Mittwoch, 29. April 2015
6. Gesetz zur Stärkung des Regionalverbands Ruhr
Gesetzentwurf der Landesregierung
Drucksache 16/6866
Unsere Rednerin: Simone Brand
Abstimmungsempfehlung: Ablehnung
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Protokoll der Rede von Simone Brand
Simone Brand (PIRATEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauer! Ich möchte gleich zu Beginn sagen, dass wir uns als Piraten die Sache mit dem RVR nicht einfach machen. Wir sind wirklich hin- und hergerissen. Das werden Sie an den Argumenten erkennen, die für uns ausschlaggebend waren. Letztlich lehnen wir im Ergebnis nach einer sorgfältigen Abwägung das Gesetz ab. Warum ist das so? Auf der einen Seite gibt es gute Ansätze, die wir auch immer wieder im Land vertreten haben und weiter vertreten werden.
Da ist in erster Linie die Direktwahl. Die angestrebte Stärkung demokratischer Prinzipien ist für uns kein Argument gegen, sondern unbedingt ein Argument für das Anliegen der Akteure in der Region. Insofern begrüßen wir vor allem die Aufwertung der Verbandsversammlung über die Direktwahl der Mitglieder.
Ebenso würden wir im Übrigen auch die Direktwahl der Regionalräte beziehungsweise der Landschaftsverbände begrüßen. Aber dies wird sicher nach Verabschiedung dieses Gesetzes noch in Angriff genommen werden. Ansonsten gäbe es tatsächlich die Teilung des Landes, die immer wieder als Hauptargument gegen das RVRG ins Feld geführt wird.
Der so durch das Gesetz betriebenen weiteren Verschiebung der demokratischen Architektur hin zu den Regionen stehen wir positiv gegenüber. Es ist aber auch wichtig, dass die Aufwertung des RVR mit einer Verstärkung der Beteiligungsmöglichkeiten und Beteiligungsrechte der Menschen in der Region einhergehen muss. Dies ist aber nicht der Fall. Weiter stehen wir der Einrichtung einer weiteren bloß repräsentativen Institution kritisch gegenüber, da wir mit ihr nicht die wachsende Distanz zwischen den Menschen und den politischen Akteuren überwinden werden. Damit wird letztlich der Direktwahl wieder das ganz große Stück von ihrem Glanz genommen.
In diesem Zusammenhang sind weitere nicht sinnvolle Neuerungen im Gesetz zu nennen, die letztlich die Waage ins Negative schwenken lassen: die Einrichtung eines Europabüros, des Kommunalrats und die Verlängerung der Amtszeit der Direktorin des RVR. Das alles führt zu Verfestigungen und nicht zur demokratischen Lockerung, die gerade in diesen Zeiten wichtig wäre. Kommen wir erstens zur Direktorin. Zum einen kann damit auch eine Verfestigung von Schwierigkeiten in Bezug auf die Arbeit mit der Verbandsversammlung und ihrer jeweiligen Mehrheit einhergehen, da die Direktorin eben nicht immer nur ein verwaltungsrechtlich verlängerter Arm der Versammlung ist.
Zum anderen muss die Unterschiedlichkeit mit den anderen kommunalen Vertretungen benannt werden, die in den meisten Fällen eben keine Laufzeit von acht, sondern in der Regel nur von fünf Jahren vorsehen. Der Vergleich mit den anderen Kommunalverbänden ist deshalb nicht einschlägig, weil auch dort eine Unterschiedlichkeit der Zeiträume zu einer nicht konsistenten Arbeit führen kann.
Zweitens nenne ich das Europabüro. Zwar wird im Begründungstext aufgeführt, eine Erweiterung über den Kompetenzbereich der Verbandsmitglieder hinaus werde nicht begründet. Falls es aber zur Einrichtung eines Büros unter anderem in Brüssel, Straßburg oder Luxemburg käme, müsste man sich fragen, ob dies nicht über den Bereich der kommunalen Aufgaben hinausginge und ob nicht eine Landesvertretung für Nordrhein-Westfalen zur Deckung der europäischen Herausforderungen ausreichend sein dürfte. Letztlich sieht es eher wieder nach Verwaltungsaufbau in Bereichen aus, die es nicht nur schon gibt, sondern die es auch schon mehrfach gibt.
Als drittes und letztlich schwerstes Argument gegen diese Art des RVRG ist der Kommunalrat anzuführen. Die Einrichtung eines Kommunalrats wird unsererseits abgelehnt. Dieser soll aus den Hauptverwaltungsbeamten der Mitgliedskörperschaften als ergänzendes Gremium mit beratender Funktion bestehen. Wir erkennen die tatsächliche Motivation zur Schaffung eines solchen Gremiums, der sich nicht nur auf die Kompetenz der HVBs beschränken lassen kann. Die angesprochenen Personen waren im bisherigen System ein Fremdkörper, und sie werden es auch im neuen sein, jedoch ohne direkte Einflussmöglichkeit.
Es lassen sich hierbei positive wie negative Effekte feststellen, wobei meines Erachtens die Gefahren überwiegen. Einerseits enden unerwünschte Formen direkter Einflussnahme, weil durch einen Kommunalrat die direkte Verantwortlichkeit des Gewählten in seiner Eigenschaft als Verbandsversammlung kraft Direktwahl durch den Bürger gewährleistet werden kann. Dies war mit der Stellung als gewählter Oberbürgermeister oder Landrat nicht möglich, denn derjenige war zwar als Stadtoberhaupt, aber eben nicht als Vertreter im RVR gewählt worden.
Auf der anderen Seite könnte dies zu einer Einführung eines Zwei-Kammer-Systems durch die Hintertür führen. Dies wäre dann der Fall, wenn dem angedachten Beratergremium durch Gesetz oder aber auch durch Verbandsordnung im Sinne des § 14a Abs. 2 Satz 2 RVRG eine Vorrangschaltung in Bezug auf den Ablauf von institutionalisierten Vorgängen im RVR zukommen sollte. Diesem Beratergremium könnte man im Nachhinein das Recht einräumen, zu entscheiden, was überhaupt im RVR zu entscheiden ist.
Präsidentin Carina Gödecke: Bitte beachten Sie die Redezeit!
Simone Brand (PIRATEN): Letzter Satz: Es wäre eine Art Vorrangprüfung durch ein nicht unmittelbar dazu gewähltes Gremium; letztlich wäre der heutige Zustand nicht wiederhergestellt, sondern noch überboten. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von den PIRATEN)
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