Mittwoch, 15. Mai 2013
TOP 4. Keine Erdgasförderung mit der Hydraulic-Fracturing-Methode (Fracking)
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer auf der Tribüne und – ich bin sicher, dass es draußen auch einige Zuschauer gibt, weil dieses Thema so wichtig und interessant ist – im Stream! Am 9. November 2012 haben wir schon den Antrag Drucksache 16/1266 behandelt, in dem es um die Förderung unkonventioneller Gasvorkommen geht. Damals haben wir gesagt:
„Die Förderung unkonventioneller Gasvorkommen muss verboten werden. Es handelt sich um eine Hochrisikotechnologie, deren Folgen nicht kontrollierbar, nicht rückholbar, nicht reparierbar sind. Alle bisher erprobten Techniken sind zu risikoreich für Menschen, Umwelt und Ressourcen. Bei Unfällen gibt es keine Gegenmaßnahmen, die angewendet werden können.“
Wir haben dem damaligen Vorschlag trotz seiner Unzulänglichkeiten zugestimmt. Ich habe damals ausgeführt – mit Erlaubnis des Präsidiums zitiere ich mich einmal selbst –:
„Der Regierungsantrag ist uns ein bisschen zu zaghaft formuliert. Wir wollen ein klares Verbot, wie es andere europäische Länder, wie Frankreich und Bulgarien, gemacht haben, und wie es in einzelnen Bundesstaaten der USA schon gilt. Dennoch ist dieser Regierungsantrag als erster Schritt zustimmungsfähig.“
Ich habe noch eine kleine Ergänzung: Inzwischen sprechen sich schon einzelne Kreise, sogenannte Countys, in den USA gegen Fracking aus und erlassen einen sogenannten Fracking Ban.
Der Antrag Drucksache 16/1266 war also eine erstmalige Positionierung. Wie SPD und Grüne auch in ihrem aktuellen Entschließungsantrag Drucksache 16/2958 richtig benannt haben, sind eine Aktualisierung und eine Verbesserung nötig; denn das Thema ist weiter aktuell.
Mehrere Landesregierungen haben sich über den Bundesrat eingebracht. Es gibt einen Bundesratsbeschluss.
Mehrere Ansätze der Bundesregierung wurden immer wieder überarbeitet, zurückgezogen und neu in die Diskussion gebracht. Die Bundesregierung ist hilflos und wird vor der Bundestagswahl nichts mehr zustande bringen.
Auch die Wirtschaft positioniert sich. Jeder, der Wasser braucht – die Wasserversorger, die Brauereien, die Getränkehersteller –, ist klar gegen Fracking.
Vor anderthalb Wochen fand im hessischen Korbach ein Strategietreffen der deutschen Anti-Fracking-Bewegung statt. Innerhalb dieser Bewegung wird die Meinung vertreten, dass sich drei Parteien klar positioniert haben – die FDP als Fracking-Partei Deutschlands klar dafür, die Linken und die Piraten klar dagegen –, während die anderen Parteien herumeiern. Das ist jedenfalls die Einschätzung der deutschen Anti-Fracking-Bewegung.
Wie kann man jetzt über den Bundesrat weiterkommen? – Ein wesentliches Hindernis für ein Fracking-Verbot ist das Bergrecht. Ein wesentlicher Mangel des am 9. November 2012 im Plenum behandelten Antrags war, dazu nicht ausreichend Stellung zu beziehen.
Abhilfe schaffen wir hier durch unsere Forderung nach einer Abschaffung des Bergrechts, einer Einführung eines Bundesumweltgesetzbuches und einer dreidimensionalen Raumplanung.
Das Bergrecht ist in Deutschland sogenanntes höherwertiges Recht. Andere wesentliche Gesetze nehmen Bezug darauf. Das kann man zum Beispiel in § 19 Wasserhaushaltsgesetz nachlesen. Dadurch werden sonst geltende Regelungen und Rechtsstaatsprinzipien ausgehebelt.
Am 4. Juni 2013 verhandelt das Bundesverfassungsgericht über eine Verfassungsbeschwerde des BUND gegen das Bergrecht. Die EU-Kommission prüft, ob es gegen EU-Recht verstößt. Auch ein reformiertes Bergrecht würde einem Bundesumweltgesetzbuch und einer dreidimensionalen Raumplanung im Wege stehen.
Deshalb ist der Zeitpunkt günstig, diesen Aspekt über den Bundesrat einzubringen. Die nächsten Sitzungen des Bundesrates finden am 7. Juni und am 5. Juli dieses Jahres statt.
Weder der Antrag Drucksache 16/1266 vom 30. Oktober 2012, die erstmalige Positionierung, noch der jetzige Entschließungsantrag von Rot-Grün Drucksache 16/2958 geht ausreichend auf das Bergrecht ein. Im neuen Antrag steht dazu genau gar nichts. Man hat nicht den Eindruck, dass die regierungstragenden Fraktionen im Landtag NRW sich wirklich klar positionieren wollen. Aber nicht verzagen! Wir geben Ihnen jetzt eine günstige Gelegenheit dazu.
Umweltverträglichkeit: Es ist das Bergrecht mit seinen hochmittelalterlichen Wurzeln, seinem feudalistischen, autoritären und obrigkeitsstaatlichen Hinhalten, das eine zeitgemäße, rechtsstaatliche Ordnung im Bereich der Förderung von Bodenschätzen verhindert.
Außerdem ist es eine deutsche Spezialität. Es ist doch auffällig, dass es kaum ein anderes Land in der Welt gibt, das ähnliche Gesetze wie das deutsche Bergrecht hat. Niemand braucht es offensichtlich.
Umweltverträglichkeitsprüfungen, Informationsfreiheit, Bürgerbeteiligung bis hin zu Referenden, Klagerechte auch für Verbände und Eigentumsschutz sind nur einige Stichworte. Das gibt es in der Gesetzgebung schon und wird gleichzeitig ausgeschlossen, sobald man einige Meter unter die Erdoberfläche geht. Formulierungen im Sinne von „sofern bergrechtliche Bestimmungen nicht entgegenstehen“ hebeln die Gesetze aus und machen das Bergrecht zum höherwertigen Recht, das Grundrecht bricht, wie Juristen sagen. Wie zeitgemäß und verfassungskonform ist denn ein Gesetz, das Grundrechte bricht?
Unsere Forderung nach Abschaffung des Bergrechts und Einführung eines Bundesumweltgesetzbuchs mit dreidimensionaler Raumplanung schafft Abhilfe. Kosmetische Änderungen helfen nicht weiter. Wenn man wirklich so weit reformiert, dass die gerade angeführten Kriterien erfüllt werden, ist nichts mehr vom Bergrecht übrig. Dann braucht man dieses Extragesetz nicht mehr. Deshalb ist es besser, jetzt konsequent Nägel mit Köpfen zu machen. Das ist – neben dem Fracking-Verbot – der entscheidende nächste Schritt in unserem Vorschlag. Deshalb bitten wir um Zustimmung. – Danke.
(Anhaltender Beifall von den PIRATEN)
Fracking zerstört unsere Umwelt und vergiftet unser Trinkwasser.
Sauberes Grund- und Trinkwasser ist unbezahlbar!
Energie ist notwendig, aber sauberes Trinkwasser ist unverzichtbar.
Die Gefährdung unserer Lebensgrundlagen, wie sauberes Trinkwasser, durch Fracking, lehnen wir ab.
Der Einsatz von Fracking bei der Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten ist eine Hochrisikotechnologie, deren Folgen nicht kontrollierbar, nicht rückholbar und nicht reparierbar sind.
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung für bergbauliche Vorhaben macht keinen Sinn, weil hiermit ein umweltverträglicher Einsatz von Fracking suggeriert wird, der faktisch nicht vorhanden ist.
Deshalb vorerst Fracking in ganz Deutschland verbieten, solange bis es ohne wassergefährdende Stoffe auskommt und die anderen Risiken ausgeschlossen werden können. Dann kann man wieder drüber reden.
Mit freundlichen Grüßen, Werner Fehlberg