I. Sachverhalt
Im August 2015, den darauffolgenden Monaten sowie insbesondere im Februar 2016 wurden zahlreiche Krankenhäuser in NRW Opfer einer breit gestreuten Attacke durch Schadsoftware. Die IT-Infrastruktur der Krankenhäuser hielt diesen kriminellen Angriffen nicht stand und das Lukaskrankenhaus in Neuss musste sich beispielsweise von der Versorgung abmelden und geplante Operationen verschieben. Bereits am 23. Februar 2016 thematisierte die Piratenfraktion mit ihrem Antrag „Die IT-Infrastruktur der Krankenhäuser in NRW muss sicher sein – die Gesundheit der Patientinnen und Patienten darf nicht zum Spielball von Kriminellen im Netz werden“ (Drucksache 16/11216) dieses Problem. Am 01. Juni 2016 wurde darüber hinaus eine öffentliche Anhörung mit zahlreichen ausgewiesenen IT-Sicherheits- und Krankenhausexperten durchgeführt. Die einhellige Meinung der anwesenden Fachleute deckt sich mit der Einschätzung der Piratenfraktion: Die Landesregierung stellt zu wenig Mittel für notwendige Investitionen im IT-Sicherheitsbereich zur Verfügung.
Die seit Jahrzehnten stagnierende Investitionskostenförderung der Landesregierung hat über die erwähnten Einzelbeispiele hinaus gravierende direkte und indirekte Folgen:
Als direkte Folge der mangelnden Investitionskostenförderung wird zunehmend eine unsichere IT-Infrastruktur im Gesundheitswesen festgestellt, wie auch die öffentliche Expertenanhörung am 01. Juni 2016 zum Antrag der Piratenfraktion (Drucksache 16/11216) bestätigte. Hier beschrieben die Fachleute ausführlich, dass insbesondere die Krankenhaus IT ein hochinvestiver Bereich ist: Strukturen für Medikationspläne müssen geschaffen werden, Programme und Sicherheitsupdates müssen tagesaktuell sein. Es muss dauerhaft investiert werden, sonst drohen alarmierende Sicherheitslücken. Die Krankenhausgesellschaft fasst den aktuellen Stand wie folgt zusammen: „Die Investitionsmittel, die im Moment vorhanden sind, reichen nicht für die Herausforderungen, die im Rahmen der Digitalisierung auf die Krankenhäuser zukommen“ (vgl. APr 16/1219, Seite 14).
Indirekt hat die seit Jahren anhaltende mangelnde Investitionskostenfinanzierung durch die Länder auch auf die Pflege am Bett verheerende Auswirkungen. So stehen viele Krankenhausverantwortliche zusätzlich unter Druck, die Investitionskosten mit Geldern zu kompensieren, die eigentlich für das Pflegepersonal eingesetzt werden sollten. In der Anhörung am 25. Mai 2016 zum Antrag der Piratenfraktion „Mehr Pflegepersonal für eine menschliche Versorgung und Patientensicherheit“ (16/9586) erläuterte die Krankenhausgesellschaft, dass die Mittel für die Pflege am Bett zwar nicht für Investitionen zweckentfremdet würden. Aber in der Güterabwägung der Krankenhausmanager würde es immer wieder vorkommen, dass Mittel, die für die Pflege benötigt werden, zur Realisierung dringendster Bauprojekte aufgewandt werden (vgl. APr 16/1298, Seite 11 und 25).
Um den Investitionskostenstau im Bereich der Modernisierung und Harmonisierung der digitalen Infrastruktur sowie des Datenschutzes zu entschärfen, ist die Investitionskostenförderung deshalb um 600 Millionen Euro anzuheben. Damit soll auch der gängigen Praxis entgegengewirkt werden, dass Teile der Fallpauschalen, die eigentlich für die Patientenversorgung und damit für die Finanzierung des Personals vorgesehen sind, für die Finanzierung von Investitionskosten verwendet werden.
In der Anhörung am 01. Juni 2016 zum Antrag der Piratenfraktion (Drucksache 16/11216) wurde ausführlich dargestellt, welche Maßnahmen zur Verbesserung der digitalen Infrastruktur mit den 600 Millionen Euro ergriffen werden können. Die Einführung eines flächendeckenden Datenschutzmanagementsystems kostet durchschnittlich circa 100.000 Euro pro Krankenhaus; für alle Krankenhäuser ergibt sich eine Summe von 36 Millionen Euro. Personalschulungen kosten etwa 200 Euro pro Beschäftigter. Bei circa 247.000 Beschäftigten in den Krankenhäusern in NRW ist mit circa 50 Millionen Euro zu rechnen. Die Hardware wird mit 1,5 Millionen Euro durchschnittlich pro Krankenhaus angesetzt. Insgesamt benötigt NRW also eine Summe von circa 600 Millionen Euro (vgl. APr 16/1319, Seite 28).
II. Der Landtag stellt fest
- Die Landesregierung ist für die Investitionskostenförderung und damit unmittelbar für die IT-Infrastruktur der Krankenhäuser in Nordrhein-Westfalen zuständig.
- Die seit Jahren stagnierende Investitionskostenförderung der Landesregierung kann für die Gesundheit der Patientinnen und Patienten zu verheerenden Folgen führen.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf
- Die Investitionskostenförderung für die digitale Infrastruktur der Krankenhäuser um 600 Millionen Euro anzuheben.
Und woher sollen die Mittel kommen? Hat die Piratenfraktion auch einen Vorschlag zur Gegenfinanzierung oder – lasst mich raten – ist das Aufgabe der Landesregierung? Soll die doch gucken, wie sie die Mittel aufbringt? Oder – noch einfacher: die Schuldenbremse ist eh für’n Arsch?
Fordern kann man immer viel. Lösungen, wie man seine Forderungen auch realisieren kann, das wäre mal was.