Anlasslose Vorratsdatenspeicherung verstößt gegen Charta der Grundrechte der Europäischen Union – Jetzt Moratorium für Umsetzung in Deutschland einrichten

I. Sachverhalt

Mit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 21. Dezember 2016[1], wonach eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung nicht mit europäischem Recht vereinbar ist, sind die Gesetze zu Vorratsdatenspeicherungen in Großbritannien und Schweden direkt gekippt worden. Das Unionsrecht untersagt eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten. Auch in Deutschland gibt es eine ähnliche Vorratsdatenspeicherung, die allgemein und unterschiedslos alle Telekommunikationsteilnehmer überwachen soll.

Das Gericht führt aus, eine  solche  nationale  Regelung  überschreite die  Grenzen  des absolut Notwendigen  und  kann  nicht  als  in  einer  demokratischen Gesellschaft   gerechtfertigt   angesehen   werden,   wie   es   die Richtlinie im   Licht der Grundrechtecharta verlangt.

Die Pressemitteilung[2] des EuGH formuliert es deutlich: „Die Mitgliedstaaten dürfen den Betreibern elektronischer Kommunikationsdienste keine allgemeine Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung auferlegen.“

Zurzeit stehen zahlreiche nordrhein-westfälische Unternehmen, aber auch gemeinnützige Organisationen wie einzelne Freifunk-Vereine vor der sehr kostenintensiven Aufgabe, die deutsche Vorratsdatenspeicherung umzusetzen. Für die ehrenamtlich organisierten Freifunk-Initiativen ist die deutsche Vorratsdatenspeicherung existenzbedrohend. Es ist zu erwarten, dass die auch das Bundesverfassungsgericht nach dem Urteil des EuGH zu einem vergleichbaren Urteil kommt und die deutsche Regelung zur Vorratsdatenspeicherung für grundrechtswidrig erklärt. Die Unternehmen hätten dann völlig unnötig die hohen Kosten der Umsetzung getragen.

Es ist daher von besonderer Bedeutung, sehr zeitnah die Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung zu stoppen und so den drohenden Schaden abzuwehren. Der unverhältnismäßige und unvergleichbar große Grundrechtseingriff in die Privatsphäre von Millionen von Menschen muss vor dem Hintergrund dieses Urteils abgewehrt werden. Zudem wären die Schäden für nordrhein-westfälische Unternehmen substanziell, wenn sie die Kosten für die Umsetzung tragen und anschließend die Regelung gekippt wird.

Auch die Langzeitfolgen für die sehr aktive Freifunk-Community in NRW sind bislang nicht abschätzbar, wenn an der bestehenden Regelung festgehalten wird.

Es ist im Interesse Nordrhein-Westfalens unverhältnismäßige Grundrechtseingriffe gegen seine Bürgerinnen und Bürger zu verhindern und Unternehmen und zivilgesellschaftliche Akteure vor europarechtswidriger Regulierung zu schützen.

II. Der Landtag stellt fest

  1. Eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung verstößt gegen die Grundrechtecharta der Europäischen Union.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf

  1. sich auf allen Ebenen für die Abschaffung der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung einzusetzen.
  2. die Bundesregierung aufzufordern, ein Umsetzungs-Moratorium für die Vorratsdatenspeicherung anzuordnen, um Unternehmen und Freifunk-Initiativen nicht unnötig zu Schaden kommen zu lassen
  3. sich im Bundesrat für eine Initiative zur Abschaffung der durch das „Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten“ eingeführten anlasslosen Vorratsdatenspeicherung einzusetzen

 

[1]Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-203/15,Tele2 Sverige AB/Post-och telestyrelsen, und C-698/15,Secretary of State for the Home Department/Tom Watson u. a

[2]Pressemitteilung des EuGH http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2016-12/cp160145de.pdf

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