Mittwoch, 15. Mai 2013
TOP 5. Dienstleistungen im Rahmen der interkommunalen Zusammenarbeit müssen umsatzsteuerfrei bleiben
Audiomitschnitt der Rede von Dietmar Schulz
Videomitschnitt der Rede von Dietmar Schulz
Das vollständige Plenarprotokoll
Das Wortprotokoll zur Rede von Dietmar Schulz:
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich mit einem Zitat von Herrn EU-Kommissar Oettinger beginnen: „We are all sitting in one boat.“ Genau das ist der Punkt.
Alle, die wir hier im Hohen Hause versammelt sind, haben selbstverständlich auch das Wohl der Kommunen im Sinn. Um die Kommunen geht es letztendlich. Es geht um Kommunen, die in einem hohen Maße belastet würden. Das wurde schon ausgeführt. Herr Kollege Abruszat hat gesagt, dass eine Menge Geld entzogen würde. In der Tat würde denjenigen Kommunen, die auch im Stärkungspakt sind, denjenigen Kommunen, denen das Wasser ohnehin schon bis zum Hals steht, eine Menge Geld entzogen.
Das Bestreben und Bemühen aller hier im Hause versammelten Parteien geht in die Richtung, zu fordern: Die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs aus dem Jahre 2011 sollte nach Möglichkeit dazu führen, dass umsatzsteuerrechtliche Änderungen auf Bundesebene in der Weise eingeführt werden, dass eine Belastung der Kommunen am Ende bestmöglich vermieden wird. Mit anderen Worten: Wir sitzen hier nicht zuletzt deshalb zusammen, um deutlich zu machen, dass wir das, was der Bundesfinanzhof, das höchste Gericht in Fiskalfragen, gesagt hat, für falsch bzw. nicht für zielführend halten.
Wir könnten natürlich – das war auch in der Debatte im Juli vergangenen Jahres Gegenstand der Erörterung – darauf warten, dass eventuell bezüglich einzelner Geschäfte irgendwann der Europäische Gerichtshof in Bezug auf Wettbewerbsfragen entscheidet; denn ursprünglich ging es um die Frage, ob jedenfalls dann, wenn Kommunen gegenüber privatrechtlich agierenden Unternehmen in Wettbewerb treten, eine Umsatzbesteuerung notwendig und richtig ist. Teilweise ist das sogar schon der Fall. Teilweise hat der Bundesfinanzhof entsprechend entschieden. Teilweise haben auch schon die Untergerichte so entschieden. Genau darum geht es auch.
Über die Forderung im Antrag der CDU und der FDP, die Kommunen grundsätzlich von der Umsatzsteuerpflicht auszunehmen, sind sich alle einig. Letztendlich geht es natürlich noch um den Weg dorthin. Es geht auch um die Systematik, wie man gegebenenfalls auf der Bundesebene die Angelegenheiten des Umsatzsteuerrechts angeht.
Wir von der Piratenfraktion können uns eher der Überlegung anschließen, dass wir vom Grundsatz her tatsächlich die Ausnahmen – auch das war Gegenstand der Debatte im vergangenen Jahr – evaluieren müssen. Das heißt, dass wir auch im Interesse des Mittelstands und der Unternehmerschaft in einzelnen Gemeinden und auch gemeindeübergreifend feststellen müssen, wo Wettbewerb stattfindet. Dazu waren wir letztes Jahr alle bereit. In der Zwischenzeit hat das trotz der gutachtlichen Ausführung von Prof. Englisch nicht stattgefunden – jedenfalls nicht in dem Maße, dass wir heute sagen könnten, welche Tatbestände interkommunalen Handelns und Wirkens umsatzsteuerbelastet sein müssten, wenn denn eine Gemeinde oder mehrere Gemeinden zu örtlichen Unternehmen in Wettbewerb treten. Das sollten wir doch tatsächlich tun.
Wenn wir allerdings von der Systematik her den § 2 des Umsatzsteuergesetzes nehmen, der im Wesentlichen Unternehmen und Unternehmer betrifft, und dann öffentlich-rechtliche Körperschaften in Abs. 3 betrachten, müssten wir die Kommunen mit öffentlich-rechtlichen Körperschaften oder öffentlich-rechtlich agierenden Unternehmen gleichsetzen.
Ich halte das für systematisch falsch und bin dementsprechend auch nicht dafür, die Landesregierung, wie es im Entschließungsantrag von SPD und Grünen heißt, aufzufordern, auf eine Änderung von § 2 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes hinzuwirken.
Vielmehr halte ich es für wichtig und richtig, im Interesse der Gesamtgesellschaft festzustellen, zu welchen am Markt und in der Wirtschaft tätigen privaten Unternehmen Kommunen in Wettbewerb treten, um dann sagen zu können, welche Geschäfte von der Umsatzbesteuerung ausgenommen sind und welche nicht. Es gibt sicherlich Geschäfte, bei denen Gemeinden oder einzelne Kommunen nicht den Vorteil haben dürfen, in Wettbewerb treten zu können, ohne die Last der Umsatzsteuer tragen zu müssen.
Daher bedeutet die im Antrag von CDU und FDP formulierte Forderung, dass vom Grundsatz her die Kommunen auszunehmen sind, nichts anderes, als dass man dann diese Ausnahmen regelt, die es tatsächlich gibt. Wenn es nicht so viele sind, können wir sie in § 4 des Umsatzsteuergesetzes einfügen. Diesen Weg sollten wir in der Tat gehen. Dementsprechend sind wir der Auffassung, dass wir dem Antrag von CDU und FDP zustimmen können.
Vor dem Hintergrund der Ziffer 2 des Entschließungsantrags von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, der im Übrigen im letzten Jahr in Form des Antrags der Fraktionen von SPD und Grünen in Drucksache 16/122 ganz anders aussah …
Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.
Dietmar Schulz (PIRATEN): … können wir uns an dieser Stelle nicht enthalten, sondern müssen die Zustimmung verweigern.
Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit!
Dietmar Schulz (PIRATEN): Ich komme zum Abschluss, Frau Präsidentin.
Leider ist es so, dass wir aufgrund der Finanzministerkonferenz am 24. Mai heute eine direkte Entscheidung brauchen. Ich hätte die Sache gerne im Haushalts- und Finanzausschuss und/oder auch im Kommunalausschuss wie auch – Achtung, Herr Minister Jäger – im Innenausschuss gesehen. – Danke.
(Beifall von den PIRATEN)
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