Plenarrede: Simone Brand zu Schließung der Opelwerke in Bochum

Donnerstag, 25. April 2013

 

TOP 1.    A k t u e l l e  S t u n d e

Opel muss zu seiner sozialen Verantwortung für die Beschäftigten und die Wirtschaftsregion stehen

Aktuelle Stunde auf Antrag  der Fraktion der   SPD und der Fraktion
BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN
Drucksache 16/2698
in Verbindung   damit
Opel-Schließung ist  ein Symbol für die Wirtschaftspolitik der Regierung Kraft
Aktuelle Stunde auf Antrag
der Fraktion der   CDU
Drucksache 16/2699
Unsere 1. Rednerin : Simone Brand

Das Wortprotokoll zur Rede von Simone Brand:

 

Simone Brand (PIRATEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer, und vor allem liebe Opelaner! Ich bin Bochumerin. Ich bin in Bochum geboren, dort aufgewachsen, und ich habe dort studiert. Nach einem ganz kurzen Aufenthalt in Ostwestfalen – nichts gegen Ostwestfalen – bin ich vor über zehn Jahren mit fliegenden Fahnen in meine Stadt zurückgekehrt. Ich bin stolz auf meine Stadt.

Die Schließung des Opel-Standorts zum Ende 2014 kommt schneller als gedacht. Dass die Belegschaft jetzt mit hocherhobenem Kopf aus der Sache herausgegangen ist, das ist richtig, und das ist gut.

(Beifall von den PIRATEN)

Meine Stadt hat eine lange Arbeitertradition und ist, wie unser ganzer Ruhrpott, dafür bekannt, für Arbeitsrechte zu kämpfen. Aber irgendwann ist Schluss. Erneute Einschnitte auf dem Rücken der Mitarbeiter waren nicht mehr hinzunehmen; denn letztlich geht es nicht nur ums Geld. Es geht auch um die Würde des Menschen. Der US-amerikanische Mutterkonzern hat aufgrund betriebswirtschaftlicher Berechnungen die Werke in Europa kontinuierlich gegeneinander ausgespielt.

Um das Ausmaß dieser Entwicklungen zu verstehen, muss man wissen, welche Bedeutung Opel für Bochum hat. Opel ist nicht nur irgendein Werk. Opel bedeutet für Bochum Tradition und Lebensphilosophie. Ein Opelaner zu sein, war und ist noch heute gleichbedeutend mit der Zugehörigkeit zu einer Familie. Auch deshalb war die Belegschaft immer bereit, Einbußen hinzunehmen.

Mit dem Standort Bochum sterben aber auch Stadtteile. Langendreer und Altenbochum haben von den Opelanern gelebt: Lebensmittelgeschäfte, der Friseur um die Ecke, die Pommesbude, der gesamte Handel basiert auf dem Opel-Werk. Jetzt stehen Belegschaft, Zulieferer und die Infrastruktur mehrerer Stadtteile vor dem Aus.

Dann gibt es heute wieder eine Aktuelle Stunde. Der Antrag von SPD und Grünen spricht von einer „sozialen Verantwortung“ eines Konzerns. Ist klar – solche Konzerne agieren ja direkt hinter der Caritas an zweiter Stelle, wenn es um soziales Engagement geht. Es wird gemunkelt von gewaltigen Beträgen, die für das Getriebewerk zur Verfügung gestellt werden. Nur komischerweise hat der Herr Einenkel davon noch gar nichts gehört.

Der CDU-Antrag ist auch ganz großartig. Man will einmal mehr die Ministerpräsidentin und ihre Landesregierung vorführen. Will man ihr vorwerfen, sie hätte beeinflussen können, ob der Standort geschlossen wird?

In mir erweckt das den Eindruck, dass Sie, meine Damen und Herren, das Zusammenspiel von Politik und Wirtschaft nicht wirklich verstanden haben.

(Beifall von den PIRATEN)

Wirtschaft agiert losgelöst vom politischen Wunschkonzert. Oder glaubt hier wirklich irgendeiner, die Bosse vom GM-Konzern interessiert es nur einen Deut, wenn sich hier Politiker mit Forderungen aus dem Fenster lehnen? Die lachen höchstens müde. Denken Sie nur an Herrn Rüttgers: Der stand vor den Werkstoren, und er wurde noch nicht einmal hereingelassen.

Was Politik hier leisten kann und längst leisten sollte, ist, rechtzeitig einen Plan B zu entwerfen. Bis jetzt wurde versäumt – und nach der Schließung des Nokia-Werkes vor vier Jahren war es bereits fünf vor zwölf –, in einen zukunftsorientierten Arbeitsmarkt und in Weiterbildungspolitik zu investieren. So wurden die Chancen auf Schaffung eines fortschrittlichen Wirtschaftsstandortes vertan. Da nutzt auch der Gesundheitscampus nichts. Oder machen wir dann aus den Facharbeitern von Opel Hebammen oder Logopäden? Eine der wichtigsten Forderungen muss jetzt lauten, die Arbeitsagentur in Bochum möge mit genügend Mitteln ausgestattet werden, um qualitativ hochwertige, zukunftsfähige Umschulungen zu garantieren.

Wir sollten jetzt vor allem in die Zukunft schauen. Vor 50 Jahren gelang es, den Bergbaustandort Bochum in einen Industriestandort zu verwandeln. Warum sollte es jetzt nicht möglich sein, den Industriestandort in einen innovativen und zukunftsfähigen Technologiestandort zu verwandeln?

Viel Zeit dafür bleibt allerdings nicht mehr. Es gelingt auch nur, wenn wir alle nach vorne schauen und nicht die Fehler der Vergangenheit beweinen. – Glückauf für mein Bochum!

(Beifall von den PIRATEN)

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Frau Kollegin Brand. – Für die Landesregierung hat Ministerpräsidentin Hannelore Kraft das Wort.

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