Dirk Schatz zu den Auswirkungen der Scharia-Polizei in NRW

Freitag, 12. September 2014

Top 1. A k t u e l l e S t u n d e

Islamistische Propaganda erreicht mit Scharia-Polizei neue Qualität – Die rot-grüne Landesregierung muss endlich handeln

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der FDP

Drucksache 16/6728

 

in  Verbindung damit

Frontalangriff auf den Rechtsstaat: „Scharia-Polizei“ patrouilliert in Nordrhein-Westfalen

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 16/6729

 

in  Verbindung damit

Gewaltbereitem Salafismus mit Repression und Prävention begegnen

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 16/6730

Unser 1. Redner: Dirk Schatz

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Protokoll der Rede von Dirk Schatz

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Frau Kollegin Schäffer.  Für die Piratenfraktion spricht Herr Kollege Schatz.

Dirk Schatz (PIRATEN): Vielen Dank.  Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gewaltbereiter Salafismus bzw.  ganz allgemein  gewaltbereiter Islamismus sind selbstverständlich wichtige Themen, über die wir hier reden müssen und über die debattiert werden muss. Ich denke, darüber sind wir uns alle einig. Die Gefahr, die von Extremisten egal welcher Couleur ausgeht, ist real.

Auch bin ich selbstverständlich der Ansicht, dass, wenn rechtlich möglich, gegen Aktionen vorgegangen werden muss, von denen sich Menschen bedroht oder genötigt fühlen  völlig egal, ob sich diese Bedrohung oder Nötigung tatsächlich als solche im strafrechtlichen Sinne herausstellt. Natürlich bin ich vor allem der Meinung, dass die Bevölkerung ein Recht darauf hat, vor solchen Menschen und insbesondere den dahinter stehenden Ansichten oder Absichten gewarnt zu werden. Das ist in diesem Fall der Scharia-Polizei vielfach durch entsprechende Medienberichte geschehen.

Mir stellt sich die Frage: Müssen wir diesen einen konkreten Vorfall tatsächlich auf diese Ebene heben? Sind es dieser konkrete Vorfall  damit meine ich keinesfalls die Debatte als solche; das habe ich gerade betont  und die daran beteiligten Extremisten tatsächlich wert, die Aufmerksamkeit dieses Parlaments im Rahmen einer Aktuellen Stunde und damit noch mehr Öffentlichkeit zu bekommen? Wenn es eine gefährliche Lage gewesen wäre, die man mit allem Nachdruck nachbereiten müsste, oder wenn die Landesregierung mal wieder planlos und inkompetent reagiert hätte  das hat sie in dem Fall tatsächlich mal nicht getan ,

(Minister Ralf Jäger: Oh!)

hätte ich gesagt: Okay, dann müssen wir darüber reden.

(Minister Ralf Jäger: Ist das Lob von der falschen Seite?)

Mit der heutigen Aktuellen Stunde haben Sie es geschafft, den Extremisten quasi noch das i-Tüpfelchen dessen zu geben, was Sie mit dieser Aktion erreichen konnten. Noch mehr geht eigentlich nicht.

(Beifall von den PIRATEN)

Obwohl: Ein bisschen mehr geht schon. Selbst die Kanzlerin hat sich zu dem Thema geäußert. Die Frau ist ein Phänomen.

(Heiterkeit von Marc Olejak [PIRATEN])

Sie ist bekannt dafür, sich gerade zu kritischen Themen so gut wie gar nicht zu äußern. Aber ausgerechnet, wenn sie etwas sagt, tut sie das zu Themen, zu denen sie besser die Klappe gehalten hätte.

(Beifall von den PIRATEN)

Aber lassen wir diesen kostenlosen Werbeblock, den Sie den Extremisten heute geschenkt haben, einfach einmal beiseite. Das Problem ergibt sich eigentlich immer, wenn wir über Extremisten reden. Dasselbe Problem haben wir auch bei den Rechten. Das lässt sich nur schwer vermeiden, auch wenn man darauf achten sollte, das mit Maß zu machen. Aber hierbei kommt noch ein entscheidender Aspekt hinzu: Die Rechten können Sie eigentlich alle in einen Topf werfen, pauschal kritisieren und richtig kräftig draufhauen  verbal natürlich : Sie treffen immer den Richtigen, egal, wen Sie treffen und wen Sie kritisieren.

(Heiterkeit von Marc Olejak [PIRATEN])

Da muss man nicht aufpassen oder differenzieren. Wir reden aber über Glaubensgemeinschaften, bei denen das etwas anders aussieht. Frau Kraft  sie ist nicht mehr da  meinte in ihrer Haushaltsrede am Mittwoch, es sei gut, dass sich die islamischen Verbände von den Extremisten abgrenzen. Damit hat sie Recht. Aber ich behaupte: Es ist schlecht, dass sie das überhaupt tun müssen. Denn dass sie das tun müssen, kann eigentlich nur daran liegen, dass es Menschen gibt, die nicht unterscheiden können oder  noch schlimmer  die nicht unterscheiden wollen, dass Salafismus oder  ganz allgemein  Islamismus oder sonstige extreme Richtungen nicht das Geringste mit dem Islam zu tun haben, den 99 % aller hier lebenden Muslime praktizieren.

(Beifall von den PIRATEN und Ali Bas [GRÜNE]  Vereinzelt Beifall von der SPD)

Ich behaupte: Einem vernünftig denkenden Menschen ist das klar. Meinem Vernehmen nach ist das auch in diesem Hause jedem klar. Gerade die Tatsache, dass es sogar in diesem Hause jedem klar ist, zeigt doch, dass das Maß an Vernunft, um das zu verstehen, noch nicht einmal besonders hoch sein muss.

(Heiterkeit von den PIRATEN)

Trotzdem gibt es noch immer genug Menschen, die nicht noch einmal dieses Mindestmaß an Vernunft aufbringen. Deshalb ist es gerade bei diesem Thema äußerst wichtig, eine Debatte mit Augenmaß zu führen. Obwohl Sie das wissen und obwohl es im vergangenen Jahr schon mehrfach Debattenbeiträge zu diesem Thema gab  demnächst haben wir eine von der FDP beantragte Anhörung , springen Sie wie ein dressiertes Hündchen

(Zuruf von der CDU: Hey!)

über jedes kleine Stöckchen, das Ihnen diese menschenverachtenden Extremisten hinhalten.

(Beifall von den PIRATEN)

Damit helfen Sie denen nicht nur  das möchte ich hier betonen , sondern Sie gießen auch noch Öl in genau das Feuer derjenigen Menschen, dieser Hetzer und Demagogen, die sich diesen Umstand zunutze machen, um den Hass gegen den Islam und die Menschen muslimischen Glaubens zu schüren. Was Sie hier veranstalten, ist keine Debatte mit Augenmaß, sondern das grenzt an Populismus.

(Beifall von den PIRATEN und Arif Ünal [GRÜNE])

Sie schüren Ängste und nutzen die Angst zum Fang von Wählerstimmen. Sie wollen bei der Geschichte Ihr Stück vom Öffentlichkeitskuchen abhaben. Mehr ist es nicht. Dass CDU und FDP das machen, um der Landesregierung mal wieder eins auszuwischen  okay, geschenkt.

(Minister Ralf Jäger: Versuchen, eins auszuwischen!)

Das ist aus meiner Sicht zwar dumm, aber verständlich. Das ist Oppositionsarbeit. Dass aber auch SPD und Grüne auf diesen Zug aufspringen, quasi aus Angst, um sich nicht vorwerfen lassen zu müssen, sie hätten zu diesem Thema nichts zu sagen, ist nicht nur dumm, sondern auch unverständlich.

(Beifall von Lukas Lamla [PIRATEN])

Sie müssen sich hier und heute fragen: Welche Vorteile hat Ihnen diese Aktuelle Stunde gebracht? Was erreichen Sie hier? Welchen Mehrwert haben Sie mit dieser Aktuellen Stunde im Kontext der Gesamtdebatte erreicht, die wir seit über einem Jahr führen? Ich habe heute nicht ein einziges Wort gehört, das ich nicht schon fünfmal vorher gehört hätte. Herr Kruse spricht über Blitzmarathons in dieser Debatte. Herr Körfges hat gerade angemahnt, dass wir kein parteipolitisches Geplänkel machen dürfen. Aber nichts anderes ist das hier. Wir haben heute noch nichts anderes gehört, als das, was wir vorher auch schon die ganze Zeit gehört haben. Es gibt noch nicht einmal einen Antrag, über den wir abstimmen könnten, gar nichts.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Was ist denn Ihr Beitrag heute?)

Selbst wenn es Vorteile geben sollte, müssen Sie sich fragen: Überwiegen diese Vorteile denn auch die Nachteile, die Sie durch diese Aktuelle Stunde aufgezeigt haben und durch die die Extremisten noch mehr Aufmerksamkeit bekommen, und zwar auf beiden Seiten? Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Rechten in Wuppertal, die quasi als Antwort auf die Scharia-Polizei ebenfalls mit einem Stadtschutz reagiert haben. Die Frage ist: Sind die Vorteile das Schüren von Hass und Angst in der Bevölkerung gegenüber dem Islam überhaupt wert?  Dazu sage ich ganz klar: Nein.

(Beifall von den PIRATEN)

Mein Beitrag zu dieser Debatte ist  Frau Beer, wenn Sie mir zuhören würden , dass ich Sie für dieses Vorgehen kritisiere. Diese Aktuelle Stunde tut nichts weiter, als dem Islam noch mehr zu schaden als bisher, indem den Rechten und auch den Extremisten im Rahmen des Salafismus noch mehr Hoffnung gegeben wird. Das hätten Sie sich heute sparen können.

Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Veröffentlicht unter Dirk Schatz, Innenausschuss (A09), Reden

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