Plenarrede: Dirk Schatz zu Ausbildungsperspektiven bei der Polizei

Donnerstag, 17. Oktober 2013

Top 11. Bewerberinnen und Bewerbern mit mittleren Bildungsabschlüssen wieder eine Ausbildungsperspektive bei der Polizei eröffnen

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 16/4156

Block I

Unser Redner: Dirk Schatz

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Protokoll der Rede von Dirk Schatz:

Vielen Dank. – Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der CDU-Fraktion beinhaltet eine Forderung, die auch die Piratenfraktion fordert und umsetzen möchte. Von daher unterstützen wir diesen Antrag ausdrücklich.

Es wird oft als Argument gegen die Zulassung von Realschülern vorgebracht, dass man das Niveau der Ausbildung nicht herabsenken möchte. So sagt es zum Beispiel auch Herr Plickert, der Vorsitzende der NRW-GdP, der in einem Fernsehinterview im Zusammenhang mit diesem Antrag von Billigpolizei und Absenken des Niveaus sprach.

Ich möchte eins ganz deutlich machen: Ein Abitur alleine macht noch lange keinen guten Polizisten. Zum Polizeiberuf als Ganzes gehört definitiv weitaus mehr als das Erfüllen dieser rein formalen Voraussetzung. Umgekehrt würde natürlich auch nicht jeder ohne Abitur oder Fachabitur automatisch ein schlechter Polizist werden, zumal das der Antrag ja auch gar nicht erreichen will. Er will weder das Niveau senken noch eine Ausbildung zulassen, ohne dass jemand mindestens das Fachabitur haben muss. Im Gegenteil: Er will den Menschen, die den Polizeiberuf ergreifen möchten, dabei helfen, diese formale Voraussetzung zu erfüllen, sodass diese Menschen dann genauso qualifiziert sind wie jeder andere, der diese Voraussetzung jetzt schon erfüllt.

Das ist auch bitter nötig, da das Interesse am Polizeiberuf mindestens stagniert, wenn nicht sogar seit Jahren zurückgeht. Es steigt noch nicht einmal ansatzweise so stark an, wie es bei den derzeitigen und zukünftig geplanten Einstellungszahlen eigentlich vonnöten wäre. Diese Zahlen waren vielleicht bei 480 Einstellungen noch in Ordnung. Aber bei einer Verdreifachung der Einstellungszahlen ist das nicht mehr der Fall. Selbst Ihre Zahlen für die aktuelle Bewerbungsrunde – Herr Lohn hat es gerade erwähnt – lassen einem die Haare zu Berge stehen: Für das Jahr 2014 haben sich gerade einmal 8.400 Personen beworben, und das trotz doppelten Abiturjahrgangs und lustiger Rap-Videos. Es sind noch einmal 200 Bewerber weniger als im Jahr zuvor.

Also selbst bei Ihren Angaben kommen wir über eine Quote von 1:5 nicht hinaus. Hinzu kommt – auch das hat Herr Lohn erwähnt –, dass diese Zahlen noch geschönt sind: Wir haben zum Beispiel die Zahlen aus einer im Jahr 2012 beantworteten Kleinen Anfrage von mir: Von den angeblich einstmals 7.500 Bewerbern haben letztlich nur 4.200 am Auswahltest teilgenommen, weil viele die Bewerbung nicht vollständig hatten, ihre Bewerbung zurückgenommen haben, zu alt waren oder eben keine ausreichende Schulbildung hatten. Und das bei 1.400 Einstellungen im Jahr 2012! Von diesen 4.200 sind übrigens am Ende noch einmal ungefähr 1.000 in der Nachauswahl herausgeflogen, zum Beispiel beim Polizeiarzt.

Das heißt, die waren förmlich gezwungen, fast jeden zweiten Bewerber zu nehmen, also so ziemlich jeden, der zumindest irgendwie gerade noch geeignet war. Das ist keine Bestenauslese mehr, das ist maximal Mittelmaßauslese.

Das Schlimme ist, anscheinend kennen Sie Ihre Zahlen. Denn um den Mangel an geeigneten Bewerbern auszugleichen, senken Sie bereits selbst seit Jahren die Hürden für die Zugangsberechtigung immer weiter ab. Also, im Prinzip genau das, was Sie verhindern wollen, befördern Sie selbst, um zumindest noch ein paar Bewerber im Spiel zu halten und noch ein wenig Auswahl vorzugaukeln.

Ich nenne einmal das Beispiel Sport. Zunächst einmal haben Sie schon vor Jahren damit angefangen, die sportliche Leistungsfähigkeit eines Bewerbers nicht mehr selbst zu überprüfen, sondern die Bewerber den Nachweis durch das Deutsche Sportabzeichen selbst erbringen zu lassen. Die Folge waren immer mehr Beschwerden der Ausbilder über die mangelnde sportliche Leistungsfähigkeit der Auszubildenden. Kein Wunder, wenn man das DSA auch mit Wandern ablegen kann, falls es überhaupt abgelegt wird. Denn es ist auch kein Problem, bei den Bekannten aus Sportvereinen zu fragen, ob man nicht ein Auge zudrücken kann.

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Seit dem 1. Januar dieses Jahres kommt noch erschwerend die Reform des Sportabzeichens hinzu. Vorher gab es in den verschiedenen Altersgruppen nur eine einzige Leistungsstufe, die für das Bestehen des DSA erfüllt werden musste. Jetzt gibt es drei Leistungsstufen getrennt nach Bronze-, Silber- und Gold-Leistungen, wobei die jetzigen Stufen Silber und Gold – ein Zwischending daraus – ungefähr das widerspiegeln, was vor der Reform den Mindestanforderungen entsprach.

Was machen Sie? Natürlich nehmen Sie weder Silber noch Gold. Nein, Sie entscheiden sich für Bronze, den geringsten Anforderungen. Ich habe einmal nachgeschaut. Die Ergebnisse, die jetzt erbracht werden müssen, um bei der Polizei eingestellt zu werden, würden nicht einmal für eine Urkunde bei den Bundesjugendspielen reichen.

Eine ganz wichtige Sache. Damit komme ich zum Schluss. Frau Schäffer hat es auch gerade erwähnt.

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Herr Kollege, würden Sie eine Zwischenfrage des Herrn Kollegen Mostofizadeh zulassen?

Dirk Schatz (PIRATEN): Ja, bitte.

Mehrdad Mostofizadeh*) (GRÜNE): Herr Kollege, Sie haben eben vorgetragen, dass man beim Ablegen des Sportabzeichens im Verein mal ein Auge zudrücken könnte und man insofern suggeriert, dass Leute in die Auswahl hineinrutschen könnten, die dort gar nicht hingehören. Haben Sie Belege dafür, dass das so ist?

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Herr Kollege, bitte.

Dirk Schatz (PIRATEN): Das werden die bestimmt nicht sagen. Glauben Sie nicht, dass es in der Praxis nicht passiert?

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Doch!)

Wenn Sie das glauben, dann halte ich Sie für naiv.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Danke! – Sigrid Beer [GRÜNE]: Das ist ja echt nett!)

Eine ganz wichtige Sache. Damit komme ich zum Schluss. Wie gesagt, Frau Schäffer hat es gerade erwähnt. Der Landesregierung ist es – das ist auch gut so – ein ganz wichtiges Anliegen, mehr Bewerber mit Migrationshintergrund in den Polizeidienst zu bekommen. Das begrüße ich sehr. Aber würde die Landesregierung einmal in ihre eigenen Statistiken schauen, dann würde sie feststellen, dass man die Zahl der potenziellen Bewerber aus dem Bereich des Migrationshintergrunds mit der Einbeziehung der Realschüler nahezu verdoppeln könnte.

Wegen all der eben genannten Gründe bin ich mir sicher, dass dieser Antrag nicht zu einer Absenkung des Niveaus führen wird, sondern ganz im Gegenteil. Er wird zu einer signifikanten Besserung des Leistungsniveaus führen. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Veröffentlicht unter Dirk Schatz, Innenausschuss (A09), Reden

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