Donnerstag, 16. Mai 2013
TOP 8.Keine europaweite Einführung von Gigalinern „durch die Hintertür“ – Folgenabschätzung für NRW dringend erforderlich!
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Saal und zu Hause! Wer öfter einmal in den Niederlanden oder in Skandinavien unterwegs ist, hat sie bestimmt schon im Einsatz gesehen: Riesen-Lkw, genannt Gigaliner, 25 Meter lang und bis zu 60 Tonnen schwer.
Gelinde gesagt: Der Einsatz von Gigalinern in Deutschland und anderen EU-Mitgliedstaaten ist von Anfang an äußert umstritten. Dabei scheint die Rechnung der Befürworter doch ganz logisch: Mehr Ladung pro Lkw bedeutet weniger Lkw pro Ladung, also weniger Lkw auf deutschen Autobahnen. Und dennoch geht diese Rechnung nicht auf. Ich sage Ihnen auch, warum.
Gigaliner sollen und können keine Städte oder Dörfer befahren. Sie sind nur für lange Strecken geeignet, auf denen wirklich große Mengen transportiert werden müssen. Damit werden Autobahnen und Bundesstraßen natürlich belastet. Experten sind sich einig, dass durch den Einsatz von Gigalinern die Zahl von Lkw auf Fernstraßen nur leicht sinken würde. Die versprochenen Umweltvorteile werden durch das zu erwartende Mehraufkommen an Lkw-Verkehr zunichte gemacht. Dies wurde bereits durch das Fraunhofer Institut bestätigt.
Das sind Effizienzgewinne und Umweltschutz nach Rechenschiebermethode. Das ist umweltpolitische Realitätsverleugnung, die in der verkehrspolitischen Sackgasse endet.
(Beifall von den PIRATEN)
Aus guten Gründen kann der Gigalinerverkehr in der EU bisher nur innerstaatlich erlaubt werden; die Grundvoraussetzungen im stark belasteten Transitland NRW sind im Vergleich zu dünn besiedelten Ländern wie Schweden grundlegend anders. In NRW würden allein aufgrund des maroden Zustandes der Infrastruktur immense Kosten für das Land und damit für den Steuerzahler anfallen, die den zu erwartenden Nutzen bei Weitem übersteigen.
Vor diesem Hintergrund übernimmt die Europäische Kommission nun den nächsten Versuch, mittels einer Richtlinienänderung den grenzüberschreitenden Einsatz von Gigalinern durchzudrücken. Nach Vorstellung der Kommission soll der grenzüberschreitende Gigalinerverkehr zulässig sein, wenn zwei aneinandergrenzende Mitgliedstaaten den Einsatz bereits erlauben.
Über die Liberalisierung des grenzüberschreitenden Verkehrs soll hier massiv politischer Druck auf die unwilligen Staaten aufgebaut werden. Die zu erwartenden Wettbewerbsnachteile für die Logistikbranche in Staaten, die Gigaliner nicht erlauben, erzeugen zudem wirtschaftlichen Anpassungsdruck. Dies würde – wenn wir es einmal weiterdenken – dazu führen, dass zukünftig falsche Investitionsentscheidungen getroffen werden: weiter weg von der Schiene, hin zur Straße. Das ist unsinnige Brüsseler Marktliberalisierung durch die Hintertür.
(Beifall von den PIRATEN)
Neben der verkehrspolitischen Bewertung von Gigalinern haben wir es hier also in erster Linie mit einer europarechtlichen Druckkulisse zu tun, die NRW unmittelbar betrifft. Deswegen ist hier der federführende Europaausschuss angesprochen, zu dem auch überwiesen werden soll.
Die rot-grüne Landesregierung hat sich ohne Wenn und Aber für eine Verkehrspolitik weg von der Straße, hin zur Schiene ausgesprochen. Das begrüßen wir ausdrücklich.
(Beifall von den PIRATEN)
Wir fordern daher ein klares Bekenntnis des Landtags NRW gegen die schleichende Einführung von Gigalinern in Europa, in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen. Wir Piraten bleiben dabei: Gigaliner sind ein umwelt- und verkehrspolitisches Placebo. Die Europäische Kommission muss endlich aufhören, die verkehrspolitische Zukunft Europas zu asphaltieren. Wir freuen uns auf die verkehrspolitische Debatte in den Ausschüssen. – Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)
Schreibe einen Kommentar