Die Versorgung mit schnellem Internet ist ein Grundbedürfnis der Menschen. Der Bundesgerichtshof hat Breitband-Internet sogar zu den materiellen Lebensgrundlagen gezählt. Doch der Ausbau mit schnellem Internet stockt. Eine staatliche Förderung muss also her, um diese Aufgabe öffentlicher Daseinsvorsorge zu erfüllen. Doch wie macht man das richtig?
Wir hören in der Debatte permanent das Argument von der Technologieneutralität: Breitband-Ausbauförderung müsse technologieneutral sein sein, heißt es. Das Argument hörte ich zum Beispiel letzte Woche im Wirtschaftsausschuss im Landtag.
Wenn man dem Landwirt das Futter für die Ochsen subventioniert, die der dann vor den Pflug spannt, dann das ist technologieneutral: Auch so ein Ochsengespann erfüllt die vorgesehene Aufgabe, denn damit kann man das Feld umpflügen. Ist das sinnvoll? Sollte es nicht eher bei so einer Förderung – jetzt hier im Beispiel – um moderne Traktoren gehen?
Förderung soll nicht technologieneutral sein, Förderung muss technologiepositiv sein. Es geht nicht darum, etwas zu fördern, was das Ausbauziel gerade so erreicht – es geht um die nachhaltige Erfüllung eines Auftrages, um eine Zukunftsvision.
Das stellt aber das Koaxialkupferkabel nicht dar, das ist nun mal die Technologie aus den 90er Jahren.
Uns steht der Sprung in die Gigabit-Gesellschaft bevor. Der Bedarf an Bandbreite wächst exponentiell: Derzeit kann man etwa alle 12 Monate eine Verdoppelung des Bandbreitenbedarfs beobachten. Das ist eine Exponentialfunktion, die wächst dramatisch. Man kennt die Folge: Im ersten Jahr eine Verdoppelung, im Jahr danach eine Vervierfachung, dann 8, 16, 32, 64, 128, 256, 512 und so weiter und so weiter.
Eine ganz ähnliche Wachstumskurve gibt es zum Beispiel bei Prozessorleistungen – das sogenannte Moore’sche Gesetz besagt, dass sich Prozessorleistung alle etwa 18 Monate verdoppelt. Diese Beobachtung kann man bereits seit 40 Jahren machen – man sollte also besser nicht davon ausgehen, dass dieses dramatische Wachstum bei den Bandbreiten nicht ebenfalls anhält. An den mathematischen Gesetzmäßigkeiten von Exponentialfunktionen führt nun mal kein Weg vorbei.
Was also stellt ein Ausbauziel von 50 Mbit/s dar, wie es sich die Landesregierung gesetzt hat? Gehen wir von einem Ausbaustand von 4 Mbit/s aus, was bedeutet dann so ein Ziel ganz konkret? 4-8-16-32-64: Nach 4 Jahren reicht ein solcher Ausbau also absehbar nicht mehr aus. Was macht es also für einen Sinn, die Fördermittel der nächsten Jahre in eine Technologie stecken, die das Förderende nicht mal überlebt, zum Beispiel in VDSL-Vectoring? Dann stehen wir 2020 wieder genau da, wo wir jetzt sind. So leid mir das tut: Nur Glasfaser ist diejenige Technologie, die diese Zukunftsvision derzeit erfüllt – und wenn wir eine bessere finden, dann lassen sie uns diese fördern.
Solange brauchen wir eine Glasfaser-Strategie, die zum Ziel hat, Glasfaser bis in jedes Haus, bis in jedes Unternehmen zu legen. In Deutschland ist Schleswig-Holstein mit einer Anschlussquote von 23 % Glasfaser-Vorbild. In NRW sind es dagegen aktuell nur 7 %. Für Einzellagen bieten sich Funklösungen an. Vectoring, das Ausquetschen der letzten Bits aus dem Kupferkabel ist eine Brückentechnologie, das kann der Markt leisten.
Und es macht keinen Sinn, das Geld den Monopolisten hinterherzuwerfen, damit diese sich herablassen, gnädigerweise die Infrastruktur auszubauen: Wenn öffentliche Mittel in diesen Summen in die Hand genommen werden, dann gehört das Ergebnis, gehört das damit geschaffene Netz, die damit geschaffenen langfristigen Infrastrukturwerte auch in Bürgerhand. Daher bevorzugen wir entsprechende Betreibermodelle. Am besten durch OpenAccess-Modelle, die sich langfristig selbst refinanzieren.
An weitaus besseren Lösungen als den hier bislang diskutierten mangelte es also nicht. Sie sind technisch ausgereift und es gibt genügend überzeugende Referenzmodelle. Sie sind finanzierbar und fürs Gemeinwesen weitaus vorteilhafter als alles, was hier so vorgeschlagen wurde.
Bei Politik geht es um Visionen, und nicht um Verwaltung des Status Quo. Technologie kann unser Leben zum Besseren wenden – wenn man sie denn gestaltet, und nicht nur reagiert. Doch leider verweigert sich die Realpolitik, angesichts der vorgebrachten Kritik steckt man den Kopf in den Sand. Doch noch ist es nicht zu spät, ich hoffe, dass man sich von den besseren Argumenten leiten lässt.
Wir haben für das aktuelle Plenum einen Antrag eingereicht:
Ohne Glasfaser-Strategie verhindert die Landesregierung den Sprung in die Gigabit-Gesellschaft