Dietmar Schulz zum Überraschendem Ausschied des Portigon-Vorstandsvorsitzenden

Mittwoch, 14. Mai 2014

Top 1. Aktuelle  Stunde

Gründe für überraschendes Ausscheiden des Portigon-Vorstandsvorsitzenden weiter unklar – Finanzminister Dr. Walter-Borjans besichtigt Jagdschloss Granitz auf Rügen statt den Landtag zu informieren

 

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP
Unser Redner: Dietmar Schulz
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Protokoll der Rede von Dietmar Schulz

 

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Mostofizadeh.  Für die Piraten spricht Herr Kollege Schulz.

Dietmar Schulz (PIRATEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer im Saal und am Stream! Es ist ganz klar, was hier passiert: Hier soll vonseiten der regierungstragenden Fraktionen abgelenkt werden von der Verantwortlichkeit und dem Einstehenmüssen des Herrn Finanzministers

(Beifall von den PIRATEN, der CDU und der FDP)

für Auskünfte, auf die die Öffentlichkeit einen Anspruch hat. Es geht hier auch nicht darum, irgendwelche Persönlichkeitsschutzrechte oder Vertragsschutzrechte zu wahren, sondern es geht hier um die Besetzung oder Nichtbesetzung der Position einer im Eigentum des Landes stehenden Gesellschaft.

Das ist deshalb von Bedeutung, weil in dieser Gesellschaft finanzielle Interessen des Landes Nordrhein-Westfalen gebündelt werden und weil von dieser Gesellschaft auch die Schicksale dieser finanziellen Interessen geleitet werden, für die das Land Nordrhein-Westfalen sowie die Bürgerinnen und Bürger Milliardenbeträge aus dem Steuersäckel aufbringen müssen. Darum geht es hier ganz maßgeblich. Ich will gar nicht auf die „Lustreise“ und die Tatsache der Abwesenheit des Finanzministers in der letzten Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses abheben, denn er wurde ja von seinem Staatssekretär vertreten. Ich muss allerdings ganz ehrlich sagen: Staatssekretär Dr. Messal hat in jener Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses am 8. Mai weniger beauskunftet als in der Obleuterunde, von der hier die Rede ist. Das müssen wir einmal festhalten.

(Beifall von den PIRATEN und der CDU)

Aber er hat einen ganz entscheidenden Punkt  letztendlich allerdings auch nur auf meine insistierende Nachfrage  geäußert,

(Zurufe von der SPD: Oh!)

nämlich auf die Frage: Wer hat hier eigentlich wem den Laufpass gegeben?  Und dies war in öffentlicher Sitzung zu erklären, und zwar in öffentlicher Sitzung deshalb, weil die Zitierfähigkeit bestimmter Äußerungen aus der Obleuterunde einfach nicht gegeben war. Also musste nachgefragt werden. Diese Nachfrage hat Folgendes ergeben: Aufgrund von Vertragsverhandlungen bezüglich einer Gesellschaft, die eben nicht die Portigon AG, sondern eine Tochtergesellschaft der Portigon AG ist, nämlich die PFS, ist es dazu gekommen, dass  das wurde auch schon gesagt  Herr Voigtländer, der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Portigon AG, das Vertragsangebot, das ihm unterbreitet worden ist, abgelehnt hat. Aufgrund dieser Tatsache  so wurde es begründet  ist vonseiten des Aufsichtsrats der Portigon AG der Vorstandsvorsitzende der Portigon AG abberufen worden. Das ist ein ganz wesentlicher, formaljuristischer Akt.

Darüber hinaus ist er aus der Geschäftsführungstätigkeit bei der PFS GmbH abberufen worden. Das heißt mit anderen Worten: Aufgrund von Vertragsverhandlungen bezüglich der PFS GmbH, einer Tochter, die überhaupt erst seit ein paar Monaten im Handelsregister eingetragen ist, ist dem wesentlichen Protagonisten für die Abwicklung der Portigon als Nachfolgegesellschaft der desaströsen WestLB der Laufpass gegeben worden. Es wurde somit einer Person der Laufpass gegeben, die  und so wurde es mehrfach sowohl von den regierungstragenden Fraktionen, den Mitgliedern des HFA, von Herrn Finanzminister persönlich und insbesondere von Herr Voigtländer im Ausschuss betont  maßgeblich mit dem Schicksal der PFS, der Abwicklung der Portigon und der Privatisierung der PFS, aber auch mit möglichen Vertragsverhandlungen mit der Ersten Allgemeinen Abwicklungsanstalt verbunden war.

Man muss sich das einmal vorstellen: Wir, die Mitglieder des HFA, rufen gestern bei der Portigon AG an, ringen um Auskünfte bezüglich dieser Position, ringen um Auskünfte bezüglich des Vertragsverhältnisses, des Anstellungsverhältnisses auf der einen Seite und der formalen Stellung als Organ der Aktiengesellschaft in den Ausschüssen und Obleuterunden auf der anderen Seite.  So weit, so gut. Wir brauchen also eigentlich nur bei der Portigon AG anzurufen und erhalten dann von irgendeinem Telefonisten oder irgendeiner Telefonistin folgende Auskunft  nach Rücksprache im Hause, die Pausenmusik läuft, und als Antwort kommt : Herr Voigtländer arbeitet nicht mehr bei uns.  Das heißt mit anderen Worten: Er ist nicht nur abberufen worden, sondern er arbeitet auch nicht mehr dort

(Heiterkeit von der SPD)

ein Mann, der auf einen sehr lukrativen Vertrag schaut, der ihm ein Salär von deutlich über 500.000 € pro anno zusichert.

Ja, Herr Finanzminister, Sie staunen.

(Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Das ergibt sich aus den Geschäftsberichten der Portigon. Da sind für 2012 fixe Bezüge in Höhe von rund 574.000 € ausgeführt. Für 2013 handelt es sich um fixe Bezüge in Höhe von 534.000 €  plus jährliche Bezüge für die Altersversorgung in deutlicher Millionenhöhe. Dieser Mann wird also abberufen. Eines steht jedenfalls fest  das muss ich Ihnen persönlich ganz ehrlich sagen : Ich würde nicht einfach die Brocken hinschmeißen, nur weil mir eine Tochtergesellschaft möglicherweise kein lukrativeres Angebot macht.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Aber die 500.000 € einstecken! Das ist klar!)

Ja, selbstverständlich, Herr Mostofizadeh!

Der entscheidende Punkt ist doch folgender: Hier wird mit zweierlei Maß gemessen. Auf der einen Seite wird die Moralkeule im Zusammenhang mit den Landesfinanzen, den Bundesfinanzen und vor allen Dingen mit der Steuerehrlichkeit der Bürger geschwungen. Auf der anderen Seite stehen das Finanzmarktstabilisierungsgesetz und die entsprechende Verordnung, die besagen: Vergütungen über 500.000 € gelten grundsätzlich als unangemessen. Man muss sich also ernsthaft fragen: Was für ein Spiel wird hier eigentlich gespielt? Diese Frage haben wir gestellt, aber die Antwort darauf haben wir nicht bekommen.

Heute ist der Tag, Herr Finanzminister, an dem Sie endlich einmal erklären müssten, was die wahren Gründe dafür sind, dass Herr Voigtländer nicht mehr Aufsichtsratsvorsitzender der Portigon AG ist. Das kann aus meiner Sicht unmöglich eine Vertragsverhandlung bezüglich der PFS sein. Erklären Sie der Öffentlichkeit und diesem Parlament einmal, was dazu geführt hat, dass diese doch so wichtige Gallionsfigur in der Abwicklung der WestLB nunmehr von Bord gehen musste!

(Beifall von den PIRATEN)

Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.

Dietmar Schulz (PIRATEN): Wie kommt das, Herr Finanzminister? Beantworten Sie diese Frage hier vor der Öffentlichkeit. Darum bitte ich Sie, aber auch die anderen Fraktionen der Opposition eindringlich.

Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.

Dietmar Schulz (PIRATEN): Ich denke, dass wir damit im öffentlichen Interesse arbeiten.  Danke schön.

(Beifall von den PIRATEN und der FDP)

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Schulz.  Jetzt spricht der fraktionslose Abgeordnete Stein.

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