Freitag, 20. März 2015
Top 5. Gesetz über die Feststellung eines Nachtrags zum Haushaltsplan des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2015 (Nachtragshaushaltsgesetz 2015)
Gesetzentwurf der Landesregierung
Drucksache 16/7990
Unser Redner: Dietmar Schulz
Abstimmungsempfehlung: Ablehnung
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Protokoll der Rede von Dietmar Schulz
Dietmar Schulz (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Herr Kollege Abel, ich bin schon recht erstaunt, mit welchem Pfund Bündnis 90/Die Grünen aufwarten in einer Linie mit Innenministern wie Zimmermann, Schily, Schäuble für Antiterrorgesetze, die die Freiheit beschränken und für mehr Überwachung sind. Ich bin auch erstaunt darüber, Herr Kollege Abel, dass die Grünen sich hier an dieses Pult stellen und diesen Nachtragshaushalt in einem verkürzten Verfahren durchpeitschen wollen, wo doch wirklich namhafte Politiker, Gründungsmütter und Gründungsväter Ihrer Partei wie Claudia Roth, Cem Özdemir, Trittin, um nur einige zu nennen
(Marc Olejak [PIRATEN]: Ströbele!)
Ströbele! , sagen: „Verfassungsschutz ist ein blinder Fleck der Demokratie“, und Forderungen aufstellen wie: „Verfassungsschutz gehört in Bund und Ländern abgeschafft“.
(Marc Olejak [PIRATEN]: Hört, hört!)
Die Grünen in Niedersachsen haben das sogar in ihrem Grundsatzprogramm stehen. Ich bin einigermaßen erstaunt, wie zerrissen die Grünen dort zu sein scheinen, wo sie mit in der Regierungsverantwortung stehen.
(Beifall von den PIRATEN)
Es ist nicht unbekannt, dass die Piraten bundesweit wie aber auch im Lande Nordrhein-Westfalen die Aufstellung und Arbeit der Verfassungsschutzbehörden kritisieren.
Wir haben hier bei Einbringung des Nachtragshaushalts durch den Herrn Finanzminister in zwei aufeinander folgenden Sätzen Folgendes gehört: Im ersten Satz sprach er sinngemäß es gibt noch kein Protokoll von einer Sicherheitslage, die sich seit Dezember verändert habe; diese mache den Nachtragshaushalt notwendig. Das nächste Satz lautete: Na ja, so sehr hat sich das nicht seit Dezember verändert, sondern die Erkenntnislage hat sich im Hinblick auf die Möglichkeiten und die Bereitschaft bestimmter terroristisch organisierter und terroristischen Zielen folgender Gruppierungen und Einzelpersonen ab Dezember verändert.
Man muss sich das einmal vorstellen. Es ist also keine Bedrohungslage erst seitdem entstanden, sondern eine Bedrohungslage entsteht jedes Mal, wenn irgendwo auf der Welt ein terroristischer Anschlag stattfindet. Das müssen wir uns einfach einmal vor Augen halten.
Der Nachtragshaushalt ist in gewisser Weise ich habe das in meiner Rede anlässlich der Einbringung durchaus gesagt; dazu stehe ich auch eine Stärkungs- und Imagekampagne für den, wie man hören durfte, angeschlagenen Innenminister des Landes.
(Zuruf von Minister Ralf Jäger)
Dass Sie das anders sehen, glaube ich gerne, Herr Minister. Gleichzeitig wird hier eine Bedrohungslage als Popanz aufgebaut, um strukturelle Defizite zum Beispiel im Bereich der Polizei darum geht es in Nordrhein-Westfalen vor allen Dingen zu beheben.
Es ist ein Tropfen auf den heißen Stein. So ist der Entschließungsantrag der FDP auch übertitelt bei dem wir uns im Übrigen enthalten werden. Das hat aber eher haushälterische Gründe und betrifft weniger die inhaltliche Frage der Aufstockung der Polizei; denn das ist auch eine wesentliche Forderung der Piratenfraktion im Landtag Nordrhein-Westfalen und des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen der Piratenpartei.
Die Stärkung des Verfassungsschutzes als Reaktion auf die Anschläge in Kopenhagen und Paris lehnen wir ab. Die Polizei leistet wichtige Arbeit bei der Beobachtung und Verfolgung von verdächtigen Gefährdern. Die Arbeit des Verfassungsschutzes jedoch geriet, wie wir wissen das ist auch Grund und Anlass zum Beispiel für den Untersuchungsausschuss im Landtag Nordrhein-Westfalen , wiederholt in die Kritik.
Vor dem Hintergrund dessen, was der Finanzminister hier am Pult gesagt hat, muss man feststellen: Die Erkenntnislage hat sich verändert. Die Sicherheitslage wird sich aber ganz sicher nicht durch 25 Leute mehr verbessern. Die Erkenntnislage hat nämlich schon vorher bestanden. Der Verfassungsschutz ist aber mit dem Personal, das er im Dezember und auch in der Zeit davor hatte, offensichtlich nicht dazu in der Lage, die Bürgerinnen und Bürger des Landes in ausreichendem Maße präventiv zu schützen. Das kriegen Sie auch nicht durch 25 Stellen mehr hin. Deswegen lehnen wir das ab.
Der Nachtrag ist überflüssig. Herr Lohn hat es schon gesagt. Er wäre nicht notwendig gewesen. Die Verschiebungen innerhalb der Polizeidienststellen sind ohnehin schon erfolgt. Es geht hier um Nachbesetzungsszenarien. Diese halten wir für nicht ausreichend. Die Sicherheitslage hat sich also nicht verändert.
Weitere Punkte sind die Prävention und die resozialisierenden Eingriffe im Rahmen der Deradikalisierung. Dazu haben die regierungstragenden Fraktionen einen Antrag gestellt, über den wir gestern hier beraten haben. Da ist aber nichts unterlegt. Sie hätten doch die Chance gehabt, in diesem Nachtragshaushalt die von Ihnen angekündigten Möglichkeiten, die Sie im Rahmen der Deradikalisierung vielleicht einmal in Betracht ziehen wollen, schon einmal mit einem Haushaltstitel zu unterlegen. Dann würden Sie hier wirklich einmal nicht nur Worte platzieren, sondern auch gleich die Taten folgen lassen; denn beides gehört zusammen.
Stattdessen lesen wir in der Begründung zum Nachtragshaushalt, dass der Verfassungsschutz die Deradikalisierung in die Hand nehmen soll. Es tut mir furchtbar leid; das passt aber nicht.
Wenn Sie sagen, das sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, halten wir das für sehr fragwürdig. Dazu wurde hier schon etwas gesagt. Wir halten es aber zumindest für notwendig, es als zivilgesellschaftliche Aufgabe zu bezeichnen. Dazu dient zum Beispiel unser Änderungsantrag bezüglich des Haushalts.
(Beifall von den PIRATEN)
Wie gesagt, werden wir den Nachtragshaushalt ablehnen. Beim Antrag der FDP werden wir uns enthalten. Da die CDU hinsichtlich ihres Antrags um eine Einzelabstimmung über die drei Punkte gebeten hat, werden wir uns dazu teilweise ablehnend, teilweise bejahend verhalten. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den PIRATEN)
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