Plenarsitzung 18, 13. Dezember 2012
Gesetz zur Förderung des Mittelstandes in Nordrhein-Westfalen (Mittelstandsförderungsgesetz)
Gesetzentwurf der Landesregierung
Drucksache 16/126 (Neudruck)
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk / Drucksache 16/1643
2. Lesung
Mitschnitt der Rede von Daniel Schwerd
Redeprotokoll:
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Vorhersagen sind bekanntlich schwierig, vor allem wenn sie sich auf die Zukunft beziehen.
Wenn wir gleich im Plenum über unseren Änderungsantrag abstimmen, dann – befürchte ich – werden Sie Zeuge, wie die Fraktionen der Opposition für Transparenz und Nachhaltigkeit stimmen werden, die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen jedoch dagegen. Das wird jedenfalls dann so passieren, wenn die Fraktionen im Plenum genauso abstimmen, wie sie es bereits in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 5. Dezember dieses Jahres taten.
Wir Piraten haben bereits im Wirtschaftsausschuss einen Änderungsantrag eingebracht. Auch bei unserem heute vorliegenden Änderungsantrag lauten unsere drei Hauptforderungen: erstens die Transparenz des geplanten Clearingverfahrens erhöhen, zweitens die Mitspracherechte des Landtags gewährleisten und drittens die Nachhaltigkeit als Ziel einer mittelstandsorientierten Wirtschaftspolitik stärken.
Erfreulicherweise konnten wir SPD und Grüne überzeugen, einen unserer Änderungsanträge anzunehmen. Bei diesem geht es um die Zertifizierung mittelstandsfreundlicher Kommunen. Hierfür möchte ich mich herzlich bedanken.
Es freut mich besonders, dass dieser Vorschlag von unserer Basis kam. An dieser Stelle ein besonderer Dank an den Arbeitskreis Wirtschaft und Finanzen der Piratenpartei NRW! Dieses Beispiel beweist, dass Bürgerbeteiligung keine leere Floskel sein muss, sondern auch in der täglichen Politik funktionieren kann.
(Beifall von den PIRATEN)
Die Freude über diesen kleinen Erfolg wurde aber getrübt, als SPD und Grüne alle anderen unserer Vorschläge im Ausschuss abgelehnt haben. Die Fraktionen von CDU und FDP hingegen konnten wir für viele unserer Forderungen gewinnen.
Dass die SPD kein besonderes Interesse daran hat, für eine größere Transparenz in der Gesetzgebung zu stimmen, das hatte ich befürchtet. Auch dass die SPD, die einen Teil der Regierung stellt, nicht das lästige Mitspracherecht des Landtags erhöhen will, überrascht mich nicht. Aber dass die Grünen allen Ernstes gegen bessere Transparenzvorschriften und gegen die Stärkung des Nachhaltigkeitsprinzips im Gesetz stimmten, das hat mich wirklich enttäuscht.
(Beifall von den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von der FDP)
Bündnis 90/Die Grünen haben sich offensichtlich einem Koalitionszwang gebeugt, statt für ihre eigenen Ideale zu stimmen. Offenbar gibt es in der Koalition die Vereinbarung, dass die Grünen sich nicht in die Wirtschaftspolitik der SPD einmischen. Dafür unterstützt die SPD womöglich die Vorhaben der Grünen in der Gesundheitspolitik.
(Beifall von den PIRATEN)
Daher werden wir voraussichtlich ein Mittelstandsförderungsgesetz bekommen, welches größtenteils aus Worthülsen und Absichtserklärungen besteht.
Der Teil, bei dem das Gesetz konkret wird, ist aus Sicht der Piraten keine Verbesserung, sondern eine deutliche Verschlechterung. Die sogenannte Clearingstelle Mittelstand soll laut Gesetz aus Verbandsvertretern bestehen und Gesetzesvorhaben der Landesregierung lesen und bewerten dürfen, noch ehe das Kabinett, noch ehe die Abgeordneten im Landtag diese zu Gesicht bekommen haben.
Das Gesetz schreibt den Beamten in den Ministerien vor, bei einer geplanten Regelung zuerst bezahlte Lobbyisten zu befragen, und dies hinter verschlossenen Türen. Erst danach stimmt die Regierung über den Gesetzentwurf ab. Ganz am Schluss dürfen die gewählten Abgeordneten im Parlament die fertigen Entwürfe quasi nur noch abnicken. Damit stellen Sie den demokratischen Gesetzgebungsprozess, wie er einmal gedacht war, auf den Kopf.
(Beifall von den PIRATEN)
Die demokratisch legitimierten Abgeordneten haben in diesem Prozess am allerwenigsten zu sagen.
Wir fordern in unserem Änderungsantrag, die Clearingstelle Mittelstand, die unmittelbar in den Gesetzgebungsprozess eingreift, zu maximaler Transparenz zu verpflichten. Darüber hinaus wollen wir, dass der Landtag bei der Besetzung der Clearingstelle mitreden darf. Darüber hinaus wollen wir die Nachhaltigkeit als übergeordnetes Prinzip der Wirtschaftspolitik stärken.
Präsidentin Carina Gödecke: Herr Kollege Schwerd, Entschuldigung, dass ich Sie unterbreche. Herr Kollege Schmeltzer würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.
Daniel Schwerd (PIRATEN): Ja, sehr gerne.
Rainer Schmeltzer (SPD): Herr Schwerd, Sie haben gerade die Reihenfolge dargelegt, in der nach dem Gesetz verfahren werden soll, und sich darüber beschwert, dass das Parlament erst zum Schluss an der Reihe ist.
Würden Sie mir recht geben, dass das Parlament der Gesetzgeber ist und es eigentlich nur folgerichtig ist, dass wir zum Schluss – nachdem wir alles abgewogen haben – ein Gesetz beschließen?
(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Erst beschließen, dann nachfragen!)
Daniel Schwerd (PIRATEN): Das wäre der richtige Vorgang, wenn Sie es so sehen wollen. Aber in dem Fall kommen die Gesetze ja aus den Ministerien und so was,
(Rainer Schmeltzer [SPD]: „Und so was“?)
bevor die überhaupt jemand im Parlament zu Gesicht bekommt. Und zu der entsprechenden Clearingstelle: Indem Sie zum Beispiel unseren Änderungsantrag abgelehnt haben, haben Sie dafür gesorgt, dass Minderheitsmeinungen nicht dargelegt werden können. Wir erfahren davon im Prinzip nichts, sondern wir erfahren erst die fertige Stellungnahme der Clearingstelle, aber nicht die Zwischenpunkte.
(Sigrid Beer [GRÜNE]: Wie geht Parlament? – Rainer Schmeltzer [SPD]: Es gibt eine Broschüre zum Gesetzgebungsverfahren!)
Ich fahre fort: Wir wollen die Nachhaltigkeit als übergeordnetes Prinzip der Wirtschaftspolitik stärken. Das sind die Punkte, die wir Piraten fordern und denen sich auch die CDU und FDP zu großen Teilen anschließen konnten.
Wir beantragen für unseren Änderungsantrag Einzelabstimmung, um allen Fraktionen die Gelegenheit zu geben, mit unseren Änderungen konstruktiv umzugehen und wirklich nur die jeweils konsensfähigen Punkte anzunehmen. Ich appelliere an alle Abgeordneten hier im Hause, zustimmungsfähigen Punkten auch zuzustimmen.
Wenn SPD und Grüne die Vorschläge zu Transparenz und Nachhaltigkeit erneut ablehnten, fände ich das äußerst bedrückend. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den PIRATEN)
Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Duin.
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