Dietmar Schulz zur Zukunft der Energiepolitik in NRW

Freitag, 5. Dezember 2014

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Drucksache 16/7468
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E.ON / E.OFF – Aufspaltung des größten deutschen Energiekonzerns und die Folgen für NRW
Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der PIRATEN
Drucksache 16/7469
Mdl Dietmar Schulz/Foto A.KnipschildUnser 2. Redner: Dietmar Schulz
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Mitschnitt der kompletten Debatte

Protokoll der Rede von Dietmar Schulz

Dietmar Schulz (PIRATEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer im Saal und zu Hause! Fast hätte ich gesagt: Willkommen bei der Hauptversammlung der Aktionäre von E.ON! Ich danke für die Bewerbungsreden bzw. Vorstellungsreden hier am Podium in Bezug auf Führungspositionen bei RWE und E.ON. Eines ist offensichtlich verkannt worden: Wir sind nicht auf einer Hauptversammlung, sondern machen hier Politik oder wollen das zumindest tun.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Mit Ihrer Rede kann man sich nirgendwo bewerben, Herr Kollege!)

Der Umbau von E.ON ist hier nicht das einzige Thema. In diesem Haus sind sich viele oder sogar alle wohl darüber einig, dass die Energiewende in irgendeiner Form nun einmal umgesetzt werden muss. Wenn ein Konzern wie E.ON inzwischen vielleicht ein bisschen spät erkannt hat, dass da dringend etwas getan werden muss, ist das zunächst einmal begrüßenswert.

(Vorsitz: Vizepräsident Eckhard Uhlenberg)

Erinnern wir uns aber bitte an den März dieses Jahres. Damals haben die großen Energieversorger, insbesondere RWE und E.ON als Vorreiter, gesagt: Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Rückstellungen für den Rückbau der Atomanlagen sowie die Verwertung und die Lagerung von Rückständen aus der Atomenergiegewinnung nach Möglichkeit sichergestellt werden. Herr Teyssen, der Vorstandsvorsitzende von E.ON, hat sich hingestellt und erklärt: Die Hütte brennt. Wir brauchen eine Stiftung dafür.

Die Politik hat darauf geantwortet: Nein, Leute, das machen wir nicht mit; sorgt ihr einfach dafür, dass ihr eure Rückstellungen sauber haltet; sorgt ihr dafür, dass genau die Kosten, die mit dem Rückbau der Atomanlagen verbunden sind, also die Kosten, die auch als Ewigkeitskosten bekannt sind, getragen werden können. Die Politik ist sich darüber einig, dass diese Kosten und Lasten von denjenigen getragen werden müssen, die sie produziert haben, nämlich den Konzernen wie E.ON und RWE.

Bärbel Höhn hat zu Recht die Befürchtung geäußert, dass hier eine Art Bad Bank geschaffen werden soll. Das ist auch Fakt. Man will eine neue Aktiengesellschaft gründen, in die alle diese schmutzigen Geschäfte hineingezogen werden sollen schmutzig im Sinne von Belastungen der Umwelt sowie Belastungen der Menschen in diesem Land und auf dem ganzen Kontinent , und auch die Frage der Rückstellungen insofern geklärt wissen will, als dass die Rückstellungen ebenfalls in diese neu zu gründende Aktiengesellschaft überführt werden. Das reicht nicht aus.

Auch das Credo von Wirtschaftsprüfern, die behaupten, die Rückstellungen seien ausreichend, macht es nicht besser. Wir haben in diesem Jahr hier schon mehrfach darüber debattiert, ob die Rückstellungen tatsächlich ausreichen. Wie wir alle wissen, sind sich viele Gutachter noch überhaupt nicht darüber klar geworden, ob die derzeit kalkulierten Rückstellungen jemals ausreichen werden. Sie betragen round about 47 Milliarden €. Ob dieser Betrag jemals ausreicht, wissen wir also nicht.

Wenn wir es jetzt zulassen, dass ein Konzern wie E.ON eine Aktiengesellschaft gründet E.ON sagt: es ist alles gut, weil wir diese neue Aktiengesellschaft gründen , heißt das nichts anderes, als dass tatsächlich eine Haftungsverlagerung in diese neue Aktiengesellschaft stattfindet eine Aktiengesellschaft, die von heute auf morgen, wenn es denn sein muss, pleitegehen kann. Dafür werden nicht zuletzt die Berater von E.ON sorgen und das sind Heerscharen, meine Damen und Herren.

Bleiben wir also dabei: Es bedarf hier der weiteren Aufmerksamkeit und der Diskussion über die Fragen der Vergesellschaftung der Folgelasten und Ewigkeitskosten aus der Energiegewinnung der vergangenen Jahrzehnte, an der selbstverständlich die Politik durch Fördermaßnahmen und dergleichen mehr beteiligt war.

Bleiben wir aber auch dabei, dass die Konzerne wie E.ON und RWE daraus unglaublich hohe Gewinne erwirtschaftet haben nicht zuletzt durch die Förderung, die sie seitens der Politik bzw. der Gesellschaft erhalten haben.

Bleiben wir also bitte dabei, dass der Umbau von E.ON immer mit dem besonderen Augenmerk darauf begleitet werden muss, dass es eben nicht zu einer Vergesellschaftung der Folgelasten und Ewigkeitskosten aus der Atomenergie kommt.

(Beifall von den PIRATEN)

Bleiben wir dabei, dass selbstverständlich die Schulden bei E.ON bleiben müssen. Auch das Haftungsrisiko muss bei E.ON bleiben und darf nicht in die neu zu gründende Aktiengesellschaft ausgelagert werden.

Legen wir bitte weiterhin das Augenmerk auf genau diesen Punkt, und wenden wir uns davon ab, alles zu begrüßen, was die Konzerne jetzt tun, und das nur damit zu rechtfertigen, dass Arbeitsplätze erhalten bleiben. Wie wir gerade von Herrn Kollegen Schmeltzer gehört haben, ist die Beschäftigungsgarantie auch nur zeitlich begrenzt. Danach müssen wir einmal weitersehen. Wenn die neue Aktiengesellschaft nämlich plattgemacht wird, gehen auch die Arbeitsplätze unter. Danke.

(Beifall von den PIRATEN)

 

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