Daniel Schwerd zum bremsen der Landesregierung beim Breitbandausbau

Freitag, 28. März 2014

Top 1. Landesregierung darf beim Breitbandausbau nicht weiter auf der Bremse stehen

Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der PIRATEN

Drucksache 16/5355

Unser Redner: Daniel Schwerd
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(1. Redebeitrag von Daniel Schwerd ab. ca. 7:57 Min,

2. Redebeitrag von Daniel Schwerd ab. ca. 74:32 Min)

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Protokoll der Rede von Daniel Schwerd

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Schick.  Für die Piraten spricht Kollege Schwerd.

(Daniel Schwerd [PIRATEN] geht ans Rednerpult.)

Herr Kollege Schwerd, darf ich Sie bitten, politische Bekundungen sind in diesem Plenarsaal …

(Daniel Schwerd [PIRATEN]: Da ist keine politische Begründung drauf!) Ich bitte Sie ganz herzlich und höflich, das Jackett zuzuknöpfen. Wir haben an anderer Stelle schon darüber geredet, und ich bitte, die Regeln, die hier gelten, einzuhalten.

(Daniel Schwerd [PIRATEN] knöpft sein Jackett zu.)

Danke schön.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Das hat ja gut geklappt, Frau Präsidentin!)

Daniel Schwerd (PIRATEN): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Tribüne und an den mit dem Internet verbundenen Geräten! Wir stehen in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen am Beginn des nächsten Strukturwandels, des digitalen Strukturwandels. Wie die Ergebnisse des Wandels genau aussehen werden, wissen wir heute noch nicht. Sicher aber sind zwei Dinge: Erstens. Die mit dem Übergang zur Informationsgesellschaft einhergehenden Veränderungen werden den Abschied von Kohle und Stahl wie ein Kinderspiel aussehen lassen.

Zweitens. Dafür werden wir verdammt schnelles Internet brauchen. Breitbandinternet wird immer mehr zu einer materiellen Lebensgrundlage wie Strom und Wasser. Ohne schnelles Internet wird man nicht mehr am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können, das in Zukunft normal sein wird. Deshalb müssen wir dafür jetzt geeignete Infrastrukturen aufbauen. Leider hat die Landesregierung die Dramatik des technologischen Wandels noch nicht mal im Ansatz erkannt. Die Versorgung mit Breitbandinternet wird eine entscheidende Zukunftsfrage für NRW sein. Derzeit leistet sich die Landesregierung von Frau Kraft ein netzpolitisches Koma.

(Beifall von den PIRATEN und der FDP)

Die heutige Aktuelle Stunde ist darum einmal mehr unser Versuch, die schlafende Landesregierung wachzurütteln. Und noch etwas anderes wollen wir: Die Landesregierung soll endlich die Verantwortung für ihre Tatenlosigkeit beim Breitbandausbau übernehmen. Jeder weiß es  Experten bestätigen es immer wieder : Die derzeitige Breitbandversorgung in NRW ist nicht zukunftsfest. Besonders auf dem Land ist die Versorgungslage besorgniserregend. Schon vor Monaten haben die Experten in einer Anhörung zum Breitbandausbau, die wir Piraten schon vor einem Jahr beantragt hatten, drei Dinge kritisiert: Das Wirtschaftsministerium ist passiv. Die Geschwindigkeit des Netzausbaus ist zu langsam, und es gibt keine übergreifende Strategie für diesen Ausbau. Der Markt regelt nämlich nicht alles. Er versagt bei der flächendeckenden Versorgung. Darum müssen wir aktiv werden. Für uns Piraten ist klar: Dieses Zukunftsthema zu verschlafen, ist keine Option. Minister Duin zeigt uns eindrucksvoll seine Interpretation von „Politik der ruhigen Hand“  einer sehr ruhigen Hand, vielleicht schon eingeschlafen.

(Beifall von den PIRATEN)  Am deutlichsten wird diese Ignoranz der Landesregierung gegenüber dem Breitbandausbau beim Thema „EFRE“, dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung. NRW hätte Mittel aus EFRE für den Breitbandausbau nutzen können. Aber das hat die Landesregierung bisher versäumt. Lassen Sie mich den Schlingerkurs der Landesregierung beim EFRE in drei Stationen zusammenfassen: Erste Station, Mitte 2013: Die europäischen Institutionen müssen sich einigen, was in der neuen Förderperiode 2014 bis 2020 mit dem EFRE gefördert werden darf. Die EU-Kommission steht der Breitbandförderung in entwickelten Regionen  dazu gehört natürlich auch NRW  skeptisch gegenüber, anders aber die EU-Parlamentarier. Unter dem maßgeblichen Einfluss deutscher Europaabgeordneter wird die Möglichkeit, den Breitbandausbau auch in entwickelten Regionen zu fördern, in das EFRE-Programm aufgenommen. SPD und Grüne nehmen hiervon aber keinerlei Kenntnis. So erklärt der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD, Thomas Eiskirch, am 28. November 2013 hier im Plenum  ich zitiere: „Beim Thema ‚Breitbandausbau‘ sind wir uns doch völlig einig. Aber wir wissen auch: Zumindest ab Förderperiode 2014 ist eine Finanzierung über den Strukturfonds EFRE nicht mehr möglich.“  Zitatende.

Das war schon im November eine gewagte Behauptung. Schlicht falsch ist sie aber spätestens seit dem 20. Dezember 2013. Seit diesem Tag sind die EFRE-Richtlinien, die in den Monaten zuvor erarbeitet wurden, nämlich offiziell in Kraft getreten und damit gültiges EU-Recht. Damit kommen wir zu einer zweiten Station, nämlich im Dezember 2013. Im Wirtschaftsausschuss des Landtags lehnen SPD und Grüne einen Antrag von uns Piraten ab, in dem wir die Landesregierung auffordern, einen Fahrplan für den Breitbandausbau zu entwickeln. Konstruktive Gegenvorschläge? Fehlanzeige!

(Lukas Lamla [PIRATEN]: Ha, ha!)

Rot-Grün macht jedoch noch einen weiteren Fehler. Alle drei Oppositionsfraktionen stellen einen gemeinsamen Antrag, in dem festgestellt wird, dass der Breitbandausbau auch zukünftig mit EFRE-Mitteln förderfähig ist und gefördert werden muss. SPD und Grüne lehnen den Antrag ab  Begründung: Förderung über EFRE sei nicht möglich, und es sei jetzt zu spät, das zu ändern. Rot-Grün kennt die Förderrichtlinien für den EFRE offenbar immer noch nicht. Damit kommen wir zu einer dritten Station: Vergangene Woche wird Minister Duins Politik der eingeschlafenen Hand plötzlich zur Politik der zittrigen Hand. Irgendjemand im Ministerium muss die Rechtsgrundlagen der EFRE-Förderung einmal gelesen haben. Denn es wird klar: Wir, Piraten, CDU und FDP, haben recht mit unserem Antrag. Eine Förderung des Breitbandausbaus über den EFRE ist auch nach 2014 möglich. Einen Tag, bevor das die Sachexperten im Wirtschaftsausschuss bestätigen, verkündet der Minister daher plötzlich, man hätte die Breitbandförderung heldenhaft und in letzter Minute in das operationelle Programm des EFRE für NRW geschrieben, allerdings nur im kleinsten Programmabschnitt und nur für besondere Fälle. Mehr sei jetzt wirklich nicht mehr drin gewesen. Auch wenn wir es begrüßen, dass der Wirtschaftsminister die einschlägigen Rechtsgrundlagen endlich zur Kenntnis nimmt, müssen wir bilanzieren: Das Handeln kommt zu spät, und es reicht nicht aus.

(Beifall von den PIRATEN, der CDU, der FDP und Robert Stein [fraktionslos])

Wir brauchen eine großflächigere Förderung und eine Förderung über den Minimalausbau hinaus. Warum?  Weil immer noch die Mehrheit der Bevölkerung im ländlichen und auch im halbstädtischen Raum kein schnelles Internet hat, weil andere Fördertöpfe nur auf eine Minimalversorgung von 2 MBit/s abzielen  und das ist digitale Steinzeit.

(Beifall von den PIRATEN  Vereinzelt Beifall von der FDP)

Wenn wir den Ausbau von Breitbandförderung ernst nehmen, müssen wir auch den EFRE-Fonds nutzen. Darum, Herr Wirtschaftsminister: Beenden Sie Ihre Untätigkeit! Es gibt einen einfachen Weg, die bisherigen Fehler beim Breitbandausbau gutzumachen. Ändern Sie das operationale Programm des EFRE und nehmen Sie die Förderung des großflächigen Breitbandausbaus endlich auf!

(Zuruf von Stefan Engstfeld [GRÜNE])

Schließlich haben wir das Recht auf unserer Seite. Damit würden Sie nicht nur die Interessen Nordrhein-Westfalens wahren; Sie hätten auch das EU-Parlament hinter sich. Wir können uns keinen netzpolitischen Tiefschlaf mehr leisten. Der digitale Strukturwandel wird kommen. Nutzen wir die Chance!  Vielen herzlichen Dank.

(Beifall von den PIRATEN und Robert Stein [fraktionslos]  Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Schwerd. Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Schmeltzer.

 

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