Daniel Schwerd zur personellen Verstärkung der Sicherheitsbehörden

Freitag, 30. Januar 2015

 

TOP 3. Bürger wirksam schützen statt überwachen – Sicherheit braucht personalstarke Sicherheitsbehörden statt anlasslose Vorratsdatenspeicherung

Antrag der Fraktion der   FDP
Drucksache 16/7775
in Verbindung damit
direkte Abstimmung

Nordrhein-Westfalen fordert eine verfassungskonforme Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung
Antrag der Fraktion der CDU
Drucksache 16/7772

Mdl Daniel Schwerd/Foto A.KnipschildRedner: Daniel Schwerd
Abstimmungsempfehlung:
FDP-Antrag: Zustimmung
CDU-Antrag: Ablehnung
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Protokoll der Rede von Daniel Schwerd

Daniel Schwerd (PIRATEN): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Tribüne und am Stream! Lassen Sie mich bitte zu Beginn einige Dinge klarstellen.

Immer wenn wir von Vorratsdatenspeicherung sprechen, meinen wir die anlasslose, massenhafte Speicherung von Kommunikationsdaten, eine unbegründete Speicherung von persönlichen Informationen über Millionen von Menschen. Das steckt schon im Wortbestandteil „Vorrat“. Damit ist eine Speicherung im Voraus und auf Halde gemeint, die man später womöglich gar nicht mehr braucht. Ein datenschutzrechtlicher Albtraum! Übrigens: Daran ändert auch die Verwendung irgendwelcher euphemistischen Narrative wie „Mindestspeicherung“ nichts.

Dem gegenüber steht die anlassbezogene Datenspeicherung, nämlich wenn man in Verdachts- oder Ermittlungsfällen ganz gezielt Daten von bestimmten Verdächtigen sammelt. Das ist ein ganz anderes Vorgehen. Das wird selbstverständlich so angewendet. Aus gutem Grund gehört das zur üblichen Polizeiarbeit. Aus genauso gutem Grund wird jeder einzelne dieser Fälle von einem Richter geprüft. Hiergegen wendet sich absolut niemand.

Einen schönen Gruß an dieser Stelle an Herrn Stotko! Die Verwendung von Extrempositionen, die man dann dem Gegner unterstellt, ist der älteste und auch der dümmste rhetorische Trick, den man verwenden kann, um sich mit Argumenten nicht auseinandersetzen zu müssen.

(Beifall von den PIRATEN)

In dieser Debatte jedenfalls gehen diese beiden Arten von Datenspeicherung munter und wild durcheinander. Das eine wird mit dem anderen begründet. Die absichtsvolle Vermischung von diesen beiden Punkten sollten Sie den Rednern in dieser Debatte nicht durchgehen lassen. Verwerflich ist auch die Instrumentalisierung der Opfer der Anschläge von Paris, die wir erleben, um Vorratsdatenspeicherung zu rechtfertigen. Das ist schändlich, und wir weisen dieses Ansinnen zurück.

(Beifall von den PIRATEN)

Genauso schändlich übrigens ist die Instrumentalisierung von Kindesmissbrauchsopfern, Herr Golland.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Korrekt!)

Wie wir wissen, gibt es in Frankreich seit 2011 eine weitreichende, flächendeckende, massenhafte zwölfmonatige Vorratsdatenspeicherung. Ganz offensichtlich hat sie keinen Beitrag zur Verhinderung solcher Taten geleistet. Mehr noch: Die Täter waren zuvor polizeibekannt. Dazu braucht es keine Vorratsdatenspeicherung. Das funktioniert effektiver mit zielgerichteter polizeilicher Arbeit. Auch der norwegische Attentäter Anders Breivik war polizeibekannt und stand bereits unter Überwachung.

Die Vorratsdatenspeicherung hat mit beiden Fällen rein gar nichts zu tun. Womöglich wäre es sinnvoller gewesen, die polizeiliche Überwachung von bekannten Tätern zu intensivieren, anstatt die Ressourcen für massenhafte Vorratsdatenspeicherung zu verwenden

(Beifall von den GRÜNEN)

und sich in trügerischer Sicherheit zu wähnen. Der beste Datenschutz ist immer noch, so wenig Daten wie möglich zu sammeln. Datenschutz erhöht unser aller Sicherheit.

Bisherige Versuche auf bundesdeutscher oder europäischer Ebene, eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung einzuführen, sind an verfassungsrechtlichen Bedenken gescheitert. Die Richter rügen nämlich genau das, was eine Vorratsdatenspeicherung ausmacht: die massenhafte Überwachung und der fehlende Anlassbezug. Nach ihrer Einschätzung verstoßen gerade diese Punkte gegen unsere Grundrechte. Wie soll denn unter diesen Voraussetzungen überhaupt eine Vorratsdatenspeicherung verfassungsgemäß ausgestaltet werden?

Aber selbst wenn das gelingen würde: Ist es wirklich so, dass man jede technisch mögliche Maßnahme auch durchführen muss, ungeachtet ihrer schädlichen Nebenwirkungen für informationelle Selbstbestimmung, Pressefreiheit, Meinungs- und Versammlungsfreiheit, die Vertraulichkeit des Wortes zum Beispiel bei Anwälten, bei Geistlichen oder auch bei uns Parlamentariern, und so viele weitere Freiheitsrechte und das, wo sich der angebliche Nutzen überhaupt gar nicht belegen lässt?

Die Parlamentarische Versammlung des Europarates in Straßburg hat am Montag in einem 35-seitigen Bericht festgestellt: Bürger sollen nur überwacht werden, wenn ein Gerichtsbeschluss und ein begründeter Verdacht vorliegen. So ist das nämlich. Bundesjustizminister Heiko Maas lehnte die Vorratsdatenspeicherung ebenso ab. Ich kann ihn so zitieren: Eine solche Speicherung verstößt gegen die Grundrechte. So ist das also. Der Präsident des Bundesverbandes IT-Mittelstand sagte: Die Vorratsdatenspeicherung ist kein probates Mittel, um die IT-Sicherheit zu verbessern. Aha! So ist das nämlich.

Last but not least: Die EU-Kommission selbst hat mitgeteilt, keine eigenen Pläne zur Einführung einer Vorratsdatenspeicherung mehr zu verfolgen. So ist das nämlich.

Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.

Daniel Schwerd (PIRATEN): Ich bin sofort fertig.

Wir sind der Meinung: Sicherheit gibt es nur durch mehr Freiheit und nicht durch den Abbau von Freiheitsrechten. Die vergeblichen Versuche, eine Vorratsdatenspeicherung in Deutschland gegen die Grundrechte einzuführen, geben wir hier bitte endlich auf! Herzlichen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Noch ein paar Worte an Herrn Dr. Orth: Vielen herzlichen Dank für Ihre vielen Initiativen in diesem Bereich, gerade für die Bürgerrechte. Das schätzen wir sehr. Ich hoffe, dass sich die FDP-Fraktion dem auch in Zukunft weiter verpflichtet fühlt. Herzlichen Dank! Man sieht sich immer zweimal.

(Beifall von den PIRATEN und der FDP)

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