Mittwoch, 15. Mai 2013
TOP 13. Verantwortung übernehmen heißt: Verfassungsschutz reformieren statt abschaffen – Einsatz von V-Leuten rechtsstaatlich ausgestalten statt verbieten
Dirk Schatz (PIRATEN): Noch einmal sehr großen Dank, Frau Präsidentin. – Ich kann es bei diesem Antrag eigentlich recht kurz machen, Herr Orth, und vorwegnehmen, dass die Piratenfraktion diesem Antrag in direkter Abstimmung definitiv nicht zustimmen wird. Logischerweise kann ich Ihnen auch sagen warum: Alle Vorredner und Sie selber auch haben gesagt, dass das Instrument der V-Leute umstritten ist. Sie versuchen, hier und jetzt in direkter Abstimmung mit Ihrem Antrag Fakten zu schaffen und das Instrument eben nicht mehr umstritten zu machen. Sie versuchen, Fakten zu schaffen, die Sie so gar nicht schaffen können, weil Sie gar nicht genau wissen, wie es tatsächlich ist. Wenn Sie etwas behaupten und beschließen, wird es nicht automatisch wahr. Sie können ja auch nicht sagen: „Gras ist blau“, nur weil der Landtag das beschließt.
Sie wollen feststellen und beschließen lassen, dass die NSU-Anschläge gezeigt haben, dass der Verfassungsschutz unbedingt notwendig ist. Bei dem Chaos, das dabei allerdings im Zuge der NSU-Affäre passiert ist, kann man durchaus auch ohne Probleme das genaue Gegenteil behaupten. Das wäre auch möglich. Von daher halte ich es an der Stelle für ganz falsch, Fakten zu schaffen.
Weiterhin wollen Sie beschließen, dass V-Leute ein unverzichtbares Instrument des Verfassungsschutzes sind. Aber genau dort – das ist der Kernpunkt – stimme ich Ihnen ausdrücklich nicht zu. Wenn man sich als Land oder auch als Bund grundsätzlich für einen Verfassungsschutz entscheidet, sind V-Leute allenfalls ein nützliches Instrument, wobei sich dann wiederum die Frage stellt, ob sie insgesamt nicht mehr schaden als nützen.
Aber unverzichtbar in diesem und vor allem im Bereich des Verfassungsschutzes sind sie meiner Meinung nach definitiv nicht.
(Beifall von den PIRATEN)
Der Verfassungsschutz und insbesondere der V-Leute-Einsatz beim Verfassungsschutz stellen alleine schon durch das geheime Vorgehen und die dadurch bedingten massiven Grundrechtseingriffe eine Durchbrechung wichtiger rechtsstaatlicher Regeln dar, und zwar in einem Bereich – ich möchte es ausdrücklich betonen –, in dem im Prinzip noch gar nichts passiert ist, abgesehen davon, dass komische Menschen abstruse Gedanken haben.
Jeder in einem Strafverfahren Beschuldigte hat mehr Rechte als die Menschen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Wir haben es noch gar nicht mit einem strafrechtlich relevanten Handeln zu tun. Nur dann nämlich darf der Verfassungsschutz überhaupt tätig werden.
Aus diesen Gründen kann ich diesem Antrag hier und jetzt in direkter Abstimmung in seiner vorgelegten Form so nicht zustimmen. Sie wollen Fakten schaffen, die, wie Sie selber sagen, umstritten sind. Diese Fakten sind einfach noch nicht geklärt. Die Debatte ist noch nicht beendet. – Ich bedanke mich.
(Beifall von den PIRATEN)
Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Schatz. –
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