Mittwoch, 4. Juni 2014
Top 3. Gesetz zur Änderung des Kinderbildungsgesetzes und weiterer Gesetze
Gesetzentwurf der Landesregierung
Drucksache 16/5293
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Kinder und Jugend
Drucksache 16/5973
in Verbindung damit
Ohne Fahrplan und ohne Ziel: Die Weiterentwicklung des KiBiz darf nicht verschleppt werden!
Antrag der Fraktion der CDU
Drucksache 16/4577
Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Familie, Kinder und Jugend
Drucksache 16/5974
Unser Redner: Olaf Wegner
Abstimmungsempfehlung: Ablehnung
Audiomitschnitt der 1. Rede von Olaf Wegner anhören
Audiomitschnitt der 1. Rede von Olaf Wegner als Download
Audiomitschnitt der 2. Rede von Olaf Wegner anhören
Audiomitschnitt der 2. Rede von Olaf Wegner als Download
Protokoll der Rede von Olaf Wegner
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Hafke. Für die Piratenfraktion erteile ich Herrn Kollegen Wegner das Wort.
(Zuruf von Andrea Asch [GRÜNE])
Olaf Wegner (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Menschen im Stream und auf der Tribüne! Kurz vorweg, Frau Asch, auf die Kinderrechte werde ich gleich in meiner zweiten Rede eingehen. Deswegen werden sie im ersten Teil nicht vorkommen. Die zweite Revision des Kinderbildungsgesetzes ist ein Versprechen an die Eltern und Kinder in Nordrhein-Westfalen ein Versprechen, das die frühkindliche Bildung in den Kitas besser werden wird, ein Versprechen, das die Kitas vor Ort nicht werden einhalten können. Das ist jedem Menschen klar, der ein wenig rechnen kann und die finanzielle Situation der Kitas vor Ort kennt, weil Ihnen das dazu nötige Geld fehlen wird.
Liebe Landesregierung, Sie können die Bildungsgrundsätze und Bestimmungen so viel verbessern, wie Sie wollen das haben Sie ohne Zweifel getan , aber solange Sie die allgemeine Finanzierung, also die Kindpauschalen, nicht angemessen erhöhen, werden diese Verbesserungen bei den meisten Kindern nicht ankommen. Denn die Kitas sind schon heute zumindest an den Grenzen ihrer personellen Möglichkeiten angekommen. Die individuelleren Lernprozesse und die Dokumentation all dessen wird die Erzieherinnen und Erzieher vor Ort Zeit kosten, Zeit, die Sie schon heute nicht ausreichend haben.
Mit Erlaubnis des Präsidenten möchte Herrn Prof. Dr. Rainer Strätz von der Fachhochschule Köln von der Fakultät für Sozialwissenschaften, zitieren, der in der Anhörung zu den Bestimmungen des Bildungsbegriffes Folgendes gesagt hat:
„Ich frage mich bei manchen Bestimmungen nur: Was heißt das denn in Euro? Wenn formuliert wird, dass Lernprozesse sehr individualisiert stattfinden müssen und Bildungsarbeit dementsprechend auch individualisiert stattfinden muss, dann bedeutet das, dass sich die Aufgabe der Erzieherinnen grundlegend verändert: weg von einer nur als Gruppenpädagogik oder Kleingruppenpädagogik aufgefassten Vorgehensweise hin zu einer sehr individualisierten Planung, Durchführung und Reflexion der pädagogischen Arbeit. Es gab in Baden-Württemberg einen Modellversuch unter dem Stichwort ‚Individuelles Curriculum‘, in dem das erprobt worden ist. Das Ergebnis war, dass die heutigen Rahmenbedingungen bei Weitem nicht ausreichen, um dem Anspruch gerecht zu werden.“
Es bleibt festzuhalten, aufgrund der nicht ausreichenden jährlichen Anpassung der Kindpauschale sinken die finanziellen Möglichkeiten der Kitas von Jahr zu Jahr. Aufgrund dieser sinkenden finanziellen Möglichkeiten sind viele Kitas schon heute am Rande ihrer personellen Möglichkeiten angelangt oder haben diesen Rand bereits überschritten. Die neuen Bildungsgrundsätze und Bestimmungen benötigen Zeit Zeit der Erzieherinnen und Erzieher vor Ort, Zeit, von der sie schon heute zu wenig haben.
Das kann nicht funktionieren, liebe Landesregierung, das widerspricht allem logischen Denken. Liebe Landesregierung, solange Sie die jährliche Anpassung der Kindpauschale nicht angemessen erhöhen wir Piraten forderten in unserem Änderungsantrag im Ausschuss eine Erhöhung um 3 % , wird die Qualität in den Kitas zwangsläufig immer weiter abnehmen müssen, egal wie gut Ihre Bildungsbildungsätze und Bestimmungen auch immer sein mögen. Mit der zweiten Revision des Kinderbildungsgesetzes machen Sie auf der einen Seite im Bildungsteil ein Versprechen, das Sie auf der anderen Seite, im Finanzierungsteil, selber nicht einhalten. Wir Piraten sagen: Keine Bildung ist viel zu teuer.
(Beifall von den PIRATEN)
Das bedeutet, dass in Bildung investiert werden muss. Bildung kostet nun einmal Geld, und je höhere Qualitätsansprüche man an die Bildung stellt, umso mehr Geld muss man investieren. Es ist aber immer gut investiertes Geld gut investiert in die Zukunft der Menschen, die in den letzten Jahren geboren wurden, die ihr Leben noch vor sich haben und die Zukunft gestalten müssen.
Diese Menschen, ihr Leben und ihre Zukunft sollte es Ihnen und uns allen im wahrsten Sinne des Wortes wert sein, mehr zu investieren; denn nicht nur keine, sondern auch billige Bildung ist viel zu teuer.
Vielen Dank.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege. Für die Landesregierung erteile ich Frau Ministerin Schäfer das Wort
Zweiter Redebeitrag
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank. Für die Piratenfraktion erteile ich Herrn Kollegen Wegner das Wort.
Olaf Wegner (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Menschen im Stream und auf der Tribüne! Im Entwurf des Zweiten KiBiz-Änderungsgesetzes sind ohne Zweifel viele Bildungsgrundsätze und Bestimmungen verbessert worden. Dennoch bleibt festzuhalten, dass neben dem Grundproblem der Unterfinanzierung eine weitere und entscheidende Grundlage in dem Gesetzentwurf zur Änderung des Kinderbildungsgesetzes fehlt, und zwar der wirkliche Wille zur konkreten Umsetzung und Anwendung der Kinderrechte.
Auch die kurze, indirekte, ja fast schon lapidare Erwähnung der Kinderrechte in Ihrem Änderungsantrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und den Grünen, ist bei Weitem nicht ausreichend. Damit wären die Kinderrechte wieder einmal nur eine Randnotiz, die kein Kind wahrnimmt. Aber vielleicht ist Ihnen ja auch nur eines nicht klar: Kinderrechte sind keine Randnotiz. Wir Piraten setzen uns dafür ein, dass die Kinderrechte in der Lebenswirklichkeit eines jeden Kindes ankommen, und zwar real ankommen. Dafür müssen diese Rechte den Kindern im Alltag vermittelt und vor allem gelebt werden. Wir wollen, dass die Kinderrechte im Kinderbildungsgesetz nicht nur als indirekter Verweis aufgenommen werden nein, wir wollen, dass die Kinderrechte zum Bildungsinhalt werden und zur alltäglichen, für die Kinder erfahrbaren Anwendung kommen.
(Beifall von den PIRATEN)
Die Kinderrechte werden heute immer noch so traurig es ist zu wenig beachtet, gelebt und umgesetzt. Dabei sind sie doch der Kern einer bildungs- und demokratieorientierten pädagogischen Arbeit. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir Piraten setzen uns dafür ein, dass jedes Kind seine Rechte täglich lebt und es täglich erfährt, dass sie beachtet werden. Davon kann unsere Gesellschaft nur profitieren. Denn wer seine Rechte kennen- und leben lernt, der lernt ebenfalls, die Rechte anderer zu achten.
(Michele Marsching [PIRATEN]: Hört, hört!)
Doch dafür, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen die Kinder ihre Rechte überhaupt erst einmal kennen- und leben lernen. Wir fordern in unserem Änderungsantrag, dass die Kinderrechte grundlegend und genau in die Konzeptionen und Leitbilder der Kitas einzubinden sind. Die UN-Kinderrechtskonvention sollte die maßgebende Grundlage in den Kitas und der Kindertagespflege sein. Partizipation ist nicht nur der beste Kinderschutz; mit dem täglichen Umgang der gelebten Kinderrechte würde auch ein weiterer wichtiger Beitrag zur praktischen Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention geleistet werden.
(Beifall von den PIRATEN)
Kinderrechte stärken unsere Kinder. Starke Kinder stärken unsere Demokratie. In diesem Sinne bitte ich Sie, für unseren Änderungsantrag zu stimmen: damit die Kinderrechte nicht nur erwähnt, sondern wirklich gelebt werden.
Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Wegner. Jetzt meldet sich die Landesregierung noch ein weiteres Mal und erhält in Person von Frau Ministerin Schäfer das Wort.
Schreibe einen Kommentar