Heute (30.10.2014) fand ab 11 Uhr vor dem Amtsgericht Düsseldorf die Verhandlung gegen sechs Klimaaktivisten statt, die vor mehr als einem Jahr die Landesgeschäftsstelle der Grünen besetzt hatten. Ich nahm dort als Zuschauer teil. Die Verfahren wurden nach § 153.2 StPO eingestellt.
Die Klimaschützer wollten mit ihrer Aktion am 30.08.2013 erreichen, dass eine Pressemitteilung mit Kritik an der Klima- und Kohlepolitik der rot-grünen Landesregierung über den grünen Presseverteiler geschickt werde. Das wollten die Grünen nicht, und noch während die Gespräche zur Suche eines Kompromisses liefen, wurde die Polizei gerufen. Es wurde Strafantrag gestellt und die Polizei räumte die Geschäftsstelle.
Die Besetzung verlief die ganze Zeit friedlich und von den ursprünglich 13 Besetzern hatten sieben das Gebäude vor der polizeilichen Räumung bereits verlassen. Gegen die sechs anderen wurden Strafbefehle über jeweils 670 Euro ausgestellt, gegen die sie Einspruch eingelegt hatten, so dass es zur Verhandlung kam.
Etwa 50 Zuschauer waren gekommen, die meisten Klimaaktivisten, aber auch einige Medienvertreter. Neben mir als Pirat waren aus der Politik noch ein Mitglied des sächsischen Landtags (Linkspartei) und Vertreter des NRW-Landesvorstandes der Linken anwesend. Die Angeklagten legten die Gründe für ihre Aktion sachlich und nachvollziehbar dar. Es ging ihnen um Klima- und Umweltschutz und Klimagerechtigkeit und darum, wie wenig von den schönen grünen Wahlversprechen sich tatsächlich in der Landespolitik wiederfindet, vom fortgesetzten Braunkohletagebau und der Inbetriebnahme neuer Braunkohlekraftwerke über die Legalisierung des Schwarzbaus Datteln IV bis hin zum völlig unzureichenden Klimaschutzgesetz. Lauter valide Punkte. Ihre Hoffnungen in die Grünen waren enttäuscht worden.
Die Befragung der Angeklagten durch Richterin und Staatsanwalt und die Antworten ließen für die Zuschauer schon die Hoffnung auf ein mildes Urteil oder sogar eine Einstellung des Verfahrens aufkommen. Die ausgesprochen souverän agierende Amtsrichterin ließ erkennen, dass sie die Motivation der Angeklagten im Rahmen ihrer richterlichen Unabhängigkeit durchaus berücksichtigen könne.
Dann kam die Vernehmung der Strafantragsstellerin Monika Düker. Obwohl die Richterin ihr zweimal goldene Brücken baute und sie auf die Möglichkeit hinwies, den Strafantrag zurück zu ziehen, bestand Frau Düker auf ihrem Strafantrag. So richtig begründen konnte sie das nicht, war es doch bis auf die körperliche Anwesenheit der Aktivisten zu keinen weiteren Vorkommnissen, wie etwa Sachbeschädigungen, gekommen. Alles war völlig friedlich verlaufen. Diese Prinzipienreiterei, das Bestehen auf den Strafantrag, wirkte auf mich mindestens so fossil wie die Braunkohle, für die der Hambacher Forst gefällt werden soll. Konsistente Politik und Verständnis von Aktionsformen sieht anders aus, insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass Grüne früher durchaus an Regelüberschreitungen und friedlichen Aktionen des zivilen Ungehorsams teilnahmen und diese zum Teil sogar heute noch propagieren – jedenfalls wenn sie selbst in der Opposition sind.
Mit einer solchen Aktion muss man ganz anders und viel souveräner umgehen, als die Landes-Grünen es tun. Dass ihnen die Souveränität verloren geht, wenn man sie auf die Diskrepanz zwischen Programmatik und Regierungspolitik hinweist, verwundert allerdings nicht. Auch im Landtag sieht und hört man von der grünen Fraktion nichts, wenn es um Energiepolitik geht. Die machen RWE, SPD und Herr Minister Duin unter sich aus, die Grünen nicken kleinlaut ab. Grüne Energiepolitik gibt es faktisch nicht auf Landesebene, es ist derselbe Souveränitätsverlust.
Die Richterin stellte also das Verfahren ein, was ich unter diesen Umständen die einzig richtige und gerechte Entscheidung finde. Ich beglückwünsche die Klimaaktivisten ausdrücklich und wünsche uns, dass wir die gemeinsamen Ziele noch rechtzeitig erreichen, bevor die Klimakipppunkte unwiderruflich überschritten sind.
Hanns-Jörg Rohwedder MdL
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