Hanns-Jörg Rohwedder über finanzielle Folgen des Atomausstiegs

Donnerstag, 15. Mai 2014

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Folgen des Atomausstiegs für NRW – NRW braucht Transparenz bei den Zukunftslasten in Milliardenhöhe

Aktuelle Stunde auf Antrag der Fraktion der PIRATEN
Unser 1. Redner: Hanns-Jörg Rohwedder
Audiomitschnitt der Rede von Hanns-Jörg Rohwedder anhören
Videomitschnitt der kompletten Debatte (Redebeitrag von Hanns-Jörg Rohwedder ab ca. 63:55 Min)

 

Protokoll der Rede von  Hanns-Jörg Rohwedder

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Kollege Markert.  Für die Fraktion der Piraten spricht Herr Abgeordneter Rohwedder.

Hanns-Jörg Rohwedder (PIRATEN): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer hier im Saal und draußen im Stream! Erst einmal möchte ich schöne Grüße von unserem energiepolitischen Sprecher an Sie, Herr Brockes, ausrichten. Wenn Sie zum Thema „Energiepolitik“ reden, kann man schon mal rausgehen. Da kommt nichts, bei dem zuzuhören sich lohnt.

(Beifall von den PIRATEN)

Herr Markert von Bündnis 90/Die Grünen hat sich hier hingestellt und uns vorgeworfen, wir würden seit einigen Monaten versuchen, uns an die Antiatomkraftbewegung dranzuhängen. Herr Markert, das ist nicht Ihr Problem. Sie haben mit der Antiatomkraftbewegung nichts zu tun seit Jahren schon nicht mehr.

(Beifall von den PIRATEN)

Sie haben gesagt, Sie hätten in Brokdorf demonstriert. Herr Markert, als 1976 im Herbst in Flensburg Flugblätter mit dem Aufruf verteilt wurden, in Brokdorf zu demonstrieren, war ich darauf als presserechtlich Verantwortlicher erwähnt. Da waren Sie acht Jahre alt. Sie haben damals nirgendwo demonstriert.

(Beifall von den PIRATEN)

Es ist aber sehr schön  genauso schön wie scheinheilig , dass hier alle betonen, dass die Eigentümer der Atomanlagen die Finanzierung der Entsorgung übernehmen sollten. Das Land ist in keiner Weise Eigentümer des Atomkraftwerks, des sozialdemokratischen Staatsreaktors, THTR-300 Hamm-Uentrop. Dennoch hat diese Landesregierung  SPD und Grüne  im Haushalt 2014 eineinhalb Millionen € für dieses Atomkraftwerk eingestellt. Eigentümer sind unter anderem RWE und E.ON. Das zur Glaubwürdigkeit hier. Die Unverfrorenheit von E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall schlägt die Gier und Unverschämtheit der Banken in der Krise um Längen. Genau wie bei der Finanzkrise haben Politik und Konzerne die Entsorgungskrise selbst verschuldet.

(Beifall von den PIRATEN)

Jahrzehntelang wurden Jahr für Jahr mit den Atomkraftwerken Milliarden verdient. Jahrzehntelang flossen die Subventionen für den Atomstrom. Aufsummiert sind das bis heute wie die Stiftung für Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft errechnete  mindestens 177 Milliarden €. Von der gesetzlich vorgeschriebenen sicheren Entsorgung in einem Endlager ist bis heute nichts zu sehen. Man lässt die restlichen Atomkraftwerke dennoch weiterlaufen  genau wie die Urananreicherungsanlage in Gronau und die Atomtransporter auf allen Wegen in Nordrhein-Westfalen.

Endlagerung gibt es bisher nur für abgebrannte Parteistäbe in der Form von „Grußaugust“-Pöstchen in Aufsichtsräten. Und ständig rollt der Rubel in Form von Parteispenden. Auch in NRW wurde so über die Jahre hinweg die politische Landschaft gepflegt. SPD und Grüne im Bund  die Schröder/Fischer-Regierung  garantierten sogar die Laufzeiten bis in die 2020-er und verkauften das als Einstieg in den Ausstieg. Schwarz-Gelb zog dann die Verlängerungsoption  die zwischen den Zeilen  und musste sie nach Fukushima wieder zurücknehmen. Nach wie vor gilt: Die Zukunft gestaltet man am besten mit der Technik der Vergangenheit.

Wir dagegen meinen, dass die Probleme, die altes Denken verursacht hat, nur durch Umdenken gelöst werden können  zum Beispiel durch dieses hässliche kleine Ökostromgewächs, das man übersehen und vergessen hatte zu zertreten. Es war gewachsen und verdrängte mit aller Kraft die großen Kraftwerke. Es setzte sich gegen alle Widerstände durch; denn es bekam seine Energie einfach gratis und im Überfluss von Sonne und Wind. Damit hatte man nicht gerechnet. 25 % grüner Strom im Netz sind das Aus für die nuklearen Gelddruckmaschinen. Nun wird es ernst. Der Rückbau der Atomkraftwerke: viel zu teuer. Das Endlager: gar nicht da und sowieso unbezahlbar. Bis dahin: Zwischenlagerung, die auch Geld kostet, Ewigkeitsschäden, Ewigkeitskosten. Also klagt man auf Schadensersatz auf dem normalen Rechtsweg oder  wie Vattenfall  außerhalb der Rechtsstaatlichkeit via Investorenschutz.

Man zerschießt das EEG und sabotiert die Energiewende. Ab 2017 bekommen die Schrottreaktoren eine gigantische Steuerbefreiung, damit sich ihr Weiterbetrieb lohnt. Dazu mit Erlaubnis des Präsidiums ein Zitat von Jochen Stay von „.ausgestrahlt“ auf der Energiewendedemonstration in Berlin am Sonnabend: „Würden die Atomkraftwerke schneller als geplant abgeschaltet, verringern sich die riesigen Überkapazitäten im deutschen Strommarkt. Damit stabilisiert sich der Börsenpreis und die EEG-Umlage sinkt. Doch die Bundesregierung plant das Gegenteil: …“

Jetzt noch einmal der Bezug zu Nordrhein-Westfalen. Die neue unbefristete Zwischenlagerung  „unbefristete Zwischenlagerung“ ist schon ein Widerspruch in sich  für 60.000 t Uranoxid in Gronau durchgesetzt von Rot-Grün  wird nur einige Jahr reichen. Mehr als 12.500 t warten schon in Pierrelatte in Südfrankreich auf den Transport. Das geht aus der Antwort auf meine Kleine Anfrage Drucksache 16/5732  hervor. Die Thorium- und Uran-Globuli aus Hamm lagern aufgrund von halbjährlich verlängerten Anordnungen ohne Genehmigung in Jülich. Was wird aus der GNS in Duisburg, dem Lager in Ahaus?

Auch auf Landesebene wird alles getan, die Probleme zu verschärfen. Unsere Anträge zum Ausstieg aus der Nukleartechnologie im Zusammenhang mit Stromproduktion in Nordrhein-Westfalen wurden von den vier Pro-Atom-Parteien hier im Landtag abgelehnt. Das alles reicht jetzt immer noch nicht. Es kommt der Vorschlag, die Atomkraftwerke samt Risiken und Kosten für den Ausstieg, für Zwischen- und Endlagerung in eine öffentlichrechtliche Stiftung zu überführen. Das ist absurd. Das Risiko für Rückbau sowie Zwischen- und Endlagerung muss bei den Konzernen bleiben.

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Herr Kollege, Ihre Redezeit.

Hanns-Jörg Rohwedder (PIRATEN): Ein letzter Satz: Und wenn das die Konzerne in die Insolvenz treibt  die übergangsweise nötigen Kraftwerke können mit neuen Eigentümern weiterlaufen. Wer verdient, der haftet. Alles andere wäre Betrug am Volk.

Danke.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Kollege Rohwedder.  Für die Landesregierung spricht Herr Minister Remmel.

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