Dirk Schatz zur Änderung des Polizeigesetzes NRW

Donnerstag, 20.02.2014

 

Top 8. Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (Meldeauflagen als polizeiliche Standardmaßnahmen)

 

Gesetzentwurf der Fraktion der CDU

Drucksache 16/5038

Unser Redner: Dirk Schatz

Abstimmungsempfehlung:  Zustimmung zur Ausschussüberweisung

Audiomitschnitt der Rede von Dirk Schatz anhören

Audiomitschnitt der Rede von  Dirk Schatz als Downlaod

Protokoll der Rede Dirk von Schatz

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege. Für die Piraten spricht Herr Kollege Schatz.

Dirk Schatz(PIRATEN): Vielen Dank.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren Zuschauer! Die CDU möchte die Meldeauflagen als sogenannte Standardmaßnahme ins Polizeigesetz schreiben. Diesem Vorhaben muss man nicht zwingend negativ gegenüberstehen. Wenn ich den Entwurf anschaue, bezweifle ich jedoch, dass die CDU dieselbe Intention verfolgt wie wir Natürlich ist auch mir das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahre 2007 bekannt, das besagt, dass Meldeauflagen keiner speziellen gesetzlichen Regelung bedürfen. Herr Kruse, die Rechtsgrundlage existiert und ist auch durch Gerichte abgesegnet. Allerdings handelt es sich um eines der Urteile, denen ich persönlich inhaltlich nicht zustimme und bei denen es uns als Gesetzgeber trotz dem offensteht, anders zu handeln. Denn das Urteil verbietet uns nicht, dennoch eine gesetzliche Regelung zu erlassen. Das ist unter gewissen Umständen vielleicht auch sinnvoll nicht jedoch die Intention, die die CDU da verfolgt. Unabhängig davon, wie man zur Maßnahme der Meldeauflage grundsätzlich steht, ist es leider Fakt, dass sie regelmäßig angewendet und vor Gericht grundsätzlich als rechtmäßig anerkannt wird. Das Problem ist aber: Es ist schwierig, an Zahlen zu kommen, um uns als Gesetzgeber einen Überblick über die Lage und die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen verschaffen zu können. Herr Biesenbach er ist nicht anwesend hat eine Kleine Anfrage gestellt, um überhaupt mal an Zahlen zu kommen. Die haben wir nicht. Im Grunde haben wir zurzeit nur die Aussagen der Sicherheitsbehörden, nach denen diese Maßnahme sinnvoll sei. Aber die sagen ja auch, dass die Vorratsdatenspeicherung sinnvoll sei, obwohl jede Menge Zahlen vorliegen, die genau das Gegenteil beweisen, und auch die Fachwelt außerhalb der Sicherheitsbehörden im Grunde derselben Ansicht ist. Von daher sollte einem gewissenhaften Gesetzgeber eine einseitige Meinung niemals ausreichen, um Entscheidungen zu treffen.

Ich möchte mich jetzt aber gar nicht aus dem Fenster lehnen und die Sinnhaftigkeit pauschal abstreiten. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass Meldeauflagen in gewissen Fällen hier und da durchaus hilfreich sein können. Wie dem auch sei Fakt ist: Die Maßnahme wird regelmäßig angewendet. Meldeauflagen sind inzwischen faktisch eine Standardmaßnahme; dann können sie auch förmlich zu einer werden. Auch inhaltlich macht das dem Grunde nach Sinn. Ich nehme als Beispiel den Platzverweis, geregelt in § 34 PolG. Niemand würde heute mehr bestreiten, dass der Platzverweis keiner spezialgesetzlichen Regelung bedarf. So ist es ja auch. Ich kenne momentan kein Polizeigesetz, das den Platzverweis nicht als Standardmaßnahme regelt. Der Platzverweis soll Personen davon abhalten, zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort zu sein. Die Meldeauflage ist im Prinzip nichts anderes als ein umgekehrter Platzverweis. Sie soll Personen dazu zwingen, sich zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort aufzuhalten. Von der Eingriffsintensität ist das meiner Meinung nach sogar noch höher einzustufen als der Platzverweis. Während ich beim Platzverweis einen bestimmten, in der Regel kleinen Bereich nicht mehr aufsuchen darf, kann ich aber wenigstens ansonsten überall hingehen.

Meldeauflagen hingegen zwingen mich dazu, mich zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort einzufinden in der Regel die örtliche Polizeiwache, sodass ich faktisch nirgendwo anders hingehen kann. Selbst außerhalb der Meldezeiten bin ich für den Meldezeitraum also für den Bestandszeitraum des Bescheides gezwungen, mich in einem Bereich aufzuhalten, der es mir zumindest grundsätzlich ermöglicht, pünktlich wieder auf der Wache zu sein. Von der Eingriffsintensität ist das meiner Meinung nach wesentlich höher zu bewerten als der Platzverweis. Von daher verstehe ich das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes ehrlich gesagt nicht.

Aber jetzt komme ich zum Teil, der der CDU-Fraktion vermutlich nicht so gefallen dürfte zusätzlich zum eben Ausgeführten hat die Kodifizierung als Standardmaßnahme insbe sondere auch den Zweck, solche Maßnahmen aus dem Bereich der Generalklausel herauszunehmen und der Verwaltung somit einen klar definierten Handlungsrahmen zu geben. Das macht Ihr Entwurf aber gerade nicht. Bis auf diesen kleinen Zusatz, der einen Richtervorbehalt nach einem Monat vorsieht, gibt Ihr Entwurf im Grunde nur den Status quo wieder und geht eigentlich sogar noch darüber hinaus.

Deshalb glaube ich, dass Sie im Grunde eine andere Intention verfolgen. Ihnen geht es im Prinzip nur darum, Ihr repressives Image zu pflegen. Es gibt in Ihrem Entwurf keinen zusätzlichen, einschränkenden Handlungsrahmen. Genau den aber vermissen wir, und wir würden ihn auch verlangen. Was sind zum Beispiel die Voraussetzungen, die in die Wahrscheinlichkeitsprognose, ob tatsächlich eine konkrete Gefahr vorliegt, einbezogen werden dürfen? Reicht ein einfacher Eintrag in der Datei „Gewalttäter Sport“ aus? Es gibt inzwischen viele nachweisliche Fälle, dass hier Personen eingetragen wurden, die dort eigentlich nichts zu suchen haben. Reicht ein Strafverfahren aus, das nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurde, bei dem also noch nicht einmal genügend Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage bestand? Oder sollte im Vorfeld nicht zumindest eine konkrete Sanktion gegen den Betroffenen verhängt worden sein, zum Beispiel eine rechtskräftige Verurteilung oder Sanktionen wie Strafbefehle oder ähnliches? Auch stellt sich mir die Frage: Wie lange muss sich eine Person ihr vergangenes Verhalten überhaupt vorwerfen lassen? Darf eine Behörde eine Meldeauflage mit Ereignissen begründen, die ich überspitze es mal ein bisschen zuletzt vor fünf Jahren stattgefunden haben?

Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit!

Dirk Schatz (PIRATEN): Oder muss der Zeitraum enger gefasst werden? Das alles sind Fragen, zu denen wir uns als Gesetzgeber äußern könnten und äußern sollten, die Ihr Entwurf aber nicht vorsieht. Von daher freue ich mich auf die Diskussion im Ausschuss. Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Schatz. Für die Landesregierung spricht Herr Minister Jäger.

Getagged mit:
Veröffentlicht unter Dirk Schatz, Innenausschuss (A09), Reden

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

*

*