Dirk Schatz zur Bekämpfung von „Antänzern“

Mittwoch, 1. Oktober 2014

Top 13. Neues Kriminalitätsphänomen erfassen und konsequent gegen so genannte „Antänzer“  vorgehen!

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 16/6857

Unsere Redner: Dirk Schatz

Abstimmungsempfehlungen: Zustimmung zur Ausschussüberweisung
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Protokoll der Rede von Dirk Schatz

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Lürbke.  Für die Piratenfraktion spricht Herr Kollege Schatz.

Dirk Schatz (PIRATEN): Vielen Dank.  Herr Präsident! Ich muss schon sagen, ich bin ein bisschen enttäuscht. Also nach der Steilvorlage, die der Herr Minister hier geliefert hat, als ihm das Handy entwendet wurde  dass da nicht ein Feuerwerk an doofen Sprüchen auf ihn einprasselt, enttäuscht mich leider, außer das Bisschen von Herrn Lürbke, worauf er eingeht. Ich habe mich jetzt extra nicht darauf vorbereitet, weil ich dachte, es wäre schon alles gesagt worden. Aber gut! Das enttäuscht mich jetzt ein bisschen.

(Christof Rasche [FDP]: Reden ist eine Kunst!  Zurufe von der SPD)

Was?

(Weitere Zurufe)

Ja, ich habe mich extra nicht vorbereitet. Wie viele Innenminister braucht man, um auf ein Handy aufzupassen oder so was. Das habe ich halt nicht.

(Heiterkeit)

Na, ja, Spaß beiseite.  Ach nee, das ist ja ein CDU-Antrag. „Spaß beiseite“ geht gar nicht.

(Zuruf von der SPD  Heiterkeit)

Ich gehe mal auf den Antrag so ein bisschen ein. Also, ich versuche, das mal von oben nach unten ein bisschen zu strukturieren.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Das wäre gut!)

Also Punkt 1: Die CDU fordert, das Phänomen des Antanzens künftig als spezifische Tatbegehungsform des Taschendiebstahls in der PKS zu erfassen. Das Problem ist nur, Sie sprechen hier richtigerweise von einem Phänomen. Phänomene kommen und gehen auch irgendwann wieder. Ich will das hier jetzt nicht unter den Teppich kehren. Das ist insgesamt ein ernstes Thema, keine Frage. Taschendiebstahl, Trickdiebstahl  das ist ein Problem, das wir haben. Auch die Aufklärungsquote, die wir haben, ist definitiv zu gering. Aber eben insgesamt nicht unbedingt dieses Phänomen. Also, wir müssen uns nicht darauf konzentrieren.

Und Sie wollen dann quasi jetzt der Polizei noch mehr Statistikkram aufbürden. Herr Sieveke, Sie sind kein Polizist, deswegen müssen Sie das nicht auf dem Schirm haben. Aber ich übertreibe jetzt einmal ein bisschen: Wissen Sie, wie lang der Scrollbalken jetzt schon ist, wenn Sie im IGVP, also diesem polizeilichen Vorgangsbearbeitungssystem, bei einigen Delikten die Tatbegehungsformen anklicken und dann herunterscrollen müssen? Bis ich am Ende bin, bin ich schon fast beim Dienstschluss. Und dann habe ich dann nicht einmal irgendetwas ausgewählt.

Jetzt kann man natürlich sagen: Auf einen Punkt mehr oder weniger kommt es da auch nicht mehr an. Aber ein Punkt hier und ein Punkt da, und dann ist eben genau dieser Scrollbalken zustande gekommen. Das mag sich jetzt natürlich lapidar anhören, keine Frage, aber die Statistik nimmt nun einmal tatsächlich einen signifikanten Anteil bei der Anzeigenbearbeitung ein. Das muss man einfach mal so zur Kenntnis nehmen. Das für diesen Punkt hier zu machen  ich denke, das ist nicht nötig. Verstehen Sie mich nicht falsch: Eine Statistik, auch eine sehr detaillierte Statistik ist in vielen Bereichen sicherlich sehr, sehr wichtig, aber hier aus meiner Sicht einfach nicht.

Und dann kommen auch noch andere bemerkenswerte Punkte hinzu. Im Beschlussteil reden Sie halt nicht nur vom Antanzen, das erfasst werden soll, sondern Sie sprechen auch vom gerade schon erwähnten „Podolski-Trick“. In Dortmund ist es dann vermutlich der „Ka-gava-Trick“, auf Schalke ist es dann der „Boateng-Trick“, in Paderborn  nein, da gibt es einen Trick nicht, weil die Spieler keiner kennt.

(Heiterkeit  Zurufe)

Was denn? Na ja, jedenfalls  worauf ich hinaus will : Warum wollen Sie diesen „Podolski-Trick“ nicht auch statistisch erfassen? Und warum „Antanzen“ jetzt nur beim Taschendiebstahl? Sie sagen in Ihrer Begründung selber  und das auch völlig zu Recht , dass beim Antanzen auch Gewalt angewendet wird. Dann muss es die gleiche Tatbegehungsform aber auch beim räuberischen Diebstahl oder auch beim Raub geben, nicht nur beim Taschendiebstahl. Aber so konsequent sind Sie nicht. Und warum?  Das liegt vermutlich daran, weil es Ihnen bei diesem Antrag wie bei vielen anderen auch eigentlich nur auf eine Sache ankommt: Ein Thema bekommt in der Presse mittlere bis hohe Aufmerksamkeit, und Sie wollen ein Stück von diesem Aufmerksamkeitskuchen abhaben.  Das wäre ja nicht einmal schlimm, wenn Ihre Forderungen dann wenigstens Sinn machen würden. Aber das ist hier gar nicht der Fall.

(Beifall von den PIRATEN)

Punkt 2: die Bevölkerung für die Antänzer sensibilisieren. Ja, dem könnte ich tatsächlich so zustimmen. Da gebe ich Ihnen recht; Prävention ist immer eine wichtige Sache. Und wenn die Leute wissen, worauf sie achten müssen, dann reagieren sie vielleicht auch entsprechend, packen ihr Portemonnaie woanders hin etc., etc. Aber das ist leider nicht der einzige Punkt, über den wir abstimmen, sondern da gibt es noch andere. Und in der Gesamtheit muss ich es leider so, wie es jetzt momentan vorliegt, ablehnen.

Punkt 3: mehr Zivilbeamte  klingt in der Theorie ganz gut, zeugt von Aktionismus, lässt die CDU als Macher dastehen. Aber ob es in der Praxis auch tatsächlich einen Mehrwert bringt und vor allem ob die Verhältnismäßigkeit bei Nutzen-Kosten-Rechnung gegeben ist, weiß ich nicht. Ich würde eher sagen, nein. Nehmen Sie einmal Köln oder die Düsseldorfer Altstadt, wo Sie aufgrund der ganzen Menschenmassen gerade einmal die Personen um sich herum sehen können.

Dem Herrn Minister wurde sein Handy entwendet, obwohl drei erfahrene Beamte, die keine andere Aufgabe hatten, als ihn zu beschützen, um ihn herumstanden. Ich glaube nicht im Ernst, dass in dem ganzen Gedränge noch mehr Zivilstreifen einen Mehrwert bringen. Wir haben ja schon Zivilstreifen  das läuft ja auch; das machen die Kreispolizeibehörden ja auch , aber ich glaube, noch mehr Zivilstreifen würden einfach keinen Mehrwert bringen, nicht in dieser Sache.

Also, ich bin gespannt, was die Debatte im Ausschuss bringt, ob da vielleicht noch ein bisschen bei Ihrem Antrag nachkommt. Aber in der jetzigen Form kann ich dem nicht so nicht zustimmen.  Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN  Zuruf von Dietmar Schulz [PIRATEN])

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege.  Für die Landesregierung spricht Herr Minister Jäger.

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