Zum kommenden Landesparteitag der Piraten NRW am 30. und 31. August in Kleve stehen zwei Positionspapiere zur Diskussion, die mir persönlich ziemliche Bauchschmerzen bereiten. Leider findet zeitgleich die wichtige “Freiheit statt Angst”-Demonstration in Berlin statt, was mir die Teilnahme unmöglich macht. Die Terminfindung des LPT finde ich überaus unglücklich, ich fürchte, dass für eine Menge Piraten die Entscheidung zwischen Parteitag und Demonstration schwer fällt. Ich möchte daher hier niederlegen, welche Bedenken ich zu den Positionspapieren habe.
Der Beisitzer im NRW-Landesvorstand Daniel “Stahlrabe” Rasokat hat die Positionspapiere PP001 “Positionierung zum Feminismusbegriff” und PP002 “Geschlechtsbezogene Quoten in der Gesellschaft” eingereicht.
Sprechend sind die vom Antragssteller selbst vergebenen Zusammenfassungen der beiden Anträge. Zu PP001 schreibt er “Ablehnung des Feminismusbegriffs” und PP002 fasst er mit “Ablehnung von geschlechtsbezogenen Quoten” zusammen.
Wörtlich heißt es im Antragstext PP001:
Wir, die Mitglieder des Landesverbandes NRW, betrachten die Piratenpartei Deutschland vom Selbstverständnis her nicht als feministische Partei. Die Gleichberechtigung aller Geschlechter ist ein wichtiges Thema in unserer Gesellschaft. Dafür setzen wir uns im Rahmen unseres Grundsatzprogramms ein. Weder in der Gesellschaft noch in der Partei gibt es jedoch eine allgemeingültige, akzeptierte Definition für den Begriff “Feminismus”. Ein explizites Bekenntnis zum Feminismusbegriff lehnen wir deshalb ab.
PP002 formuliert wie folgt:
Der Landesverband NRW möge als Aussage feststellen: In unserem Bemühen um Geschlechtergerechtigkeit sehen wir Quoten als nicht geeignet an, struktureller, gesellschaftlicher Benachteiligung von Frauen entgegenzuwirken.
Ich appelliere an den Landesverband NRW, diese beiden Positionen abzulehnen.
Ich finde es schwierig, im Kampf gegen Diskriminierung und Ausgrenzung von Menschen, in der Arbeit gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit die Benachteiligung von Frauen explizit auszuschließen. Sexismus, die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts, ist eine Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, die wir – wie jede andere Form der Diskriminierung auch – bekämpfen, gegen die wir uns aussprechen und die mit unserem Menschenbild und der Satzung nicht vereinbar ist. Warum man Feminismus als Gegenposition zum Sexismus explizit ausschließen will, sich expressis verbis als nicht-feministisch definieren will, erschließt sich mir nicht. Im Gegenteil, es beschädigt unsere Position, unsere Glaubwürdigkeit in den anderen Gebieten, wo wir beispielsweise gegen Homophobie, Rassismus, Ableismus oder Antisemitismus tätig sind.
Wenn wir an anderer Stelle für Inklusion, für die Abschaffung von Barrieren, für Teilhabe und Partizipation sind, klingt das hohl, wenn wir eine Quotierung von Frauen von vorneherein in allen Fällen als ungeeignet ausschließen. Damit wird die erfolgreiche Arbeit der vielen Menschen im Bereich Inklusion unglaubwürdig gemacht.
Niemand verlangt, dass sich jeder mit Feminismus befasst. Niemand muss seine eigene Sprache ständig und überall geschlechtergerecht formulieren, wenn er das nicht will (ich tue das auch nicht immer). Jedoch sollen es die Menschen innerhalb der Piraten dürfen, die das gerne tun wollen. Wir haben innerhalb der Piratenpartei eine Vielzahl von Themen, an denen verschiedene Menschen mit viel Einsatz ehrenamtlich arbeiten. Soweit es nicht im Widerspruch zu unserem Programm, unserem Menschenbild steht, soll es doch bitte jedem Mensch erlaubt sein, sich da einzusetzen, wo er das möchte.
Ich bitte Euch daher inständig, diese beiden Positionspapiere abzulehnen.
Zum Weiterlesen im Thema empfehle ich Feminismus, Quote und eine Antwort auf einen Blogartikel von Rüdiger Sehls, Ursula Bub-Hielscher, Alexander Thomas und Birgit Rydlewski.