Plenarrede: Bayer zu newPark

Plenarsitzung 19, 14. Dezember 2012

Landesregierung muss endlich grünes Licht für newPark und die Schaffung tausender Arbeitsplätze geben

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der FDP

Drucksache 16/1668

Mitschnitt der Rede von Oliver Bayer

Redeprotokoll:

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Zuschauer! Liebe Kolleginnen und Kollegen, die noch da sind! Der Strukturwandel, demografische Effekte, kommunale Finanznot und ein großer struktureller Mangel an klassischen Jobs, der größer sein dürfte als in den Arbeitslosenstatistiken erkennbar, machen der gesamten Region nördlich der Ruhr schwer zu schaffen.

Die Wirtschaft der Region braucht neue Perspektiven, die auf alten Stärken aufbauen und langfristig für ein neues, stabiles Wirtschaftsprofil und für Arbeitsplätze sorgen.

Die Ansiedlung auch neuer Unternehmen ist dabei entscheidend. Vielfach werden es Spin-offs sein, die sich mit neuen Ideen unabhängig entwickeln wollen und dabei unterstützt werden sollten.

Mit viel Kreativität und Offenheit für Neues, das aus Bestehendem hervorgeht, wird die Region nördlich der Ruhr den Strukturwandel meistern, so hoffe ich doch – allerdings nicht mit einem ideenlosen, allein durch seine Größe überzeugenden und dafür gänzlich unerschlossenen Industriegebiet voller Luftschlösser. BWLer kennen zumindest das Modell der Analyse von Stärken und Schwächen, Chancen und Risiken. Schon dabei hätte eigentlich etwas auffallen müssen.

Was soll das Spiel mit der Hoffnung auf 9.200 Arbeitsplätze, die übrigens selbst in der Prognos-Studie erst für die Zeit nach 2030 erwartet werden? Mit viel Glück wird es Ansiedlungen geben, womöglich verlagert aus anderen Teilen der Region – aber in der gewünschten Qualität und mit dem gewünschten Arbeitsplatzangebot wohl eher nicht; denn was fehlt, sind die herausragenden Standortfaktoren, die überzeugen, sich dort anzusiedeln. Die Größe ist nicht einmalig, und ob es ein guter Standortfaktor ist, dass man sich nah am Naturschutzgebiet befindet, ist auch die Frage. Im Idealfall ziehen andere Unternehmen oder bestimmte Kompetenzen vor Ort.

Aber es gibt dort keine bestehenden Agglomerationen, keine vorhandenen Wertschöpfungsketten oder irgendwelche anderen Synergiemöglichkeiten. Nicht einmal die Infrastrukturanbindung ist gesichert, selbst die Bundesstraße nicht, übrigens als alleinige Zugangsmöglichkeit zu einem Green-Technologies-Standort unwürdig. Herr Hovenjürgen, wie sollen denn die, die wegen der Umweltzone ihr Auto abschaffen mussten, zu diesen Arbeitsplätzen kommen? Aber auch ein Autobahnanschluss wäre keine Garantie für Erfolg – siehe den Logistikstandort Legden in der Nähe der A31, der nicht vollläuft.

Also: Was sind die Alleinstellungsmerkmale, die dafür sorgen, dass das Areal nicht bloß eine weitere subventionierte Konkurrenz zu anderen Gewerbegebieten in der Region ist?

Ein Gewerbesteuererlass ist für mich ein Indikator dafür, dass es darum geht, mit der Nachbarschaft zu konkurrieren, und dass es keine besseren Argumente gibt. Allein die Größe kann als Argument herangezogen werden. Danach verlangen Logistikunternehmen, aber ausgerechnet die will man dort nicht anziehen. Alle anderen Unternehmen müssen von sich aus wachsen.

Wir stellen auch Ihre Antragsbegründung bezüglich Flächenverfügbarkeit infrage. Wir denken, dass es ausreichend Flächen in NRW gibt.

Bestehende Probleme leugnen wir dabei natürlich nicht. Viele Flächen müssen zunächst einem Flächenrecycling oder einer Nachverdichtung unterzogen werden. In den mit Schwermetallen oder Chemikalien belasteten Böden finden Sie die Auswirkungen sogenannter externer Effekte oder, um es zu übersetzen: Umweltverschmutzungen, für die keiner bezahlt und die deshalb keiner beseitigt hat.

Die Gesetzeslage verpflichtet uns, für jede Naturfläche, die in ein Industriegebiet verwandelt wird, einen Ausgleich zu schaffen. Das heißt, an anderer Stelle müssen neue Naturflächen ausgewiesen werden. Ihr Antrag sagt, es gebe zu wenig Wirtschaftsflächen in NRW. Mit einer neu anzulegenden Naturfläche würden potenzielle, bereits erschlossene, womöglich integrierte Räume für Industrie- und Gewerbeflächen an anderer Stelle jedoch nicht mehr zur Verfügung stehen. Im nördlichen Ruhrgebiet gibt es viele Brachflächen und ehemalige Montanflächen. Es müssten also ohnehin noch viele Großflächen und Böden recycelt werden. Eine bereits renaturierte Fläche in Teilen wieder in ein Industrie- oder Gewerbegebiet umzuwandeln – und umgekehrt –, macht überhaupt keinen Sinn.

Flächenrotation, Herr Ellerbrock, hakt daran, dass wir dann Naturgebiete mit Infrastruktur und Industriegebiete ohne Infrastruktur haben, zumal sie keine Auenlandschaft umsiedeln können.

Es gibt genügend integrierte Flächen und bereits gut erschlossene Flächen, die überplanbar sind: etwa in Bergkamen, in Bochum, im nahen Dortmund – Westfalenhütte, PHOENIX-Areal oder Zeche Gneisenau –, in Castrop-Rauxel, Mittelstandspark. Ich lese jetzt nicht alle vor.

Das newPark-Konzept ist an entscheidender Stelle nicht schlüssig. Global Player und Local Spin-offs in Kombination mit Green-Technologies klingen mehr nach Wunsch als nach Wirklichkeit. Bei globalen Großkonzernen wird man an dem Standort nur mit massiven Subventionen Argumente haben. Ich erinnere an Nokia und Bochum, aber in dem Fall auch an Rumänien, wo auch nur Subventionen mitgenommen wurden. Ich erinnere an bekannte dreiste Fälle wie Vattenfall oder Müllermilch.

Lokale Spin-offs dagegen benötigen Nähe zu bestehenden Systemen. Wie viele Unternehmen mit diesem Flächenverbrauch – außer dem vierten Kraftwerksblock – wollten sich denn in den 15 Jahren der Diskussion zunächst vielleicht mit 80 ha oder 10 ha dort ansiedeln? Wir verstehen den Wunsch vieler nach einem Symbol für die Region. Dies kann aber nicht nach dem Prinzip Hoffnung geschehen: Wenn wir einen Park bauen, wird sich schon irgendwie ein Global Player dafür entscheiden, woanders wegzuziehen und sich dort dauerhaft niederzulassen.

Lassen Sie mich abschließend einen versöhnlichen Vorschlag machen. Wenn Sie so an Ihrer Vision hängen, wenn Sie wirklich daran glauben – es ist Ihr gutes Recht, zu träumen –, dann nehmen Sie nicht den Holzhammer! Die Verlängerung der Verkaufsoption ist doch nur eine Formsache, übliche Praxis. Ein paar Monate zusätzlich werden nach 15 Jahren Diskussion und einem Erfüllungshorizont von mindestens weiteren 15 Jahren Ihren Traum nicht erschüttern. Nehmen Sie sich jetzt Zeit für die Durchführung einer Umweltprüfung nach EU-Umweltrecht! Haben Sie Geduld bezüglich der Ergebnisse der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung und der Klage gegen die B 474n! Zeigen Sie Skeptikern wie mir wenigstens, dass Sie an den Pro-Argumenten für newPark arbeiten! – Danke schön.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Bayer. – Für die Landesregierung spricht der Wirtschaftsminister, Herr Duin.

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