Donnerstag, 28. Januar 2016, TOP 5, ca. 13.05 Uhr
Mehr Verschlüsselung wagen! Staatliche Hintertüren und Kryptobeschränkungen sind der falsche Weg!
Drucksache 16/10783
Nach niederländischen Vorbild fordern auch wir eine Förderung der Verschlüsselung von Kommunikation im Internet. Die Bürgerrechte, allen voran die Privatsphäre und die Vertraulichkeit der Kommunikation sollen geschützt werden, da beide wichtige Elemente der Demokratie darstellen.
Lukas Lamla, Netz- und Medienpolitischer Sprecher der Piratenfraktion NRW:
Freiheit statt Überwachung – die Privatsphäre freier Bürger in einer Demokratie muss unbedingt geschützt werden. Sie stellt einen zentralen bürgerlichen Wert dar. OpenSource-Projekte, die dies gewährleisten, müssen Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge sein und öffentlich gefördert werden.
Mitschnitt der kompletten Debatte:
Protokoll der Rede von Lukas Lamla:
Lukas Lamla (PIRATEN): Ich will die Kollegen nicht stören. – Ich fange jetzt an. Ich hoffe, ich störe die Kollegen nicht bei ihren Gesprächen und beim Verlassen des Raumes.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! In den letzten 15 Jahren hat sich unsere Gesellschaft stark verändert, und das Internet hat Einzug in fast alle unsere Lebensbereiche gefunden. Grundrechte wie Privatsphäre und Vertraulichkeit der Kommunikation müssen auch jetzt eine konsequente Anwendung finden, um unsere Demokratie zu stärken und zu schützen.
(Beifall von den PIRATEN)
Oftmals jedoch führen mangelndes technisches Verständnis und die Annahme, das Internet sei ein rechtsfreier Raum, wie es die Populisten und Sicherheitsesoteriker verkünden, zu Fehlentscheidungen auf politischer Ebene. Gerade in der heutigen Zeit müssen wir unsere Bürgerrechte stärken und beschützen, um unsere Demokratie zu erhalten. Denn die Feinde der Demokratie sitzen da draußen, und sie lauern.
Für den Schutz unserer Bürgerrechte sorgen im Internet oftmals kleine, unscheinbare Softwarekomponenten und -module. In der Regel sind es Open-Source-Projekte von technischen Enthusiasten, von Weltverbesserern – alles auf ehrenamtlicher Basis. Diese Menschen geben oftmals in ihrer Freizeit alles dafür, um auch weiterhin den Menschen diesen Schutz zu geben. Dabei werden sie selbst sehr verletzlich.
Diese kleinen Open-Source-Bausteine des Internets, die dafür sorgen, dass Sie alle, meine Damen und Herren, zum Beispiel vertrauliche E-Mails verschicken oder einfach nur ein geheimes Passwort irgendwo eingeben, sind es, die das Internet in der Form zusammenhalten, wie wir es heute kennen. Ich bin mir sicher: Sie alle haben heute mindestens einmal unbewusst eine der Funktionen dieser Open-Source-Software benutzt – und sei es, als Sie vorhin einen Blick auf Ihr Smartphone geworfen haben.
Diese kleinen, aber sicherheitsrelevanten Bausteine sind es aber, die die Aufmerksamkeit von Geheimdiensten und den Sicherheitsfanatikern in den Innenministerien auf sich gelenkt haben. Spätestens seit Edward Snowden wissen wir, dass diese Kräfte auf die kleinen Projekte einen großen Druck ausüben, um an zentraler Stelle die Vertraulichkeit der Kommunikation der Menschen zu brechen.
Die politische Forderung nach staatlichen Hintertüren oder Backdoors in Soft- und Hardware geistert immer wieder durch die Fachmedien. Diese Forderung wird unter anderem auch in Deutschland gestellt. Einige dieser kleinen Open-Source-Projekte sind so unter Druck geraten, dass sie schlicht ihre Arbeit eingestellt haben. Oder noch schlimmer: Sie haben dem Druck nachgegeben.
Anfang Januar 2016 hat das niederländische Parlament etwas sehr Bemerkenswertes gemacht. In einem Positionspapier hat man sich nicht nur zu Bürgerrechten bekannt und ihren Stellenwert hervorgehoben, sondern sich im gleichen Atemzug gegen jegliche Art von staatlichen Hintertüren in Hard- und Software ausgesprochen. Man sieht es als existenziell wichtig an, die Vertraulichkeit der Kommunikation gegenüber Dritten zu schützen. Das ist großartig; das ist vorbildlich.
(Beifall von den PIRATEN)
Damit es nicht nur Lippenbekenntnisse sind, hat man diese Position auch noch mit einer Förderung in Höhe von 500.000 € für sicherheitsrelevante Open-Source-Projekte hinterlegt. Ich frage mich an dieser Stelle. Wenn die Niederlande das können, wieso kann das Land NRW das nicht?
Wir sollten uns auf politischer Ebene darüber unterhalten, welche Maßnahmen wir treffen können, um die Grundrechte der Menschen im digitalen Zeitalter effektiv zu schützen.Denn es ist nicht nur damit getan, einfach nach Datenschutz zu schreien und diesen einzufordern, aber dabei die technische Ebene auszulassen. Wenn wir nämlich das tun, laufen wir Gefahr, dass die technischen Entscheidungen und Umsetzungen uns von internationalen Konzernen wie Google und Co. abgenommen werden. Ich möchte nicht, dass diese Großkonzerne meine Bürgerrechte beschützen.
Wir müssen die Förderung von Open-Source-Projekten, ganz besonders denen, die dem Schutz unserer Bürgerrechte dienen, zur öffentlichen Daseinsvorsorge machen. Dieser Antrag könnte ein erster Schritt dazu sein. – Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)
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