Donnerstag, 25. Juni 2015
Top 10. Rechtssicherheit bei Verpflichtungserklärung schaffen – Engagement anerkennen
Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 16/8986
direkte Abstimmung
Unsere Rednerin: Simone Brand
Abstimmungsempfehlung: Zustimmung
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Protokoll der Rede von Simone Brand
Simone Brand (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauer! Es wird jetzt ein wenig so dargestellt, als würden wir im Nachhinein versuchen, jetzt wieder etwas umzudrehen, was ursprünglich einmal verabredet war, damit wir keine finanziellen Belastungen mehr haben bzw. die Betroffenen aus der Verpflichtungserklärung wieder entlassen werden. Dem ist nicht so.
Als die Sache mit den Verpflichtungserklärungen losging, hatte beispielsweise da kann ein einzelner Politiker falsch informiert worden sein ein Bonner Bürger bei einem Bonner Kommunalpolitiker nachgefragt, wie es denn aussieht: Gilt diese Verpflichtungserklärung mein Leben lang? Dieser Politiker antwortete: Nein, das kannst du ruhig machen. Es passiert überhaupt nichts. Wenn das Asylverfahren durch ist, endet die Verpflichtungserklärung automatisch. Darauf hat sich dieser Bonner Bürger verlassen. Ich denke, das war seinerzeit allgemeines Wissensgut.
Wir haben mit der Verpflichtungserklärung vielen einen Bärendienst erwiesen. Das gilt zum Beispiel für den kleinen Restaurantbesitzer aus Münster, der selbst eine fünfköpfige Familie hat und der die sechsköpfige Familie seines Bruders bei sich aufgenommen hat. Die Unterbringung von elf Leuten in einer Dreizimmerwohnung und das über viele Monate hinweg bedeutete zusätzlich zu den immensen Kosten eine psychische Belastung, die er sich so gar nicht ausgerechnet hatte.
Gott sei Dank war das in Münster. Das heißt, der Asylantrag ist genehmigt worden. Danach entspannte sich die Situation. Dieser Mann hat jedoch sein Restaurant verloren und ist jetzt hochverschuldet. Aufgrund dieser Schulden kann er noch nicht einmal eine neue Verpflichtungserklärung unterschreiben, um seine kranke Mutter aus Syrien herauszuholen, die als Letzte dort verblieben ist.
Diese Form der Landesaufnahme ist letztendlich eine Lösung für Reiche. Dementsprechend kann sie nicht ausreichend sein. Was bleibt für die anderen?
Die Situation ist ganz absurd. Da sitzt ein Syrer hier in Deutschland; der Asylantrag ist durch; die Familienzusammenführung ist genehmigt worden. Er hat alle Unterlagen beisammen. Diese Unterlagen sind zu den entsprechenden Konsulaten geschickt worden. Jetzt sitzt seine Frau mit den drei kleinen Kindern im Nordirak, in Erbil, und geht tagtäglich die zig Kilometer zum Konsulat, bis sie endlich die Antwort bekommt: Für das Visum müssen Sie nach Ankara. Eine Familie ohne Geld soll sich wer weiß wie viele Kilometer durch IS-Gebiet nach Ankara durchschlagen! Herzlichen Glückwunsch!
Die Alternative für die anderen ist die Flucht über das Mittelmeer. Wir haben gestern und heute schon mehrfach die Reise angesprochen, die einige geschätzte Kollegen und ich nach Italien und Griechenland unternommen haben. Wir waren dort vor Ort. Auf Lampedusa gibt es ein privates Museum von einem Aktivisten. Wir haben diese unzähligen großen und kleinen Schuhe gesehen, Milchflaschen, Schwimmwesten und Bibeln alles Treibgut. Das ist die Alternative für die Leute, die verzweifelt sind und kein Geld haben.
Hier und heute haben wir es natürlich nicht in der Hand, die ganz großen Würfe zu machen. Was brauchen wir? Das Auswärtige Amt muss endlich aus dieser Schockstarre heraus und massiv Personal in den Konsulaten und Botschaften aufstocken, damit die Fälle irgendwie abgearbeitet werden können.
(Beifall von den PIRATEN)
Wir brauchen sichere Korridore, zumindest für die Menschen, die hundertprozentig mit Asyl rechnen können. Das sind unter anderem Syrer und Eritreer. Über die anderen Flüchtlinge, die zu uns kommen, weil wir in den letzten Jahrhunderten und auch noch aktuell die Wirtschaft in ihren Ländern zerstört haben zum Beispiel Ghana , brauche ich an dieser Stelle gar nicht zu sprechen.
Einen ersten Schritt können wir hier aber machen. Die Verpflichtungserklärung darf für Menschen, die helfen wollen, nicht zur Falle werden. Deshalb ist diesem Antrag unbedingt zuzustimmen. Ich habe nur leider die Befürchtung, die Herr Dr. Stamp gerade schon angesprochen hat: Der Bund wird es sich zukünftig dreimal überlegen, bevor er zu einer Genehmigung der Landesaufnahme Ja sagt. Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)
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