Schwarzer Tag für die Demokratie

Zur heutigen Abstimmung zum Nichtraucherschutzgesetz (NiSchG) in NRW haben 18 SPD-Abgeordnete eine schriftliche Erklärung abgegeben, dass sie offenbar einige Bedenken gegen das Änderungsgesetz hegen – trotzdem sind sie dem Fraktionszwang innerhalb der SPD gefolgt und haben für die Neuregelung gestimmt. 

Kai Schmalenbach, Abgeordneter der Piratenfraktion im Landtag NRW, bezeichnet diesen Sachverhalt klar als „schwarzen Tag für die Demokratie“: „Völlig unabhängig von dem eigentlichen Thema ist es zu tiefst bedauerlich, dass 18 Abgeordnete wider besseren Wissens für ein Änderungsgesetz stimmen – nur weil die eigene Fraktion eine andere Auffassung vorgibt. Unser Verständnis von Demokratie stärkt jedem den Rücken, der nach seiner eigenen Meinung handelt. Das gilt vor allem und erst recht für Abgeordnete im Parlament. Genau aus diesem Grund sprechen wir uns einmal mehr gegen einen Fraktionszwang aus und begrüßen es ausdrücklich, dass die 18 SPD-Abgeordneten wenigstens den Mut hatten, ihre Bedenken schriftlich zu Protokoll zu geben.“

Bei der heutigen Abstimmung haben 17 Piraten gegen das Gesetz zur Änderung des Nichtraucherschutzgesetzes gestimmt, zwei Piraten enthielten sich, ein Pirat meldete sich für die heutige Sitzung krank.

Verantwortlich für diese Pressemitteilung: Piratenfraktion im Landtag NRW, Pressesprecher Ingo Schneider, presse [ at ] piratenfraktion-nrw.de
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13 Kommentar auf “Schwarzer Tag für die Demokratie
  1. Ihr verwechselt Demokratie mit Populismus.
    Und wer die Umstände der Verabschiedung des widerwärtig-dummen Positionspapiers (http://www.piratenpartei-nrw.de/47559/2012-07-02/position-zur-novellierung-des-nichtraucherschutzgesetz-nrw/) und die Schlüsselrolle, die verschiedene (Alpha-)Abgeordnete dabei gespielt haben, kennt, der muss in der Tat Zweifel bekommen an Eurer Begeisterung für die Demokratie. Eine Voraussetzung für diese ist nämlich Wahrheitsliebe und der gelegentliche Versuch, so etwas wie ein Gemeinwohl zu fördern.
    Dass Ihr Euch die ganze Zeit bemüht habt, Druck auf die möglichen Abweichler in Euren eigenen Reihen aufzubauen und jetzt zwei Enthaltungen (und vielleicht auch noch die Krankmeldung?) als Beleg dafür anführt, dass Ihr ja so viel demokratischer als die anderen Fraktionen drauf seid, ist ein Witz (zugegeben: eigenlich kein schlechter).

    Ich erwarte, dass Ihr Euch jetzt für die Zukunft der Gammelfleisch-Kneipe einsetzt, denn auch hier werden die Rechte mündiger Bürger verletzt (ja, genau: Bürgerrechte!). Es ist eine schlimme Bevormundung, dass erwachsene Menschen keine Kneipe finden können, in denen modifizierte GENUSS-Nahrungsmittel angeboten werden, nur weil undemokratische (!) Verbotspolitiker anderer Parteien totalitäre Hygienevorschriften für Gastronomieküchen erfunden haben und diese auch – mehr oder weniger – versuchen durchzusetzen. Eine Kennzeichnungspflicht wäre hier völlig ausreichend (Transparenz! Transparenz!) und würde auch neue Geschäftsmodelle ermöglichen (Existenzen! Existenzen!) oder aus der Illegalität holen (Schwarzmarkt! Schwarzmarkt!). Heute werden Gammelfleischgeniesser systematisch diskriminiert (ja: diskriminiert). Und die konsumieren ja trotzdem was sie wollen (dann halt zuhaus), man kann das ja gar nicht verhindern.
    Oh, noch was vergessen: Repressiv! Repressiv! Repressive Gammelfleischpolitik.

    • Timm sagt:

      Wow, ich hab selten so einen Schwachsinn gelesen. Lass mich raten? Nichtraucher und gegen so ziemlich alles was aussieht wie Rauch?

      VERBIETET NEBEL!

  2. Tobias sagt:

    Es geht in dem Artikel, ja nicht um das Gesetz ansich, sondern um den Fraktionszwang, der auch in meinen Augen absolut undemokratisch ist. Jeder Politiker sollte seinem eigenen Gewissen verantwortlich sein, und nicht für etwas stimmen müssen, nur weil seine Partei/Fraktion ihm das vorschreibt.

    Soll heißen, jeder Politiker soll selbst dafür stimmen können, ob er nun für oder gegen dieses Gesetz ist…

    Was daran populistisch sein soll, erschließt sich mir wenig. Da würde ich gerne mal eine Argumentation hören, vielleicht versteh ich es einfach nur auf den ersten Blick nicht.

    Gruß
    Tobi

  3. @Eric Manneschmidt: _Du_ redest von Populismus? Wenn das nicht so traurig wäre, wäre das der Witz des Jahrhunderts. Populismus ist es, wenn man mit “Gammelfleisch” daherkommt um ein totalitäres Gesetz, welches Existenzen vernicht, schön zu reden. Populismus ist es, wenn man völlig ohne Not über Nacht Besitzer und Mitarbeiter von Shisha-Bars und Zigarrenlounges plötzlich illegal und arbeitslos macht und das Ganze dann auch noch “Nichtraucherschutz” nennt.

    Es ist in der Tat ein schwarzer Tag für die Demokratie, wo Grüne und SPD Minderheitenschutz mit Füßen getreten haben, um die Lobbyinteressen der WHO/Tabakkontrolle durchzupeitschen. Und ich danke ausdrücklich jedem Einzelnen der Lantagsfraktion der Piratenpartei, dass man wenigstens versucht hat, einen Grundpfeiler der Demokratie, nämlich Akzeptanz und Schutz von Minderheiten vorzuleben.

    Ich hoffe, dass die Dampfer gegen dieses Gesetz klagen und dass dieses ideologische Volkserziehungsgesetz dorthin kommt, wo es hingehört: In den Papierkorb der Geschichte als Beispiel wie Lobbyinteressen vor die Interessen der Menschen gestellt werden.

  4. sue108 sagt:

    Seltsamer Vergleich. Natürlich müssen die Menschen per Lebensmittelhygieneverordnung vor verdorbenen und verunreinigten Nahrungsmitteln geschützt werden. Ernsthafte “Gammelfleischfreunde” dürfte es wohl in Deutschland keine geben, deren Interessen vertreten werden müssen. Beim Nichtraucherschutzgesetz werden – so der Wortlaut – Nichtraucher geschützt, und zwar – so steht es in diesem Gesetz – vor den Gefahren des Passivrauchens. Es geht nicht um Wortklauberei, ob nun Dampfen oder Rauchen, ob Verbrennen von Tabak oder nicht. Es geht darum, dass es jede Menge wissenschaftliche Untersuchungen gibt, die bestätigen, dass die Ausatemluft von Dampfern keinerlei schädigende Substanzen in die Luft abgibt. Die Inhaltsstoffe gelten auch in tausendfach größeren Mengen durch Nebelmaschinen direkt in die Luft gepustet als unbedenklich, und das bereits seit Jahrzehnten, auch an Arbeitsplätzen. Das von Frau Steffens unterschlagene Rechtsgutachten kommt zu dem eindeutigen Schluss, dass es in Deutschland keine juristische Grundlage gibt, das Dampfen in den Nichtraucherschutz einzubeziehen, weil es eben keine wissenschaftliche Grundlage gibt, die diese Entscheidung auch nur im Entferntesten stützen würde. Es wird also die Wissenschaft UND das Recht (und wir sprechen hier immerhin von einem Grundrecht, und deren Einhaltung ist ein ganz großes Thema der Piratenpartei) wider besseres Wissen absichtlich missachtet.

    Dampfgeräte wären der perfekte Kompromiss, um die Probleme der Raucher, der Nichtraucher, aber auch der Gastronomen zu lösen. Erheblich weniger Schadstoffbelastung beim Inhalieren für den Raucher, kein Passivrauchen mehr für Nichtraucher, keine Einnahmeeinbußen durch ausbleibende Gäste für die Gastronomen. Das Nichtraucherschutzgesetz bedient nur eine dieser drei Gruppierungen, die aber auch nicht außen vor bliebe, wenn das Dampfen erlaubt wäre.

    Die Piratenpartei hat sich als einzige intensiv mit den reichlich vorhandenen wissenschaftlichen Fakten auseinandergesetzt, und den rationalen Schluss gezogen: Vor E-Zigarettendampf muss niemand durch staatliches Eingreifen geschützt werden.

    Es gibt unendlich viele Produkte, deren Gefährlichkeit nicht nur bislang nicht ausgeschlossen werden konnte, sondern die ganz konkret bestätigt gefährlich für die Umwelt sind – die aber trotzdem völlig legal sind. Ein naheliegendes Beispiel ist das Auto. Es stößt giftige Abgase aus, und völlig unbeteiligte Menschen müssen diese zwangsläufig inhalieren, wenn sie spazieren gehen. Der Gesetzgeber sagt aber, dass dies eine Belastung ist, die hinzunehmen ist, weil ein Verbot das Recht auf Selbstbestimmung der anderen (also der Autofahrer) in nicht hinnehmbarer Weise einschränkt. Die Schadstoffbelastung durch ein Auto ist – und das ist bereits gemessen – um ein Vielfaches größer, als die Schadstoffbelastung durch Dampfen. Der Gesetzgeber arbeitet daran, die Schadstoffe, die von Autos ausgestoßen werden zu verringern (was hier analog das NRSG wäre), parallel fördert er aber auch die Entwicklung von Alternativen (witzigerweise auch hier die E-Variante, aber auch Bus und Bahn). Man stelle sich vor, der Gesetzgeber würde Autos in Städten verbieten (und nach mehr oder minder haltbaren juristischen Möglichkeiten suchen, Autos auch sonst überall zu verbieten), allerdings OHNE parallel Busse und Bahnen anzubieten – und obendrein würde er den Verkauf von Elektroautos mit allen Mitteln zu verhindern versuchen, zum Beispiel, indem er sie einfach mal so für illegal erklärt, und die Elektroautohänder zu Kriminellen macht, bei denen mal eben ohne Rechtsgrundlage Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen durchgeführt werden. Dann wären wir eine echte Bananenrepublik…ach halt…bei E-Zigaretten IST es ja ganz genau so abgelaufen…

  5. Cathy sagt:

    Danke – Verbote haben noch nie geholfen.

    Die Restaurants sind – nach den öffentlichen Gebäuden – erst der zweite Schritt. Weitere Schritte werden folgen, wie in Australien. Dort wandelt sich die Demokratie via Präventionsstaat hin zum Polizeistaat. Neben Tabak, Alkohol und Drogen, stehen dort Zucker, Fett u.ä. “Giftstoffe” auf der To-Do-Liste.

    Kontrollieren, regeln, beschützen – Australien erstickt an seinen Vorschriften
    http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kontrollieren-regeln-beschuetzen-australien-erstickt-an-seinen-vorschriften-1589958.html

    Australischer Bundesstaat will “tabakfreie Generation” : Der australische Bundesstaat Tasmanien will keine Zigaretten mehr an Bürger verkaufen, die nach dem Jahr 2000 geboren sind.
    http://www.dtoday.de/startseite/wirtschaft_artikel,-Tasmanien-plant-Verkaufsverbot-fuer-Zigaretten-an-Juengere-_arid,182663.html

  6. Kucky sagt:

    Kann man – und wenn ja wo – die Namen und wenn möglich sagar ihr Schreiben erfahren?

  7. Sven sagt:

    Ähem, ich hab grad folgendes gefunden:

    http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMG16-20.pdf

    Hab ich irgendwas verpasst? Wo ist denn die E-Zigarette abgeblieben? Verschwunden?
    …keine mehr drin…

    • Sven sagt:

      Vergesst es… auch zuvor stand die E-Zigarette nicht im Gesetzestext, nur in der Begründung… was mich zur Frage bringt: Hat die Begründung irgend eine rechtliche Relevanz? Wonach richten sich die Ämter, Richter, etc.

  8. Mhm, irgendwie wurde mein letzter Kommentar nicht freigeschaltet, also noch mal:

    Cool ist übrigens auch, dass sich laut offiziellem Protokoll DREI Piraten-Abgeordnete enthalten haben (und einer abwesend war). Diese lustige PM hier ist also ein weiteres Beispiel dafür, dass noch nicht einmal ganz simple und leicht nachprüfbare Fakten korrekt dargestellt werden:
    http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMPB16-15.html

    Da kann man nur sagen: Trau keiner Pressemitteilung und keinem Positionspapier!

    Werdet Ihr es schaffen, die ganze Bewegung gegen die Wand zu fahren?

  9. Wilhelm Tegeler sagt:

    Es gibt noch die Möglichkeit eines Volksbegehrens. Die ersten Vorbereitungen laufen.

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