Plenarrede: Dietmar Schulz zu Haushaltssanierung in NRW

Freitag, 21. Juni 2013

 

TOP 3. Haushaltssanierung in NRW nicht durch unseriöse Politik der Bundesregierung gefährden

Antrag SPD/ GRÜNE

Block II

Direkte Abstimmung

Unser 1. Redner: Dietmar Schulz

 

 

 

 

Audiomitschnitt der Rede von Dietmar Schulz

Wortprotokoll zur Rede von Dietmar Schulz:

 

Dietmar Schulz (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren Kollegen! Liebe Zuschauer im Saal und zu Hause! Es ist relativ leer. Nun könnte man sagen: Es geht ja auch um Bundestagswahlkampf, es geht weniger um NRW. Da kann man nur sagen: Herzlich willkommen im Wahlkampfendspurt zur Bundestagswahl im Landtag Nordrhein-Westfalen! Keine Frage – alles, was bisher und künftig in Berlin entschieden wurde bzw. wird, hatte und hat Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, auf die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen.

Da wir bisher zu dem eigentlichen Antrag, der uns hier zur Debatte zusammenführt, nur wenig gefunden haben, was dazugehört, möchte ich noch einmal diesen Punkt hervorheben: Es geht um die Anhebung des Kinderfreibetrags. Und in der Tat, würde das so durchgeführt, käme es zu einer Verringerung der Einnahmen aus der Einkommensteuer, wovon die Länder 42,5 %, die Gemeinden 15 % erhalten. Das bedeutet so etwas wie ein Wahlgeschenk der CDU. Es würde dann teilweise aus Gemeinde- und Landesmitteln finanziert, es sei denn, der Bund gleicht dies durch Zahlungen an die Länder aus. Darüber müsste man natürlich noch reden. Würde es dann zu einer Debatte im Bundesrat kommen, könnte man sicherlich Korrektive finden, um das zu regeln.

Damit war eigentlich die Sache bezüglich des Antrags von SPD und Bündnis 90/Die Grünen durch. Der Rest war – wie Herr Witzel sagte – Wahlkampfgetümmel. Wenn ich daran denke, dass der Piratenfraktion vor zwei Tagen noch mit einiger Vehemenz aus verschiedenen Kreisen hier im Hause, sowohl von den Oppositionsparteien, aber auch von den regierungstragenden Fraktionen, Populismus vorgeworfen wurde – dieser Antrag ist dann wahrscheinlich das Meisterstück des Populismus.

(Beifall von den PIRATEN)

Aber sei‘s drum. Entscheidend dürfte doch etwas ganz anderes sein. Alle haben hier vorgetragen, wie toll die Wahlprogramme oder auch Regierungsprogramme sind. Das können wir selbstverständlich auch. Bis zur Sommerpause haben wir noch eine Plenarsitzung. Ich möchte nicht wissen, was dann alles auf den Tisch kommt.

Aber hier und heute kommt auf den Tisch, was die Piraten innerhalb der Wirtschafts- und Finanzpolitik als Leitbild sehen im Rahmen einer Ordnung, die sowohl freiheitlich als auch gerecht als auch nachhaltig zu gestalten ist. Das sind die Zukunftsaufgaben, die sich in unserer Gesellschaft heute stellen. Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit sind universelle Grundwerte, und die wollen wir über den nationalen Rahmen hinaus bearbeiten, ausdehnen, vor allem innerhalb der Bundesrepublik Deutschland das Verständnis dafür schärfen.

Freiheitlich ist dabei eine Gesellschaftsordnung, in der die individuelle Entfaltung des Menschen im Mittelpunkt steht. Sie wird durch das Gemeinwohl sowohl gestärkt als auch beschränkt. Deshalb sind Freiheit und Verantwortung untrennbar miteinander verbunden.

Gerecht bedeutet, dass die Rahmenbedingungen in Wirtschaft und Gesellschaft so gestaltet sind, dass sowohl eine Teilhabe als auch ein angemessenes Leben grundsätzlich gewährleistet werden. All das sind Aspekte, die auch hier über die Fragen der Besteuerung von Einkommen, Vermögen und sonstigen Dingen eine Rolle spielen. Auch dazu wird man natürlich dann Wege finden müssen, wie all das unter einen Hut zu bringen ist.

Nachhaltig ist ein auf Dauer angelegter verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen und mit der Umwelt. Die Haushalts- und Subventionspolitik sowie das Finanzsystem müssen den Menschen und der Realwirtschaft langfristig dienen. Auch da stellen Einnahmen des Staates wesentliche Faktoren dar, die dann dazu führen, dass diese Punkte Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit in gewisser Weise auf unterschiedlichen Einkommens- und Vermögensebenen reguliert werden, aber nicht überreguliert werden.Wir dürfen nicht vergessen: Regierungsprogramme sind zum Regieren da, Oppositionsprogramme bilden das Korrektiv. Wir haben im Moment zumindest die Situation, dass wir im Bundesrat eine anders gefärbte Mehrheit haben als im Bundestag. Man mag sagen, was man will. Wenn ich mir die Umfragewerte anhöre, gehe ich fast davon aus, dass das nach dem 22. September zunächst so bleiben wird.

(Beifall von der FDP)

– Gut, da kann man applaudieren. Ich weiß das nicht. Ich beziehe mich auf Umfragewerte, und wenn wir danach gehen, müssen wir schauen, wie sich das ändert. Das kann morgen schon wieder anders sein.

Für uns Piraten gilt bei allem folgende Maxime: Wirtschaftspolitik der Piratenpartei basiert auf einem humanistischen Menschenbild und ist bestimmt von Freiheit, Transparenz und gerechter Teilhabe. Auf diesem Fundament stehen unsere Konzepte für eine freiheitliche und soziale Wirtschaftsordnung, deren Ziel die selbstbestimmte Entfaltung und das Wohlergehen aller Menschen ist. Genau diesen Konsens erwarte ich nicht nur in diesem Hause, den erwarte ich natürlich auch im Bundestag, und den erwartet die Piratenfraktion auch in der Zukunft über diese Gremien hinaus.

An dieser Stelle möchte ich schlicht und ergreifend enden und wünsche allen noch einen wunderbaren Wahlkampf. – Danke schön.

(Beifall von den PIRATEN)

Veröffentlicht unter Dietmar Schulz, Haushalts- und Finanzausschuss (A07), Reden

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