Mittwoch, 20.03.2013
TOP 7. Gesetz zur Stärkung der kommunalen Demokratie
Wir sprechen hier über ein Gesetz, das die kommunale Demokratie stärken will. Im Gesetzestext wird jedoch der Titel nicht weiter erwähnt.Was steckt dahinter? – Das Gesetz sieht vor, die bei der letzten Kommunalwahl 2009 für unterschiedliche Zeiträume gewählten kommunalen Vertretungen und die Hauptverwal-tungsbeamten wieder in einer gemeinsamen Wahl am selben Tag und im selben Jahr zu wählen.Das finden wir zunächst einmal gut, aber für die Stärkung der kommunalen Demokratie ist das ein zu kleiner Baustein.Viel wichtiger finden wir den Plan, die Wahlperiode allgemein, also auch für Hauptverwaltungsbeamte, wieder auf fünf Jahre festzulegen und es nicht mehr bei sechs Jahren wie nach der Änderung 2004 durch die frühere schwarz-gelbe Landesregierung zu belassen oder sie sogar auf acht Jahre zu verlängern, wie es die FDP-Fraktion mit ihrem Entschließungsantrag heute möchte.
Kürzere Wahlperioden sind demokratischer. Denn der Bürger kann seine Vertretung häufiger wählen. Teil der Demokratie muss es immer sein, dass sich auch die Gewählten ihrer Legitimation regelmäßig in absehbarer Zeit versichern. Deshalb sind Wahlen auch so oft wie möglich durchzuführen.
Längere Wahlperioden dagegen mit einer vermeintlich notwendigen Kontinuität zu begründen, ist absurd. Das sind leere Argumente, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP. Die beste Kontinuität erreichen Bürgermeister dadurch, dass sie sich mit einer ständig offenen und im Sinne der Bürger erledigten Arbeit nach fünf Jahren zur Wahl stellen und wiedergewählt werden. Das ist dann Kontinuität über zehn, fünfzehn oder mehr Jahre.
(Beifall von den PIRATEN)
Dass fünf Jahre eine ausreichend lange Zeit sind, um sich zum einen in eine neue Aufgabe einzuarbeiten und zum anderen durch Leistung zu belegen, dass man es Wert ist, wiedergewählt zu werden, werden wir Piraten bei der nächsten Landtagswahl in NRW beweisen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion und von Bündnis 90/Die Grünen, wenn die Demokratie durch gleichzeitige Wahlen der kommunalen Verantwortungsgemeinschaft und durch kürzere Wahlperioden gestärkt werden kann, könnte der Gesetzentwurf sehr einfach sein. Warum haben Sie ihn so kompliziert gemacht und Rücktrittsrechte für Bürgermeister bei vollen Versorgungsbezügen neu eingeführt, nur um deren Wahl schon im kommenden Jahr möglich zu machen?
Dass die nächste gemeinsame Wahl eben nicht schon 2014 erreicht werden kann, haben wir in der Anhörung aus unserer Sicht von allen Experten gehört. Der freiwillige Rücktrittszwang wurde nicht nur als verfassungsbedenklich, sondern als verfassungswidrig einge-stuft, weil damit der eigentliche Wählerwille aus dem Jahr 2009, nämlich die Bürgermeister bis zum Jahr 2015 zu wählen, im Nachhinein ausgehebelt wird. Das verstößt gegen das Demokratieprinzip und ist deshalb absolut inakzeptabel.
Gleichzeitig stellt das Gesetz trotz Rücktritt gleichbleibende Versorgungsansprüche in Aussicht und belastet damit die Haushalte.
Zum Abschluss streichen Sie auch noch das Mindestzustimmungsquorum für Einzelbewerber. Damit kann ein einzelner Bürgermeisterkandidat demnächst auch ohne Wahl zum Sieger erklärt werden.
Spätestens durch diese Änderung ist nach unserer Auffassung der Titel des Gesetzes neutralisiert bzw. ins Gegenteil verkehrt. Von einer Stärkung der kommunalen Demokratie kann hier nicht mehr die Rede sein.
Jetzt muss ich eine Rückfrage an den Präsidenten stellen, weil ich mich auf einen Ände-rungsantrag beziehen wollte.
Vizepräsident Oliver Keymis: Sie können sich auf den Änderungsantrag beziehen. Er ist inzwischen eingegangen, wird aber gerade erst verteilt.
Frank Herrmann (PIRATEN): Okay, danke schön.
Es tut mir leid. Da ist irgendwo etwas schiefgelaufen. Ich hoffe, Sie haben noch Gelegen-heit, in den Antrag zu schauen. Ich will ihn kurz vorstellen. Mit unserem Änderungsantrag möchten wir den gesamten Ballast über Bord werfen und Ihren Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, auf den nächstmöglich erreichbarengemeinsamen Wahltermin und auf die gemeinsame Wahlperiode von fünf Jahren konzent-rieren.
Bereits ab 2019 können wir dieses gemeinsam gewollte Ziel erreichen, wenn wir die Wahlperiode von Hauptverwaltungsbeamten einmalig auf ca. vier Jahre verkürzen. Die Verkürzung ist nach dem Demokratiegebot aus Artikel 20 Grundgesetz in jedem Fall vorzugswürdiger als eine Verlängerung auf sechs Jahre. Auch versorgungsrechtliche Bedenken für eine einmalig kürzere Periode können dem nicht entgegenstehen.
Ich möchte zusammenfassen: Mit unserem Antrag wird der vorliegende Gesetzentwurf so geändert, dass die kommunalen Vertretungen und die Hauptverwaltungsbeamten wieder in einer gemeinsamen Wahl am selben Tag und im selben Jahr zu wählen sind, und zwar zum frühestmöglichen Zeitpunkt. Das wäre im Jahr 2019.
Gleichzeitig wird die gemeinsame Wahlperiode auf fünf Jahre festgelegt und damit wirklich eine Stärkung unserer kommunalen Demokratie bewirkt. Ich bitte für den Änderungsantrag um Ihre Zustimmung. – Danke schön.
(Beifall von den PIRATEN)
Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Herrmann.
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