Top 10. Dietmar Schulz zur Wichtigkeit des Haftungsverbundes

Mittwoch, 20. Mai 2015

 

Top 10. Das Vertrauen in den bundesstaatlichen Haftungsverbund darf nicht gefährdet werden!

Antrag der Fraktion der SPD  der Fraktion der CDU der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und der Fraktion der  FDP
Drucksache 16/8648

Mdl Dietmar Schulz/Foto A.KnipschildUnser Redner: Dietmar Schulz
Abstimmung: Zustimmung
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Protokoll der Rede von Dietmar Schulz

Dietmar Schulz (PIRATEN): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer im Saal und daheim. Ein Grundsatzantrag zu einer Problematik, die die Tragweite besitzt, hohe Wellen zu schlagen, weit über die Grenzen Nordrhein-Westfalens hinaus, weit über die Grenzen Kärntens hinaus: Gerade deshalb ist es schwierig, hier die richtigen Worte zu finden.

Lassen Sie uns kurz die Fakten betrachten: Die NRW.BANK hat in den Jahren 2006 und 2007 drei Anleihen der Hypo Alpe Adria gekauft, die durch die HETA in Abwicklung gebracht wurde. Alle drei Anleihen waren durch das Land Kärnten abgesichert. Damals war dies unbestritten ein solides Geschäft; ein Geschäft, das damals gewünscht war, um mit den Gewinnen das Fördergeschäft der NRW.BANK in NRW quer zu finanzieren.

Jetzt kennen wir im Rückblick alle die Ereignisse, die dazu geführt hatten, dass wir nun hier sitzen und mit dem vorliegenden Antrag diese missliche Situation nun auch politisch beurteilen können und müssen. Betrachtet man das einzelne Geschäft und die im Antrag beschriebene Situation, dann kann man nicht anders, als diesem Antrag zuzustimmen. Die Haftung eines Landes, eines Bundes oder eines Staates darf nicht infrage gestellt werden, so wie es vonseiten Österreichs in Bezug auf Kärnten und seitens Kärntens in Bezug auf die HETA gemacht worden ist.

Ist man da anderer Meinung, würde das aus finanzpolitischer Sicht auch direkte Auswirkungen auf die Kosten der Refinanzierung von Österreich und/oder auch NRWs haben.

Gleichwohl ist zu betonen, dass es innerhalb unserer Fraktion, auch wenn ich persönlich sehr deutlich dafür geworben habe, mit auf diesen Antrag zu gehen, durchaus kritisch betrachtet wird, was die Geschäftstätigkeit der NRW.BANK seit damals und auch im Hinblick auf den Auslandsbezug angeht. Kärnten liegt nun einmal nicht in NRW, und man könnte generell die Frage stellen, weshalb ein Engagement einer Förderbank, die laut Satzung in NRW tätig werden soll, dort zielführend sein sollte. Die Debatte wäre doch eine gänzlich andere, wenn der Geschäftspartner der NRW.BANK hier in NRW ansässig wäre.

Aber wer in seinem Antrag, wie er uns hier vorliegt, große Worte wie Verantwortung und Haftung anspricht, der muss sich auch fragen lassen, wie es im Land Nordrhein-Westfalen um diese Werte steht, wenn sie von anderen eingefordert werden, also quasi der umgekehrte Fall Österreich Deutschland NRW bzw. NRW Österreich, sprich Kärnten.

Die Piraten waren in den Jahren 2006 und 2007 nicht im Landtag vertreten, und selbst heute sind sie nicht in die Geschäftsprozesse der NRW.BANK, eines der größten Finanzinstitute Nordrhein-Westfalens, eingebunden, das, wie wir es sagen, ein Teil des Schattenhaushaltes des Landes Nordrhein-Westfalen ist. Nicht nur wir, sondern auch die SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben die NRW.BANK im Jahr 2010 noch als solches bezeichnet. Sowohl SPD, Grüne und damals auch CDU und FDP waren bzw. sind allerdings in die Geschäftsprozesse eingebunden gewesen oder sind es noch. Daraus leiten sich bis heute gewaltige Informationsasymmetrien ab.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Was soll das denn?)

Als die Piratenfraktion am 27. November 2012 mit einem Änderungsantrag Drucksache 16/1556 zum Gesetz zur Anpassung des Gesetzes über die NRW.BANK an die Gewährträgerstruktur sowie zum Prüfungsrecht des Landesrechnungshofes bei der NRW.BANK im Plenum am 28. November 2012 eine nachrichtliche parlamentarische Kontrolle einführen wollte, stimmten die hier vertretenen Fraktionen, die allesamt diesen heutigen Antrag tragen, wie folgt ab. Zitat aus der Parlamentsdatenbank: Der Änderungsantrag Drucksache 16/1556 wurde mit den Stimmen der Fraktionen von SPD und Grünen gegen die Stimmen der Piraten bei Enthaltung der Fraktionen von CDU und FDP abgelehnt.

Wer also in diesem Plenum alle Stimmen für den vorliegenden Antrag haben möchte, der könnte auf mehr Unterstützung hoffen, aber natürlich nur dann, wenn Sie die hohen Ansprüche, auf die Sie sich in diesem Antrag berufen, im Land Nordrhein-Westfalen vorleben würden.

Der eingerichtete Parlamentarische Beirat, der damals als Reaktion seitens der regierungstragenden Fraktionen auf den Weg gebracht und dann hier im Plenum so verabschiedet wurde, hat sich als zahnloser Tiger erwiesen und wird über kein relevantes Ereignis im Vorfeld informieren.

Nicht nur wegen der aktuellen Debatte über die in Rede stehenden 275 Millionen € aus dem Anleihengeschäft mit der ehemaligen Hypo Alpe Adria sollten wir noch einmal nachdenken, ob es nicht dringend geboten wäre, alle Fraktionen bei einer sinnvollen und richtigen parlamentarischen Kontrolle dieses Schattenhaushalts einzubinden.

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. Daher wird es ein differenziertes Abstimmungsverhalten der Mitglieder der Piratenfraktion bezüglich des vorliegenden Antrags geben. Dies spiegelt wider, dass wir die rechtliche und fiskalische Bewertung des Falles im vorliegenden Antrag teilen. Wir sind aber nicht bei Gericht, sondern im Parlament. Hier in diesem Hohen Haus sollte auch immer eine größere politische Einordnung erfolgen. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Veröffentlicht unter Dietmar Schulz, Rechtsausschuss (A14), Reden

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