Ehrliche und offene Evaluation kriminalpolitischer Maßnahmen ermöglichen – Kriminalitätsstatistiken reformieren

I. Sachverhalt

Die Polizeiliche Kriminalstatistik (u.a.) dient der Polizei, der Öffentlichkeit und der Politik insbesondere zur Evaluation und kritischen Bewertung von Polizeiarbeit. Gleichzeitig steht die Statistik seit Jahren in der Kritik, anfällig für politische Beeinflussung zu sein.

Die in der öffentlichen Debatte häufig als vermeintlich objektives Messinstrument für Kriminalität genutzte PKS dient nicht selten der Überprüfung der Kriminalitätsentwicklung und somit auch als Erfolgsfaktor für kriminalpolitische bzw. konkrete polizeiliche Maßnahmen. Auch neuere Ansätze in der Polizeiarbeit, wie etwa sogenanntes Predictive Policing oder Predictive Crime basieren auf Informationen und Daten aus der PKS. Allerdings ist das Ergebnis einer Datenanalyse abhängig von der Qualität und Zuverlässigkeit der Datenquelle.

Im Rahmen einer Anhörung des Landtags beschrieben die Sachständigen wissenschaftlicher Forschungseinrichtungen in ihren schriftlichen Stellungnahmen[1] massive Verzerrungen in der PKS, die durch die aktuellen Vorgaben und die polizeiliche Organisationsstruktur begünstigt werden. Eine Messung des (tatsächlichen) Erfolgs einer polizeilichen (bzw. allgemeiner einer kriminalpolitischen) Maßnahme findet nicht statt und kann auch nicht stattfinden. Dies schon deshalb, weil eine Verknüpfung mit anderen Statistiken, wie z.B. der Verurteilungsstatistik nicht möglich ist.

Die aktuelle Struktur der Polizeilichen Kriminalstatistik führt zu zwei Problemen. Zum einen werden die Zahlen, die öffentlichkeitswirksam durch die Innenminister präsentiert werden, in der öffentlichen Diskussion ihrem Kontext entrissen und prägen somit ein falsches Bild in der Öffentlichkeit über Kriminalität und Täterprofile, obwohl die PKS keine Aussagekraft über begangene Straftaten besitzt. So veranlassten die Schwächen der PKS z.B. auch die Bundeszentrale für politische Bildung über die Schwächen der Erfassung der „Ausländerkriminalität“ in der PKS aufzuklären.[2]

Zum anderen kann die PKS in dieser Form auch nicht als Messinstrument für den Erfolg und die Effizienz kriminalpolitischer oder konkreter exekutiver Maßnahmen dienen. Die PKS wird deshalb auch in der Wissenschaft nicht als Erkenntnisquelle für die Organisations- und Haushaltsplanung betrachtet.[3]

Um also eine fundierte Aufgabenkritik an kriminalpolitischen und konkreten exekutiven Maßnahmen vornehmen zu können, muss der Erfolg einer Maßnahme am Gesamtverlauf eines Einzelfalles gemessen werden können. Dafür bedarf es einer neuen Einheitsstatistik, die den Verlauf eines Strafverfahrens von Beginn (Anzeigenerstattung) bis zu seinem Ende (Verurteilung, Einstellung, etc.) und ggf. sogar darüber hinaus (Rückfälligkeit von Tätern, etc.) vollumfänglich und einheitlich erfasst.

II. Der Landtag stellt fest

  1. Die Polizeiliche Kriminalstatistik bedarf einer Reform.
  1. Eine statistische Auswertung zur Bewertung des Erfolgs von Maßnahmen benötigt Informationen zum Gesamtverlauf eines Verfahren bzw. Einzelfalls.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  1. Dem Landtag ein Konzept für die Umsetzung einer Einheitsstatistik vorzulegen.
  2. Sich auf allen Ebenen (auch in der Innenministerkonferenz) dafür einzusetzen, die Vorgaben zur statistischen Erfassung von Kriminalität zu überarbeiten und eine entsprechende Einheitsstatistik zu schaffen.

[1] Drs 16/4352 , Drs. 16/4315.

[2] Vgl. https://www.bpb.de/politik/innenpolitik/innere-sicherheit/76639/auslaenderkriminalitaet?p=all

[3] Stadler, W./Walser, W.: Fehlerquellen der Polizeilichen Kriminalstatistik, in: Liebl, K./Ohlemacher, T.: Empirische Polizeiforschung. Interdisziplinäre Perspektiven in einem sich entwickelnden Forschungsfeld, Herbolzheim 2000, S. 68-89 (80).

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