Plenarrede: Dietmar Schulz zu Steueroasen-Problematik

Mittwoch, 15. Mai 2013

 

TOP 3. Nordrhein-Westfalen setzt ein Zeichen gegen Offshore-Finanzplätze – Geschäfte von Landesbeteiligungen und Institutionen in Steueroasen unterlassen

Antrag der Fraktion der FDP
Unser Redner : Dietmar Schulz

Unsere Abstimmungsempfehlung: Zustimmung der Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss

 

Audiomitschnitt der Rede von Dietmar Schulz

Videomitschnitt der Rede von Dietmar Schulz

Das vollständige Plenarprotokoll

Das Wortprotokoll zur Rede von Dietmar Schulz:

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer im Saal und zu Hause! Peer Steinbrück hat die Gesellschaft, um die es hier geht …

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Persönlich gegründet!)

– Nein, Herr Steinbrück hat sie nicht gegründet. Unter seiner Ägide als Finanzminister und als Aufsichtsratsmitglied der ehemaligen WestLB ist das Ding 2004 auf den Cayman Islands gegründet worden. Darum geht es hier unter anderem, aber auch um ehemalige oder bestehende Beteiligungen der früheren WestLB an irgendwelchen Gesellschaften im Ausland, insbesondere in sogenannten Steueroasen.

Lieber Herr Mostofizadeh, machen wir uns nichts vor: Das ist keine Marketingverkaufsveranstaltung für die Portigon. Das muss ich dem, was in Ihrem Entschließungsantrag steht, entgegenhalten, denn darin heißt es sinngemäß auch: Bitte behindert hier nicht in irgendeiner Form den Umbau und den Verkauf der Portigon AG! – Die Portigon ist eine Folge des Umbaus der WestLB beziehungsweise deren Zerschlagung.

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Gerhard Papke)

Hier geht es doch ganz klar um Geschäfte, die die Portigon aktiv betreibt, und zwar auch seit dem Übergang und dem Umbau der WestLB. Darum geht es. Es geht nicht um die Portigon, sondern um die Auslandsbeteiligungen der Portigon, etwa über die WestLB do Brasil – sie steht hier maßgeblich in Rede –, und um das, was der Vorstandsvorsitzende der Portigon AG letzte Woche im Haushalts- und Finanzausschuss dazu ausgeführt hat, nämlich dass diese Beteiligung auf den Cayman Islands verkauft sei. Er sprach von „Signing and Closing“.

Genau da liegt das Problem – das ist das, was auch Kollege Witzel ansprach –: Die Risiken, die mit all diesen Auslandsbeteiligungen, die noch unter dem Dach der Portigon gehalten werden, verbunden sind, spielen eine Rolle.

(Zuruf von Minister Dr. Norbert Walter-Borjans)

– Doch, Herr Finanzminister, es ist so. Die betreffen all die Menschen, die zum Beispiel hier im Saal oder zu Hause vor den Bildschirmen sitzen – wie auch immer. Das betrifft den Steuerzahler.

Es geht um die Risiken, wenn festgestellt werden muss, dass zwischen Signing und Closing noch eine ganze Menge passieren kann und dass Closing im internationalen Mergers & Acquisitions-Geschäft etwas ganz anderes bedeutet als das, was etwa Herr Körfges noch letzte Woche im Haushalts- und Finanzausschuss erläutert hat. Er hat sich dabei auf das deutsche Abstraktionsprinzip bezogen.

Es ist nämlich nicht so, dass zum Beispiel der Verkauf der Finanzgesellschaft auf den Cayman Islands lediglich noch von der Genehmigung der brasilianischen Behörden abhängig sei. Das wäre nur ein Bestandteil der weiter gehenden Due Diligence, die zwischen Signing und Closing stattfindet. Es kann nämlich durchaus sein, dass dann, wenn die Genehmigung der brasilianischen Behörden erteilt ist, erst einmal die weitergehende Due Diligence, nämlich die Post Completion Due Diligence, stattfindet, durch die mögliche Risiken erst entdeckt werden, die zu einer Kaufpreisverringerung oder eventuell sogar zu einer Rückgängigmachung des Geschäfts führen.

Abgesehen davon hat die Portigon AG für diese Tochter auf den Cayman Islands per 31.12. letzten Jahres für Geschäfte – offenbar Risikogeschäfte dieser Gesellschaft auf den Cayman Islands – eine Patronatserklärung abgegeben. Wenn das also alles so risikofrei wäre, müsste man fragen, warum das so ist. Herr Voigtländer von der Portigon AG hat gesagt, das sei nun einmal üblich. – Das mag durchaus sein.

Auch üblich ist es vielleicht, dass das Land Nordrhein-Westfalen im Zuge des Umbaus der WestLB erhebliche Haftungsrisiken hat eingehen müssen: mit der Eckpunktevereinbarung, aus der heraus wir im letzten Jahr 1 Milliarde € Zuschuss beschlossen haben. Dabei wissen wir nicht, was demnächst noch aus dieser ganzen Geschichte auf uns zukommt.

Eines steht fest – das ist dem Finanzminister und dementsprechend auch der Landesregierung nicht vorzuwerfen –: Er ist durchaus bemüht, hier dafür Sorge zu tragen, dass bestimmte Steueroasen geschlossen werden. Dazu hat er sich letztendlich, nicht zuletzt letzte Woche in Brüssel, deutlich erklärt: im Zusammenhang mit einem Bericht und mit Bestrebungen der OECD dahin gehend, dass solche Steueroasen entweder dicht gemacht werden oder dass entsprechende Besteuerungsabkommen geschlossen werden. Das sehe ich auf der anderen Seite in den letzten Jahren auch aufseiten der Bundesregierung. – Das muss hier aber nicht diskutiert werden.

Entscheidend ist: Es ist hier Handeln angesagt, und dieses Handeln sehe ich hier nicht finalisiert, auch nicht mit den wirklich sehr geschliffenen Ausführungen des Vorstandsvorsitzenden der Portigon AG. Hier ist einiges im Unklaren.

Wie es der Entschließungsantrag der SPD ausführt, soll das ja entweder in diesem Hause bzw. in dem Untersuchungsausschuss aufgeklärt werden. Genau das ist der Punkt. Glauben Sie nur nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, dass wir hier nichts sagen dürfen, damit irgendwelche Geschäfte der Portigon AG Gefahr laufen, nicht abgeschlossen oder nicht durchgeführt werden zu können. Glauben Sie denn im Ernst, dass ein Unternehmen, das Aufträge an die Portigon AG erteilt, oder ein Unternehmen oder eine Gruppe, die irgendwann 2016 die Portigon AG kaufen sollen, die Portigon nicht auf Herz und Nieren prüfen? Das sollten Sie wirklich nicht glauben. Jede Aufklärung, die vorher erfolgt, kann der Sache nur dienlich sein. – Deswegen freue ich mich selbstverständlich auf die weiteren Beratungen dazu im Haushalts- und Finanzausschuss.

Bezüglich des Entschließungsantrags der SPD, der sich überwiegend auf Fragen der Portigon selbst bezieht und weniger auf die Unterfrage, die hier zur Debatte steht, nämlich die der Auslandstöchter in Steueroasen, kann ich der Fraktion insofern nur Enthaltung empfehlen. – Danke schön.

(Beifall von den PIRATEN)

 

 

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