Donnerstag, 30. April 2015
Top 1. Polizeiausbildung verbessern: Schwerpunktstudiengänge „Kriminalpolizei“ und „Schutzpolizei“ einführen
Antrag der Fraktion der CDU
Drucksache 16/8124
(Reden: Block II)
Unser Redner: Dirk Schatz
Abstimmungsempfehlung: Zustimmung zur Ausschussüberweisung
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Protokoll der Rede von Dirk Schatz
Dirk Schatz (PIRATEN): Vielen lieben Dank, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich, als ich Ihren Antrag gelesen und dann auf die Tagesordnung geschaut habe, zuerst gefragt: Warum Block II bei diesem Antrag? Da besteht ja kein großer Unterschied zu vielen anderen Anträgen, die auch schon gekommen sind. Dann war es mir aber relativ schnell klar: Block II, 60 Minuten Redezeit für die CDU, TOP 1, allerbeste Sendezeit da können Sie wieder alle Phrasen rausholen, die Sie immer bei solchen Sachen dreschen.
(Heiterkeit von Hans-Willi Körfges [SPD])
Sie können die Zahlen der PKS wahllos in den Raum werfen und in einen völlig falschen Kontext setzen.
Ich finde das gerade bei diesem Thema ehrlich gesagt schade, weil das an sich ein Thema ist, über das man durchaus diskutieren kann. Dieses Thema kann man das ist jetzt nur ein Beispiel vor dem Hintergrund der aus meiner Sicht sehr niedrigen Bewerberzahlen bei der Polizei diskutieren.
Es gibt bestimmt immer viele junge Menschen, die sich sagen: Polizei ja gerne, aber zur Hundertschaft möchte ich nicht. Dass die Arbeit eines Kriminalbeamten in der Wirklichkeit wahrscheinlich doch etwas anders ist als im Fernsehen dargestellt, das wissen sie vermutlich nicht. Das erfahren sie erst später, aber dann haben sie die Ausbildung schon hinter sich.
Vor diesem Hintergrund könnte man zum Beispiel über das Thema diskutieren, aber nicht vor dem Hintergrund, den Sie in Ihrem Antragstext darlegen. Es wurde jetzt schon mehrfach gesagt, aber ich muss es noch einmal betonen: Ist Ihnen eigentlich bewusst, was Sie mit diesem Antrag sagen? Das ist schon eine gewagte These, die ich gerade von der CDU so nicht erwartet hätte. Implizit sagen Sie ja, dass alle Kriminalbeamten, die seit 1995 ausgebildet wurden, aufgrund ihrer schlechten Ausbildung durchweg schlechte Arbeit leisten und dass diese Beamten daher für die niedrige Aufklärungsquote verantwortlich sind.
(Zustimmung von Hans-Willi Körfges [SPD])
Wow!
(Zuruf von der CDU: Das ist doch Quatsch!)
Ich meine, Kritik an der Polizei von der CDU das ist an sich schon mehr als beachtlich. Aber dann gleich so undifferenziert? Da haben Sie sich wohl gedacht: Wenn schon, dann lassen wir es mal richtig krachen! Nicht falsch verstehen: Sie haben schon recht dahin gehend, dass hier über Jahre hinweg etwas falsch läuft. Da gebe ich Ihnen völlig recht.
(Zuruf von der CDU: Aha!)
Und dass insbesondere diese Landesregierung, vor allem dieser Innenminister mit seinen tollen Ideen und Maßnahmen, immer häufiger so richtig tief ins Klo greift, …
(Zuruf von Minister Ralf Jäger)
Selbstverständlich, Herr Minister, ich lasse Sie doch nicht aus. Alle kriegen ihr Lob. Es ist, wie gesagt, so, dass dieser Minister immer wieder so richtig tief ins Klo greift, oft schon wirklich Anschlag Oberarm, mit den Ideen, die er manchmal hat.
Allerdings sehe ich das Ganze trotzdem ein bisschen differenzierter als Sie, liebe CDU. Ich denke nicht, dass die niedrige Aufklärungsquote an einer schlechten Arbeit von schlecht ausgebildeten Kriminalbeamten liegt und dass sich die Kriminalpolizei wie Sie es in Ihrem Antrag schreiben zunehmend entprofessionalisiert.
Ich glaube vielmehr, dass die Polizei als Ganzes, und damit natürlich auch die Kriminalpolizei, unter der zunehmenden Last der Aufgaben immer mehr zusammenbricht, dass immer mehr Arbeit bei immer weniger Personal geleistet werden muss, dass immer mehr Aufgaben hinzukommen und dass die Beamten unter dieser Last immer häufiger krank werden. Kumulativ kommt hinzu, dass wegen der immer größeren Zahl von Langzeiterkrankten letztlich noch weniger Beamte tatsächlich für den Dienst zur Verfügung stehen. Das ist ein Teufelskreis.
Es ist offensichtlich, dass dieser Innenminister für die vielen Personalprobleme bei der Polizei keinerlei Lösungen zu bieten hat.
(Beifall von den PIRATEN)
Er bekommt es einfach nicht auf die Kette, mehr junge Menschen für den Polizeiberuf zu interessieren, damit man bei der Personalauswahl endlich mal wieder von einer Bestenauslese reden kann.
(Zuruf von Minister Ralf Jäger)
Er schafft es nicht, die Krankenstände in den Griff zu bekommen, und er hat Angst, vielleicht auch einmal mutige Maßnahmen zu ergreifen, um die Polizei endlich zu entlasten und ihr auch einmal Aufgaben abzunehmen.
Dabei liegen doch bereits viele gute Vorschläge auf dem Tisch. Die Gewerkschaften machen Vorschläge, die und das muss ich betonen für Polizeigewerkschaften fast schon revolutionär sind. Auch wir haben schon mehrfach Vorschläge gemacht. Aber stattdessen setzt Herr Jäger immer wieder lieber darauf, seine eigene PR nach vorne zu stellen, und missbraucht dafür die ohnehin schon knappen Ressourcen unserer Polizei.
Aber, liebe CDU, das hat nichts damit zu tun, dass die Kriminalbeamten, die seit 1995 ausgebildet wurden, grundsätzlich schlecht arbeiten würden. Ich möchte nicht falsch verstanden werden verbessern kann man ein System sicherlich immer. Auch das System, das wir hier in NRW haben, ist bestimmt nicht die Patentlösung. Da kann man darüber nachdenken, welche Stellschrauben man da drehen kann, keine Frage. Aber es ist doch eben nicht einfach nur schlecht, so wie Sie es hier darstellen. Es hat auch viele positive Seiten.
Ich persönlich, als Betroffener dieser Ausbildung das möchte ich hier einmal herausstellen , empfinde es beispielsweise als positiv, den Gesamtüberblick über die Polizeiarbeit zu haben: wenn man als Beamter des Wach- und Wechseldienstes auch über Wissen der Arbeit der Kriminalpolizei verfügt, wenn man nicht und das überspitze ich jetzt ganz bewusst wie ein Elefant im Porzellanladen durch den Tatort stapft, wenn man weiß, worauf man achten muss, wenn man weiß, wie man den Kollegen der Kriminalpolizei schon im ersten Eingriff einen Großteil ihrer Arbeit abnehmen oder zumindest erleichtern kann.
Die Beamten des Wach- und Wechseldienstes sind in aller Regel immer die Ersten, die an einem Tatort ankommen. In den allermeisten Fällen sind es auch die Einzigen, die den Tatort jemals zu Gesicht bekommen. Denn in den meisten Straftaten des täglichen Dienstes kommt doch kein Kriminalbeamter zum Tatort; das ist doch nicht die Realität.
Dann ist es doch gut, wenn ich weiß, worauf ich zum Beispiel bei der ersten Befragung vor Ort achten muss, welche Fragen ich stelle und welche besser nicht. Meine gute Arbeit vor Ort kann dem Kollegen bei der Kripo unter Umständen ganze Vernehmungen und damit verdammt viel Zeit ersparen.
(Beifall von Andreas Bialas [SPD])
Aber das geht eben nur, wenn ich weiß, was er braucht. Umgekehrt ist das nicht viel anders.
Am Ende ist die Entscheidung für das System, nach welchem man ausbildet, vermutlich eine Glaubensfrage. Die Länder, die Sie in Ihrem Antrag aufgezählt haben, haben sich für einen anderen Weg entschieden. Wir haben uns in NRW für diesen Weg entschieden. Wenn ich einfach einmal all die Vor- und Nachteile, die die unterschiedlichen Systeme letztlich haben, gegeneinander abwäge, komme ich zumindest zum jetzigen Zeitpunkt zu dem Schluss, dass unser System sicherlich nicht perfekt ist und dass es an der einen oder anderen Stelle auch verbesserungswürdig ist keine Frage , dass es letztlich aber vom Grundsatz her nicht geändert werden sollte. Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN Vereinzelt Beifall von der SPD)
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