Freitag, 26. Juni 2015
Top 5. Post-2015-Agenda für nachhaltige Entwicklung – Nordrhein-Westfalen als Vorreiter bei der Umsetzung der internationalen Nachhaltigkeitsziele
Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 16/8988
direkte Abstimmung
Unser Redner: Nicolaus Kern
Abstimmungsempfehlung: Ablehnung
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Protokoll der Rede von Nicolaus Kern:
Nicolaus Kern (PIRATEN): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Zuschauer hier im Saal und zu Hause! Die Millennium Development Goals von 2000 laufen dieses Jahr aus, und deren Umsetzung ist, vorsichtig ausgedrückt, nicht gerade eine Erfolgsgeschichte.
Die neuen Entwicklungsziele, die SDGs, werden zurzeit auf UN-Ebene erarbeitet. Sie sollen eine Weiterentwicklung hin zu verbindlichen, auch die Industriestaaten verpflichtenden Zielen darstellen. Das begrüßen wir Piraten ausdrücklich.
(Beifall von den PIRATEN)
Wir wollen – mein Vorredner hat das eben schon erwähnt – aber auch eine punktgenaue Auswertung der nicht erreichten alten Ziele. Fakt ist doch: Die Erfolgsaussichten der neuen MDGs werden aufgrund ihrer Unverbindlichkeit doch niemals besonders hoch sein. Diese Verbindlichkeit fordern wir bei den neuen Zielen also ein.
Doch davon will die Landesregierung ausweislich des rot-grünen Antrags gar nichts wissen. Der vorliegende Antrag beschreibt eine schöne heile Welt, Frau Asch, in der die übrigens noch gar nicht formulierten SDGs mit der Hilfe aus NRW erreicht werden können. Er ist voll wohlklingender Allgemeinplätze bezüglich sozialer und Klimagerechtigkeit, Frieden und nachhaltigem Wirtschaften. Der Antrag wird dabei nicht ein einziges Mal konkret. Auch thematisiert er nicht die Verantwortung der Landesregierung beim Erreichen der hehren Ziele.
Wie sieht es denn mit der Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen von in NRW ansässigen Multis wie Bayer oder RWE aus? Wo ist Ihr Einsatz gegen Pharmapatente, Umweltverschmutzung und die Kommerzialisierung natürlicher Ressourcen? Wieso tut die Landesregierung selber noch immer nicht genug bei fairen und nachhaltigen Beschaffungen? Diese Fragen können Sie doch allesamt nicht glaubhaft beantworten.
Ich komme zu Ihrem Lieblingsthema, der berüchtigten Eine-Welt-Strategie. In Ihrem Antrag sprechen Sie auch davon, diese entlang der neuen SDGs weiterentwickeln zu wollen. Schön wäre es, wenn Sie überhaupt einmal eine substanzielle Eine-Welt-Strategie entwickeln und umsetzen würden; denn die bisherige ist in meinen Augen eine bloße Ansammlung von entwicklungspolitischen Buzzwords, schön verteilt auf zehn Seiten Broschüre. Das Auslaufen der beiden Partnerschaftsabkommen mit Ghana und Mpumalanga spricht – da hat meine Vorrednerin doch völlig recht – doch Bände über Ihr Engagement in dem Bereich.
Dann wollen Sie – das steht in Ihrem Antrag – noch allen Ernstes ein Votum vom Landtag für einen millionenschweren Exklusivvertrag mit der GIZ zum Ausrichten der „Bonn Conference for Global Transformation“. Das ist also Ihr Verständnis von nachhaltiger Entwicklungszusammenarbeit.
Es ist – das sage ich ausdrücklich – wichtig, NRW eine wichtige Rolle beim Post-2015-Prozess zukommen zu lassen. Doch dafür müssen die Ziele konkret genannt und das Engagement NRWs zu jedem einzelnen Ziel muss ausgeführt werden. Sonst – das ist meine Befürchtung – ist das Einzige, was nachhaltig geschützt wird, der Zahlungseingang auf dem Konto der GIZ.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Herr Kollege Kern, würden Sie eine Zwischenfrage von Herrn Kollegen Ellerbrock zulassen?
Nicolaus Kern (PIRATEN): Ja.
Holger Ellerbrock (FDP): Herr Kollege Kern, Sie hatten eben Ausführungen zu Ghana und Mpuma-langa gemacht. Wenn ich mich recht erinnere, hatten wir im Ausschuss unter Ihrer Leitung auch über diesen Problemkreis gesprochen. Sie haben das jetzt dargestellt, als wenn das ein Versäumnis der Landesregierung sei, sich da nicht um entsprechende Vereinbarungen bemüht zu haben.
Meine Wahrnehmung der Realität ist, dass deutlich wurde, dass vor Ort aufgrund politischer Verhältnisse auf diese Zusammenarbeit kein Wert gelegt wurde, dass es eine mangelnde Wertschätzung gab. Ich bin immer bereit, die Landesregierung kritisch mit zu begleiten, aber hier habe ich eine andere Wahrnehmung der Realität. Wieso unterscheiden wir uns da in der Wahrnehmung? Sie sind doch Ausschussvorsitzender.
(Beifall von den GRÜNEN)
Nicolaus Kern (PIRATEN): Herr Ellerbrock, danke für die Frage. – Mir kommt es darauf an, zu hinterfragen, was sich auf dem Gebiet tut. Wenn Sie sagen, es liege an der Gegenseite, will ich dem gar nicht widersprechen. Fakt ist aber, dass dort Stillstand herrscht. Und dann muss man sich doch überlegen, ob das Ganze noch sinnhaft ist. Wenn der eine Partner nicht will, dann erledigen sich doch alle weiteren Überlegungen. Dann soll man nicht daran festhalten. Es gilt immer noch das Sprichwort: Wenn du merkst, dass das Pferd tot ist, steige ab!
Ich war eigentlich schon am Ende meiner Rede. Ich gebe noch kurz zu Protokoll, dass ich meiner Fraktion empfehle, den Antrag aus den genannten Gründen abzulehnen. Bei der Abstimmung über den Antrag der CDU können wir uns aufgrund der kurzen Zeit lediglich enthalten. Ich will es dabei bewenden lassen. – Vielen Dank. Schöne Sommerpause!
(Beifall von den PIRATEN)
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Kern. – Für die Landesregierung erteile ich Frau Ministerin Dr. Schwall-Düren das Wort.
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