Mittwoch, 20. Mai 2015
Top 8. Bürger entlasten – Abbau der kalten Progression vorantreiben
Antrag der Fraktion der CDU
Drucksache 16/8638
Unser Redner: Dietmar Schulz
Abstimmung: Enthaltung
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Protokoll der Rede von Dietmar Schulz
Dietmar Schulz (PIRATEN): Vielen Dank. Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen, Zuschauerinnen und Zuschauer im Saal und daheim! Herr Kollege Zimkeit, wenn ich mich auch dafür bedankt habe, dass Sie die Zwischenfrage, die ich eben gestellt habe, beantwortet haben, so ist leider Gottes keine echte Positionierung der SPD dabei herausgekommen. Vor ziemlich genau einem Jahr haben Sie Ihre Position just an diesem Pult viel besser dargestellt, wenn ich mir das einmal als Bemerkung erlauben darf.
Es hat mir persönlich wesentlich besser gefallen, als Sie Folgendes sagten ich darf an dieser Stelle mit Erlaubnis des Präsidenten zitieren :
Aus unserer Sicht braucht ein finanzpolitisches Gesamtkonzept für mehr Steuergerechtigkeit, die angemessen alle Einkommensarten einbezieht, eine Finanzausstattung, die es sowohl Ländern als auch Kommunen ermöglicht, in die Zukunft zu investieren, in Infrastruktur, in Bildung und eine solide Finanzpolitik, die den Schuldenabbau im Blick hält. All das wird von diesem vorliegenden Antrag ausgeblendet. Gemeint war der Antrag der FDP „Bundesregierung soll heimliche Steuererhöhungen umgehend zurücknehmen: Steuerzahler durch Abbau der kalten Progression entlasten Leistungsgerechtigkeit für Beschäftigte mit kleinen und mittleren Einkommen wiederherstellen“. Damals hatten Sie auch gesagt, es sei Wahlkampfgeplänkel. Der CDU werfen Sie das hier und heute vor. Ich weiß gar nicht, wo wir im Moment Wahlkampf haben.
(Josef Hovenjürgen [CDU]: In Köln!)
Aber eines muss man doch ganz klar festhalten: Ihr Parteivorsitzender Sigmar Gabriel hat am 7. Mai 2015 auf Tagesspiegel.de erklärt, er stimme zu; die Forderung der SPD sei erfüllt. Der wirtschaftliche Aufschwung in Deutschland müsse bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ankommen.
Auch in Ihrer Rede vor einem Jahr haben Sie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besonders hervorgehoben und deren Schutz eingefordert. Im Prinzip hatten Sie damals gesagt: Wir brauchen ein Gesamtkonzept. Das liegt nicht vor. Also lehnen wir den Antrag ab. Heute sagen Sie, es liege keine Gegenfinanzierung vor. Diese wird aber durch Ihren Parteivorsitzenden eindeutig bestätigt, und zwar unter Bezugnahme auf die erfreuliche Entwicklung der Steuereinnahmen. Die SPD in Nordrhein-Westfalen scheint sich also mit der Bundes-SPD nicht so ganz grün zu sein. Das hört man ja hin und wieder.
Fakt ist: Ihre Argumentation ist widersprüchlich. Vor einem Jahr haben Sie im Prinzip etwas anderes gesagt als heute. Wir von der Piratenfraktion hingegen sagen Folgendes, und zwar nicht erst letztes Jahr und nicht nur heute, sondern schon 2012, als wir in den Landtag eingezogen sind: Ja, wir brauchen eine steuerliche Gleichbehandlung von Einkommen aus Arbeit und Kapital, wir brauchen ein Ende der steuerlichen Privilegierung von Kapitalerträgen und eine umfassende Steuerreform, die ihren Namen verdient und die das Steuerrecht und die Steuern gerechter und transparenter gestaltet. Alleine das ist zielführend.
(Beifall von den PIRATEN)
Dazu kann auch das hatten Sie, Herr Kollege Zimkeit, damals nicht ausgeschlossen auch eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes gehören. Das scheint jedoch im Bund nicht durchsetzbar zu sein. Da hat sich die SPD von der CDU vereinnahmen lassen. Das wird nicht passieren.
Gleichzeitig forderten Sie im letzten Jahr, genauso wie die Piratenfraktion im Landtag Nordrhein-Westfalen das immer wieder getan hat, eine Neuregelung der Erbschaftsteuer ein. Darüber hinaus soll darüber nachgedacht werden, wie eine Wiedereinsetzung der Vermögensteuer aufgenommen werden kann. Auch das hörten wir von Ihnen im vergangenen Jahr. An dieser Stelle und hier und heute hören wir dazu jedoch nichts. Möglicherweise ist das diese konziliante Haltung gegenüber der Bundes-SPD.
(Stefan Zimkeit [SPD]: Ich wiederhole mich nicht so gerne wie Sie!)
Wenn Sie einmal etwas Gutes gesagt haben, dann darf man das hier auch durchaus einmal erwähnen. Ich frage mich aber, warum Sie von Ihrer Position im letzten Jahr heute mehr oder weniger abgerückt sind. Jedenfalls habe ich davon heute nichts gehört.
Heute, wo Sie in der Bundesregierung fest verankert sind, wäre es natürlich ein Schuss nach hinten, weil Sie heute im Bund in der Position sind, eine entsprechende Steuerreform, ein gesamtsteuerliches Konzept neu aufzulegen. Hierzu sehen wir jedoch keine Initiative seitens der Landes-SPD und von Bündnis 90/Die Grünen. Gerade eine Große Koalition sollte doch die politische Macht haben, eine umfassende Steuerreform anzugehen.
Wenn Sie mit Blick auf die Schließung immer noch umfangreicher Steuerschlupflöcher von Gegenfinanzierung sprechen, dann brauchen wir hierfür nur ins Land Nordrhein-Westfalen zu schauen. Das reicht doch völlig aus. Darüber hinaus sollte eine Verhinderung aggressiver Steuervermeidungsmodelle angegangen werden. Der Finanzminister beteuert ja immer wieder, er sei dabei und alles werde getan.
Die SPD hat dazu selber einen Antrag gestellt, Drucksache 16/4465, wonach durch die Eliminierung von Steuervermeidungsmodellen pro Jahr im Bund 160 Milliarden € generiert werden könnten. Heruntergebrochen auf NRW würde das bedeuten: Wir bräuchten uns über die kalte Progression nicht mehr zu unterhalten, sondern dann könnten wir tatsächlich über Steuersenkungen sprechen. Aber auch das ist natürlich Käse Käse insofern, als es hier gar nicht um die kalte Progression geht. Hier das muss ich leider Gottes CDU und FDP vorhalten geht es ein wenig um Schaufensterpolitik, auch um Symbolpolitik.
(Ralf Witzel [FDP]: Nein!)
Herr Kollege Witzel, Sie haben eben selber vorgetragen, dass die Beseitigung der kalten Progression gerade im Bereich der mittleren und kleinen Einkommen praktisch nichts bringe.
(Ralf Witzel [FDP]: Weil nur halbherzig!)
Halbherzig, wie auch immer! 17 € pro Jahr mehr in der Tasche macht 1,40 € pro Monat. Ich glaube, das können wir vergessen.
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Ihre Redezeit, Herr Kollege.
Dietmar Schulz (PIRATEN): Danke, Herr Präsident. Ich komme zum Schluss.
Fakt ist: Die Piratenfraktion fordert ein finanzpolitisches Gesamtkonzept. Diese Forderung wäre auf die Bundesebene zu tragen. Im Übrigen empfehle ich aufgrund des zuletzt genannten Arguments der Symbolpolitik meiner Fraktion, die Anträge sowohl von CDU als auch von FDP abzulehnen. Vielen herzlichen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)
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