Donnerstag, 3. Juli 2014
Top 4. Korruptionsanfälligkeit und Misswirtschaft beenden – Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) in neue Strukturen überführen
Antrag der Fraktion der FDP
Drucksache 16/6126
Unser Redner: Dietmar Schulz
Abstimmungsempfehlung: Zustimmung zur Überweisung
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Protokoll der Rede von Dietmar Schulz
Vizepräsident Daniel Düngel: Vielen Dank, Herr Kollege Mostofizadeh. Für die Piratenfraktion spricht jetzt der Kollege Schulz.
Dietmar Schulz (PIRATEN): Vielen Dank. Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, Zuschauerinnen und Zuschauer im Saal und am Stream! Es geht bei diesem Antrag der FDP-Fraktion um die Frage der Beseitigung von Korruptionsanfälligkeit und Misswirtschaft beim Bau- und Liegenschaftsbetrieb des Landes Nordrhein-Westfalen.
Nun wurde in der bisherigen Debatte zur Überweisung eines Antrages an einen Ausschuss schon wieder heftig mit Sand und Schmutz von allen Seiten in alle Richtungen geworfen. Ich als Mitglied der Piratenfraktion, die wir seit 2012 hier im Landtag sind, kann sagen: Wir jedenfalls waren an all dem Schmutz nicht beteiligt. Alle anderen haben sich im Verlauf der Geschichte des BLB von 2001 bis heute also sicherlich auch während einer rot-grünen Regierungszeit nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Das möchte ich einmal festhalten. So viel zu dem Schmutz, der hier geworfen wird!
Also: Es macht überhaupt keinen Sinn, dass hier die eine Fraktion der anderen Fraktion vorwirft, was sie gut bzw. schlecht gemacht hat, wo die Skandale aufgeploppt sind. Fakt ist und das müssen die Menschen wissen, das kriegen sie ja auch tagtäglich über Zeitungen und Fernsehen mit : Es geht um Skandale des Bau- und Liegenschaftsbetriebs, es geht um Aufsichtsdefizite, es geht um Kontrollverluste bzw. Strukturen innerhalb des BLB, die eine ausreichende, ordnungsgemäße Kontrolle über Finanzen, über 1.300 Grundstücke und 4.250 Immobilien, über zahlreiche Bauvorhaben mit einem Volumen von roundabout 1 Milliarde € pro Jahr nicht gewährleisten. Es geht vor allen Dingen darum, wie man die ganze Sache auf bessere Füße stellen kann.
Dem soll der Antrag der FDP zumindest dienen. Deswegen kann ich der FDP hier beim besten Willen nicht vorwerfen, dass sie sich hier in irgendeiner Form herausstehlen will. Denn selbst wenn sie in den Jahren 2005 bis 2010 an einer Regierung beteiligt war, unter der wohlgemerkt im Rahmen des BLB Bauprojekte oder Ankäufe von Grundstücken und Immobilien stattgefunden haben, wo die betreffenden Umstände sich hinterher als skandalös herausgestellt haben,
(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Völlig unerwartet!)
heißt das nicht, dass es schlecht ist, wenn die FDP sich heute in der Opposition befindet und solche Forderungen stellt.
Und ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, Herr Mostofizadeh: Richtig ist auch, dass wenn Sie schon die Jahre 2005 fortfolgende nehmen zumindest seit 2010 Strukturdefizite, Kontrolldefizite bekannt sind, die bis heute nicht beseitigt sind.
Und so warten wir alle heute immer noch
(Stefan Zimkeit [SPD]: Das wissen Sie doch besser! Sie wissen das doch!)
auf das Eckpunktepapier bezüglich der Neuaufstellung bzw. Erstellung von Kontrollmechanismen innerhalb des BLB, die beispielsweise verhindern helfen sollen, dass Projekte wie zum Beispiel in Bielefeld aus dem Ruder laufen und es nicht zu Rügen hinsichtlich des Leerstandsmanagements seitens des Landesrechnungshofs kommt. Alles Weitere muss man dann mal sehen.
Wir warten, wie gesagt, auf die vom Finanzministerium seit, ich möchte mal sagen, Jahren angekündigten Eckpunkte die, wie wir immer wieder hören, in der Ressortabstimmung sind: für eine bessere Kontrolle innerhalb des BLB und für eine bessere Kontrolle seitens der zuständigen Aufsichtsbehörde, und das ist nun mal das Finanzministerium.
Wenn Sie mich fragen, warten wir schon zu lange darauf; denn jeder verschwendete Euro, den der Landesrechnungshof feststellt, ist definitiv ein Euro zu viel. Jeder Euro, der verschwendet wird, jeder Euro, der in dunkle Kanäle verschwindet, ist ein Euro, der zulasten derjenigen Menschen geht, die die Steuern erwirtschaften; das sind zum Beispiel auch die Zuschauerinnen und Zuschauer hier im Saal, das sind wir alle, das ist die Gesellschaft. Deswegen ist es die Aufgabe des gesamten Landtags Nordrhein-Westfalen, hier für Abhilfe zu sorgen.
(Beifall von Ralf Witzel [FDP])
Insbesondere hat der gemeinsame Antrag zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses bezüglich des BLB und verschiedener damit zusammenhängender Skandale gezeigt, dass zumindest dahin gehend Konsens besteht. Also sollten wir doch bitte außerhalb der Untersuchungsgegenstände zukünftig dafür Sorge tragen, dass ebendieser konsensuale Wille hier zum Ausdruck kommt, dass die Sache vorangeht.
Kommen wir kurz zum Antrag der FDP, den wir noch ausgiebig im Ausschuss beraten werden. Lieber Herr Kollege Witzel, keine Frage: Die Ansätze sind definitiv bekannt. Eine Neuaufstellung oder Neukonzeption des Bau- und Liegenschaftsbetriebes wird allenthalben diskutiert innerhalb der Fraktionen, fraktionsübergreifend, im Land, in der Wirtschaft, überall. Eine solche Erneuerung werden wir brauchen. Ob der Weg, wie Sie ihn hier beschreiben, der richtige ist, darüber werden wir sicherlich noch beraten.
Stichwort „Sofortmaßnahmen“: Möglicherweise brauchen wir auch diese. Wir haben jüngst gehört, dass der BLB nur noch einen Geschäftsführer hat. Es waren einmal zwei, ursprünglich vorgesehen waren sogar drei. Der zweite Geschäftsführer ist seit dem 1. Juli 2014 weg, er steht jetzt wieder in Diensten des Finanzministeriums, ist dorthin zurückgekehrt als Leiter der Abteilung IV.
Als Sofortmaßnahme brauchen wir also definitiv wenn es noch nicht geschehen ist die Ausschreibung dieser Geschäftsführerposition. Wir brauchen ganz dringend die Besetzung dieser Geschäftsführerposition, alleine schon, um das Vier-Augen-Prinzip zu gewährleisten. Und wir brauchen möglicherweise auch eine Besetzung der dritten Geschäftsführerposition im Hinblick darauf, dass ob ich das nun Corporate Government Codex nenne oder ob ich das Eckpunktepapier nenne, wie auch immer Regelwerke hermüssen beim BLB, die die hinreichende Ausübung der Kontrolle ermöglichen.
(Beifall von Ralf Witzel [FDP])
Es bedarf einer Person innerhalb der Geschäftsführung des BLB, die wirklich für nichts anderes zuständig ist, als Steuerungsmechanismen im Auge zu haben und ein Compliance Management zu betreiben. Dieses Compliance Management wird derzeit wohl in irgendeiner Abteilung des BLB durchgeführt, so habe ich es gehört. Sei‘s drum! Aber es scheint eben nicht zu reichen. Es braucht auch eine Steuerung vonseiten der Geschäftsleitung.
Kommen wir zu den Mitarbeitern des BLB, von denen hier schon die Rede war. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, Herr Kollege Zimkeit, ich sehe hier kein Mitarbeiter-Bashing, überhaupt nicht.
(Stefan Zimkeit [SPD]: Reden Sie mal mit denen, wie die das empfinden!)
Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BLB machen ihren Job, und zwar so, wie die Führung des Unternehmens diesen Job vorgibt. Ich sage Ihnen nochmals, wie schon so oft an dieser Stelle und auch anderswo: Der Fisch stinkt immer vom Kopf. Und solange der Fisch stinkt, läuft ein Unternehmen nicht. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden hier ein Stück weit alleine gelassen.
Es bedarf ausreichend qualifizierter Führungspersönlichkeiten innerhalb eines Unternehmens wie auch immer es als Sondervermögen des Landes Nordrhein-Westfalen geführt wird , auch in der Unternehmensleitung des BLB. Hierüber werden wir noch diskutieren, sicherlich nicht letztmalig im Rahmen der Antragsberatungen im Ausschuss.
Auf diese Beratungen und auch auf solche an anderer Stelle freue ich mich. Danke schön. (Beifall von den PIRATEN)
Vizepräsident Daniel Düngel: Vielen Dank, Herr Kollege Schulz. Für die Landesregierung spricht jetzt der Minister Herr Dr. Walter-Borjans.
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