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21. April 2016, TOP 6, ca. 15.15 Uhr
I. Sachverhalt
Immer wieder wird in den Medien über Handyverbote an Schulen in Nordrhein-Westfalen berichtet. Dort wo keine generellen Handyverbote ausgesprochen werden, gibt es oft sogenannte „Handynutzungsordnungen“ mit restriktiven Charakter: Geräte müssen weggesperrt und dürfen nicht genutzt werden. Dabei ist das Smartphone ein Alltagsgegenstand insbesondere für Menschen unter 18 Jahren. Die zunehmende Diskrepanz in der Wahrnehmung des Smartphones zwischen Schülerinnen und Schülern auf der einen Seite und dem Lehrpersonal auf der anderen erreicht mittlerweile bedenkliche Ausmaße. Dies führt auf beiden Seiten zu grassierendem Unmut.
Die Gründe dafür sind historischer Natur. Während junge Menschen unter 18 Jahren fast vollends mit dieser Technologie aufgewachsen sind und sie komplett in ihren Alltag integriert haben, nehmen die meisten Lehrkörper intelligente Mobiltelefone als potenziell störend im Schulalltag wahr. Heute sind Smartphones pädagogisch noch kaum in den Unterricht integriert – auch weil, auf Seiten der „Institution Schule“ Expertise fehlt, den wahren Mehrwert dieser Technologie für das Lernen zu erkennen.
Jede verfügbare digitale Technologie beinhaltet positives Potenzial, das es zu heben gilt. Dabei sind wir bei Smartphones der jüngsten Generation ungefähr bei der 180-fachen Rechenleistung, die zur ersten Mondlandung benötigt wurde. Digitale Technologien, insbesondere Smartphones, üben auf Jugendliche aufgrund ihres enormen Innovationspotenzials eine hohe Faszination aus: Durch immer kürzere Innovationszyklen werden laufend neue Funktionen, Kommunikationsmuster und soziale Interaktionsmöglichkeiten entdeckt bzw. geschaffen.
Dem entgegen steht die weitverbreitete Auffassung vieler Lehrkörper und Schulkonferenzen in Nordrhein-Westfalen, wonach das Smartphone aus dem Schulalltag verbannt werden sollte.
Natürlich gibt es bei jeder Technologie auch Missbrauchspotenzial, sowohl hinsichtlich der angemessenen Nutzung als auch der Nutzungsdauer. Ein generelles Handyverbot an Schulen wird der Tragweite der Situation allerdings nicht gerecht.
Sowohl Lehrerinnen und Lehrer als auch die Eltern sind aufgerufen, das Smartphone als Alltagsgegenstand in der Lebenswirklichkeit von Jugendlichen zu begreifen. Daher führt nur das Vorleben vernünftiger Normen bei der Nutzung und die differenzierte Sanktion bei Regelverstößen langfristig und vor allem außerhalb der Schulzeit zu einer Verbesserung des Nutzungsverhaltens. Denn ein Handyverbot in der Schule wird erzieherisch das Verhalten am Nachmittag oder am Wochenende kaum verändern.
Handyverbote werden von der Schulkonferenz der jeweiligen Schule beschlossen. In weiterführenden Schulen sind Vertreterinnen und Vertreter der Schülerschaft hier mit einem Drittel Stimmanteil vertreten. Die Eltern und Lehrerinnen und Lehrer stellen jeweils ein weiteres Drittel. Somit hat in der Regel eine Mehrheit der Schulkonferenzen einen weniger positiven Zugang zu dieser digitalen Technologie. Da es sich aus Schülersicht um einen wichtigen Alltagsgegenstand handelt, gilt es hier, besondere Rücksicht zu nehmen.
II. Der Landtag beschließt
Die Landesregierung wird aufgefordert, im ganzen Land dafür zu werben, dass das „generelle“ oder „allgemeine“ Handyverbot keinen sinnvollen Ansatz in der modernen Schulpolitik darstellt. Lehrerinnen und Lehrer sollten ermuntert werden, in die Medienwirklichkeit von Jugendlichen einzutauchen und mit ihnen zusammen über eine reflektierte Nutzung des Smartphones zu diskutieren. Dabei müssen insbesondere Potenziale für den Unterricht erkannt werden und mögliche Gefahren für den einzelnen Schüler und die Gesellschaft thematisiert werden.
Mitschnitt der kompletten Debatte:
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