Mittwoch, 4. Juni 2014
Top 12. Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über Immobilien- und Standortgemeinschaften
Gesetzentwurf der Landesregierung
Drucksache 16/4232
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr
Drucksache 16/5976
Unser Redner: Oliver Bayer
Abstimmungsempfehlung: Enthaltung
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Protokoll der Rede von Oliver Bayer
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. Für die Piratenfraktion erteile ich Herrn Kollegen Bayer das Wort.
Oliver Bayer (PIRATEN): Vielen Dank. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauer vor allem am Stream heute! Eine gesetzliche Regelung zur Beteiligung von Immobilieneigentümern und Gewerbetreibenden an Quartiersentwicklungsmaßnahmen kann sinnvoll sein. Auch die Beteiligung weiterer Akteure bietet sich an, um die Basis von geplanten Maßnahmen möglichst breit zu machen. Ob wir nun eine solche gesetzliche Regelung Housing Improvement District oder Business Improvment District oder eben Immobilien- und Standortgemeinschaft nennen, ist uns nicht so wichtig.
Die unter schwarz-gelber Regentschaft eingebrachte Regelung verdient Respekt, weil damit der Versuch unternommen wurde, die Akteure vor Ort mit Rechten und Pflichten an lokalen Aufgaben und Entwicklungen zu beteiligen. Ob man für einen solchen Prozess wirklich ein Gesetz braucht, ist allerdings noch nicht ganz klar. Offensichtlich entscheiden sich die Akteure draußen im Land regelmäßig gegen eine buchstabengetreue Umsetzung des Gesetzes, treffen und verabreden sich auf formeller Grundlage. Frau Philipp hatte es eben bereits erwähnt. Die Zahl der auf der Basis dieses Gesetzes bestehenden ISGs ist doch sehr überschaubar. Nun diskutieren wir sogar ein Änderungsgesetz, obwohl es praktisch nur keine oder nur sehr eingeschränkte Erfahrungen mit dem Gesetz selber gibt. Gut, das schadet auch nicht!
Wir wissen aber mangels empirischer Grundlage allerdings nicht, ob das Gesetz an der Praxis vielleicht vorbeigeht. CDU und FDP bemängeln offiziell vor allem, dass das Verhinderungsquorum auf Antrag der Regierungsfraktionen im Änderungsantrag von einem Viertel auf ein Drittel heraufgesetzt worden ist. Ja, auch wir befürchteten an der Stelle demokratische Defizite. Doch das eindeutige Ergebnis aus der Anhörung war: An den Initiativen vor Ort beteiligen sich so oder so nur wenige Akteure. Die Aktiven sind die, die unterstützt werden müssen. Offenbar stoßen Gesetz und Änderungsgesetz bei den Akteuren und Verbänden ganz überwiegend auf Zustimmung. Alleine „Haus & Grund“ lehnt beides ab.
Wir lehnen es nicht ab, machen aber vorsorglich darauf aufmerksam, dass die Kosten einer ISG nicht auf die Mieter umgelegt werden dürfen und das Gesetz an der Stelle einer weiteren Konkretisierung bedarf. Dieser Hinweis wurde in der dazu durchgeführten Anhörung gegeben, verhallte allerdings offensichtlich ungehört. Die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen steht einer Ausweitung auch das eine Erkenntnis aus der Anhörung zwar grundsätzlich positiv gegenüber, bezweifelt aber die Sinnhaftigkeit von wohnungsbezogenen ISGs. Das heißt letztlich, dass eine Ausweitung nur auf den ISGs im Gewerbegebiet und in touristischen Bereichen befürwortet wird. Gerade in Bezug auf die ganzheitliche Entwicklung von Wohnquartieren sieht sie einerseits zwar den Sinn einer ISG, weist aber vor allem auf deren Grenzen hin, und zwar insbesondere hinsichtlich der Initiierung privaten Engagements.
Das heißt für uns: Frau Schneckenburger, in Problemquartieren und schwierigen Quartieren hilft Reden nicht, sondern es muss auch noch mit öffentlicher Unterstützung Geld in die Hand genommen werden. Dafür braucht es ein solches Instrument eher nicht, sondern hinreichend ausgestattete und verfügbare Budgets. Vor allem das, Frau Philipp und Frau Schneckenburger. Unterm Strich bleibt: Eigentlich brauchen wir das Gesetz nicht. Wesentliche Aspekte bleiben unberücksichtigt. Quartiersentwicklung auf private Akteure zu konzentrieren und dabei die Menschen vor Ort im Grunde genommen nicht zu beteiligen, kann nicht als gelungenes Projekt beteiligungsorientierter Politik bezeichnet werden. Das Gesetz hat wohl auch gar nicht den Anspruch, alle Probleme in den Städten und Quartieren zu lösen. Einigen Änderungen wie zum Beispiel der Ausweitung der Gebietskulisse beim Änderungsgesetz sind sogar zu befürworten. Letztlich aber interessiert beides die Praxis draußen zunächst wenig.
Ich empfehle an dieser Stelle Enthaltung. Vielen Dank!
(Beifall von den PIRATEN)
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Bayer. Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Groschek das Wort.
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