik und EU-Beihilferecht mit einer Vielzahl von rechtlichen und politischen Unwägbarkeiten behaftet ist. Ein Projekt, das in dieser Weise durch Fehlanreize und Mängel geprägt wird, ist nicht dazu geeignet, den Standort NRW zu stärken.“
Das ist aus einem Antrag der Grünen vom 02.03.2010. Ich finde es schade, dass Frau Schneckenburger und auch Herr Priggen auf ihren alten Antrag, der eine vernünftige Position enthielt, hier nicht mehr eingegangen sind. – Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Landesregierung hat sich noch einmal der Wirtschaftsminister zu Wort gemeldet, dem ich hiermit das Wort erteile.
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