Donnerstag, 25. April 2013
TOP 11. Abitur in Nordrhein-Westfalen: Ministerin muss für korrekte Durchführung sorgen
Birgit Rydlewski (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauerinnen und Zuschauer! In Bezug auf den vorliegenden Antrag der CDU-Fraktion sind wir der Meinung, dass selbstverständlich die Ministerin für die korrekte Durchführung aller Vorgänge in ihrem Haus sorgen muss, glauben jedoch auch, dass der im Antrag formulierte Vorschlag der CDU ein Schnellschuss ist und inhaltlich zu kurz greift.
Was ist passiert? Wir haben gehört, dass es zwei Fälle gegeben hat, einmal den Fall der Sozialwissenschaftsklausur, wo der falsche Schwerpunkt bereitgestellt worden ist; der Schwerpunkt „Wirtschaft“ fehlte. Nach Angaben des Ministeriums wurde am Dienstag um 12 Uhr der Download zur Verfügung gestellt, um 12:55 Uhr sei der Fehler behoben worden.
Der Presse kann man weiterhin entnehmen, dass das Ministerium bestätigt habe – ich zitiere aus dem Artikel von „Der Westen“ –, dass „an die betroffenen Schulen keine Rundmail geschrieben, sondern den Mitarbeitern der Info-Hotline dieser Hinweis gegeben“ wurde. Mit anderen Worten: Die betroffenen Schulen scheinen, obwohl möglicherweise bekannt, nicht aktiv auf den Fehler hingewiesen worden zu sein.
Im zweiten Fall, im Fall der Mathematikaufgaben, beklagen zahlreiche Schülerinnen und Schüler, die entsprechenden Aufgaben seien zu schwierig oder unverständlich gewesen. Bei Facebook traten binnen zwei Tagen mehr als 7.000 junge Menschen einer entsprechenden Protestgruppe bei, und eine Online-Petition ans Ministerium fand bereits mehr als 5.000 Unterstützerinnen.
Am Dienstag haben mehrere hundert Schülerinnen und Schüler vor dem Ministerium protestiert. Man muss bedenken, das machen diese Schülerinnen und Schüler während der laufenden Abiturprüfungen. Das heißt, für die Schülerinnen und Schüler „brennt“ es. Jugendliche sind heute sehr ehrgeizig, und gerade im doppelten Abiturjahrgang verstehe ich die Angst vor der Konkurrenzsituation um Studien- und Ausbildungsplätze. So viel zum Sachverhalt.
Was nun? Unser allererstes Interesse gilt natürlich in beiden Fällen der Zukunft der betroffenen Schülerinnen und Schüler. Im ersten Fall, der falschen Aufgaben im Bereich „Sozialwissenschaft und Wirtschaft“, dürfen die betroffenen Schülerinnen und Schüler die Klausur nachschreiben. Das ist dann zwar eine Mehrbelastung für die Schülerinnen und Schüler, aber eine schnelle und unbürokratische Lösung, bei der die Interessen der Schülerinnen und Schüler gewahrt werden und die wir deshalb gutheißen.
(Beifall von den PIRATEN)
In Bezug auf den Schwierigkeitsgrad der diesjährigen Grundkurs-Matheklausur ist eine Beurteilung der Situation deutlich schwieriger. Nicht alle Schülerinnen und Schüler haben die Aufgaben als unlösbar empfunden. Es waren sogar vereinzelte Stimmen zu hören, die Klausur sei leichter als im Vorjahr gewesen. In den Online-Protestforen allerdings tun sich diese Stimmen eher schwer oder werden freundlich gebeten, ihre anderslautende Meinung doch bitte nicht vorzutragen. Der Gesamteindruck in den Online-Foren ist also eher negativ. Doch selbst, wenn die Klausur schwerer als im Jahr zuvor gewesen sein sollte, ist eine gewisse Schwankungsbreite im Schwierigkeitsgrad grundsätzlich wohl nicht zu vermeiden.
Mein Mathe-Leistungskurs ist sehr lange her. Ich maße mir deshalb nicht an, den Schwierigkeitsgrad beurteilen zu können. Das würde mir auch nicht gelingen. Denn wir haben gehört, es gibt das Problem, dass die Aufgaben überhaupt noch nicht veröffentlicht worden sind. Von Klarheit und Transparenz zu sprechen, finde ich an dieser Stelle übertrieben.
(Beifall von den PIRATEN)
Insofern ist eine Überprüfung des Kurzberichts, der gestern vom Schulministerium veröffentlicht wurde, daher für mich nicht möglich. Der Öffentlichkeit wird es ähnlich gehen. Das empfinde ich als frustrierend.
Die Frage ist auch: Würde eine Kommission, die zuvor die Aufgaben als angemessen ausgewählt hat, jetzt sagen, dass sie doch nicht angemessen sind? Es ist zu prüfen, ob nicht für solche Fälle bei Streitfragen oder Unstimmigkeiten eine unabhängige Kommission eingesetzt werden muss.
(Beifall von den PIRATEN)
Was nun den konkreten Antrag der CDU angeht, so stellt sich aus unserer Sicht die Frage, ob das ganze Problem nicht auch mit einem größeren Mitarbeiterstab passiert wäre.
Wir plädieren deshalb dafür, dass das Ministerium die gemachten Fehler zum Anlass nimmt, das Verfahren grundsätzlich auf denkbare Fehler zu prüfen. So dürfte es technisch möglich sein, festzuhalten, welche Schule welche Abiturklausuren heruntergeladen hat. Auf diese Weise könnten entsprechend im Falle der fehlerhaften Bereitstellung einer Klausur ganz gezielt die Schulen angesprochen werden, die von diesem Fehler betroffen sind.
Es ist weiterhin zu prüfen, ob die Expertise der Fachlehrerinnen nicht früher genutzt werden kann als Kontrollmechanismus. Dafür müssten den Kolleginnen und Kollegen die Prüfungen früh genug vorliegen. Als Lehrerin kann ich mich daran erinnern, dass ich die Prüfungsklausuren erst 30 Minuten vor der Prüfung gesehen habe. Wenn ich dann feststelle, dass zum Beispiel eine falsche Aufgabe heruntergeladen wurde, habe ich keinerlei Chance mehr, das zu korrigieren.
Beide Anregungen würden einen ebenso einfachen wie effektiven zusätzlichen Kontroll- und Korrekturmechanismus schaffen, der im zweitgenannten Fall sogar völlig kostenlos umsetzbar ist.
Wir würden uns deshalb freuen, wenn alle Beteiligten gemeinsam diese oder andere konstruktive Lösungen erarbeiten, zum Beispiel im Schulausschuss. Aus diesem Grund stimmen wir natürlich einer Überweisung zu. – Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)
Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Frau Kollegin Rydlewski. – Für die Landesregierung hat nun Frau Ministerin Löhrmann das Wort.
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