Donnerstag, 11. Juli 2013
TOP 4. Gewalt gegen Polizeibeamte ist kein Kavaliersdelikt – Mindeststrafe für Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte einführen!
Antrag der Fraktion der CDU
Block I
Unsere Abstimmungsempfehlung: Zustimmung zur Ausschussüberweisung
Unser Redner: Dirk Schatz
Audiomitschnitt der Rede von Dirk Schatz
Wortprotokoll zur Rede von Dirk Schatz:
Dirk Schatz (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer! Liebe CDU-Fraktion! Ja, Sie haben recht, Gewalt gegen Polizeibeamte ist kein Kavaliersdelikt, und zwar in genau demselben Ausmaß wie Gewalt gegen jeden anderen Menschen auch kein Kavaliersdelikt ist.
(Beifall von den PIRATEN)
Schaue ich mir jedoch diesen Antrag und auch Ihre früheren Anträge an, bekomme ich langsam das Gefühl, dass Sie dazu anderer Meinung sind und dass Sie eine Art Sonderstrafrecht für Gewalt gegen Polizeibeamte wollen, weil ein Angriff gegen einen Polizisten Ihrer Meinung nach ein höheres Unrecht darstellt, als wenn derselbe Angriff auf einen „normalen Menschen“ erfolgen würde. Darüber kann man sicherlich diskutieren, auch wenn man im Ergebnis dann anderer Ansicht ist. Aber dann seien Sie wenigstens so ehrlich und sprechen das offen aus.
Ihre Anträge, die Sie bereits im Jahre 2010 stellten, und auch die Reform des § 113, die be-reits 2010 stattgefunden hat, wurden schon angesprochen. Auch ich frage mich, warum Sie das nicht bereits damals geändert haben und warum Sie nicht jetzt Ihre Kollegen im Bund anrufen und darauf drängen, das jetzt zu ändern. Ich vermute, weil sich schon im Rahmen der damaligen Debatte herausgestellt hat, dass eine Erhöhung des Strafrahmens in der Praxis nicht die geringsten nennenswerten Effekte erzielen wird.
Die Täter sind, wie auch schon hier ausgeführt, in aller Regel alkoholisiert. Außerdem ist es dem Straftatbestand des Widerstandes immanent, dass diese Handlungen aufgrund der Si-tuation spontan erfolgen. Diesen Tätern ist es schlichtweg egal, welches Strafmaß sie er-wartet. In solchen Situationen denken sie nicht darüber nach.
Auch dieser Antrag, der wohl auch wieder eine Solidaritätsbekundung sein soll wie schon Ihr Antrag aus dem Jahr 2010, obwohl Sie wissen, dass er in der Praxis nichts ändern wird, zeigt, dass Sie die Thematik in keiner Weise verstanden haben. Ich kann hier aufgrund der Kürze der Zeit leider nicht auf alles eingehen.
Aber zunächst einmal etwas zur Ausgangslage: Sie malen hier ein Bild, als wären Polizisten nur noch Angriffen ausgesetzt. Sie können gar nicht mehr arbeiten, so oft wie sie geschla-gen und getreten werden.
Ja, die Situation ist schlimm. Das stimmt. Keine Frage. Das will ich auch in keiner Weise mindern. Aber der von Ihnen angeführte Bericht zeigt zum einen, dass es im Vergleich von 2011 zu 2012 nur einen leichten Anstieg gegeben hat und keinen massiven, wie Sie es darstellen. Im Vergleich zu 2010 ist die Zahl sogar gefallen. Gleichzeitig gab es 2012 3,1 % weniger Verletzte als noch 2011. Das ist unstreitig immer noch zu viel. Ich denke, darüber besteht Konsens.
Die Frage ist aber: Wie können wir das ändern? – Fakt ist: Eine Annahme Ihres Antrag trü-ge ohne Zweifel nicht dazu bei.
Primär wollen Sie – das geht aus Ihrem Antrag sogar wörtlich hervor – eine Verschärfung des Strafmaßes oder eine härtere Bestrafung der Täter. Zu dem eben Gesagten, dass das alles ohnehin nichts bringt, wie schon festgestellt wurde, möchte ich noch Folgendes ergän-zen:
Sie führen an, dass es im Bereich des § 113 zu wenig und zu milde Urteile gibt. – Aber dafür gibt es Gründe.
Zunächst einmal schützt § 113 nicht die Polizeibeamten als Person. Denn genau dafür exi-stieren andere Straftatbestände, nämlich genau dieselben, die auch jeden anderen Men-schen schützen. In erster Linie schützt § 113 die Vollstreckungshandlung als solche und damit das Gewaltmonopol des Staates. Denn Handlungen, bei denen ausschließlich § 113 greift, sind nur solche leichterer Art, wie zum Beispiel das Festhalten am eigenen Lenkrad, um von Polizeibeamten nicht aus dem Auto gezogen werden zu können, was laut BGH-Rechtsprechung Gewalt im Sinne des § 113 darstellt. Gleiches gilt für das Herauswinden aus einem Haltegriff.
Bei allen anderen schwereren Taten ist ohnehin schon ein höheres Strafmaß vorgesehen, wie zum Beispiel für die Körperverletzungsdelikte nach §§ 223 ff. StGB.
Kumulativ tritt zum ohnehin schon geringeren Unrechtsbewusstsein bei Widerstandshand-lungen auch noch die besondere Vollstreckungssituation hinzu sowie der gegebenenfalls strafmildernde Alkoholisierungsgrad, sodass die Strafobergrenze beim § 113 ohnehin fast nur symbolische Bedeutung hat.
Das ist der Grund, warum die Situation so ist, wie Sie sie in Ihrem Antrag darstellen, und nicht, weil die Richter ein Herz für Straftäter hätten. Das ist nicht der Grund.
Schließlich haben Sie sich offensichtlich überhaupt keine Gedanken darüber gemacht, welche Konsequenzen eine Verschärfung des Strafmaßes, wie Sie es vorschlagen, nach sich ziehen würde. § 223 StGB sieht für die einfache Körperverletzung ein Höchststrafmaß von fünf Jahren vor. Leichte Körperverletzung wird zu Recht höher bestraft als die Widerstands-handlung nach § 113, weil beim Tatbestand der Körperverletzung eine konkrete Verletzung zugrunde gelegt wird. Deshalb wird ein Täter, wenn er einem Polizisten einen Faustschlag verpasst, nach § 223 und gerade nicht nach § 113 bestraft. Leistet er aber „nur“ einen Widerstand, ohne den Polizisten zu verletzen oder die Absicht dazu zu haben, wie zum Beispiel beim eben genannten Festhalten am Lenkrad, dann und nur dann greift § 113 ausschließlich und allein.
Für die einfache Körperverletzung ist aber keine Mindeststrafe vorgesehen. Die Annahme Ihres Änderungsvorschlages hätte zur Folge, dass zum Beispiel das Festhalten am eigenen Lenkrad aufgrund der von Ihnen gewollten sechsmonatigen Mindeststrafe in aller Regel hö-her bestraft werden würde, als würde der Täter jemanden tatsächlich schlagen.
(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)
Das ist ein Widerspruch, den ich nicht verstanden habe. Den können Sie mir vielleicht in ei-ner Ausschussdebatte erklären. – Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege.
(Beifall von den PIRATEN)
Schaue ich mir jedoch diesen Antrag und auch Ihre früheren Anträge an, bekomme ich langsam das Gefühl, dass Sie dazu anderer Meinung sind und dass Sie eine Art Sonderstrafrecht für Gewalt gegen Polizeibeamte wollen, weil ein Angriff gegen einen Polizisten Ihrer Meinung nach ein höheres Unrecht darstellt, als wenn derselbe Angriff auf einen „normalen Menschen“ erfolgen würde. Darüber kann man sicherlich diskutieren, auch wenn man im Ergebnis dann anderer Ansicht ist. Aber dann seien Sie wenigstens so ehrlich und sprechen das offen aus.
Ihre Anträge, die Sie bereits im Jahre 2010 stellten, und auch die Reform des § 113, die be-reits 2010 stattgefunden hat, wurden schon angesprochen. Auch ich frage mich, warum Sie das nicht bereits damals geändert haben und warum Sie nicht jetzt Ihre Kollegen im Bund anrufen und darauf drängen, das jetzt zu ändern. Ich vermute, weil sich schon im Rahmen der damaligen Debatte herausgestellt hat, dass eine Erhöhung des Strafrahmens in der Praxis nicht die geringsten nennenswerten Effekte erzielen wird.
Die Täter sind, wie auch schon hier ausgeführt, in aller Regel alkoholisiert. Außerdem ist es dem Straftatbestand des Widerstandes immanent, dass diese Handlungen aufgrund der Si-tuation spontan erfolgen. Diesen Tätern ist es schlichtweg egal, welches Strafmaß sie er-wartet. In solchen Situationen denken sie nicht darüber nach.
Auch dieser Antrag, der wohl auch wieder eine Solidaritätsbekundung sein soll wie schon Ihr Antrag aus dem Jahr 2010, obwohl Sie wissen, dass er in der Praxis nichts ändern wird, zeigt, dass Sie die Thematik in keiner Weise verstanden haben. Ich kann hier aufgrund der Kürze der Zeit leider nicht auf alles eingehen.
Aber zunächst einmal etwas zur Ausgangslage: Sie malen hier ein Bild, als wären Polizisten nur noch Angriffen ausgesetzt. Sie können gar nicht mehr arbeiten, so oft wie sie geschla-gen und getreten werden.
Ja, die Situation ist schlimm. Das stimmt. Keine Frage. Das will ich auch in keiner Weise mindern. Aber der von Ihnen angeführte Bericht zeigt zum einen, dass es im Vergleich von 2011 zu 2012 nur einen leichten Anstieg gegeben hat und keinen massiven, wie Sie es darstellen. Im Vergleich zu 2010 ist die Zahl sogar gefallen. Gleichzeitig gab es 2012 3,1 % weniger Verletzte als noch 2011. Das ist unstreitig immer noch zu viel. Ich denke, darüber besteht Konsens.
Die Frage ist aber: Wie können wir das ändern? – Fakt ist: Eine Annahme Ihres Antrag trü-ge ohne Zweifel nicht dazu bei.
Primär wollen Sie – das geht aus Ihrem Antrag sogar wörtlich hervor – eine Verschärfung des Strafmaßes oder eine härtere Bestrafung der Täter. Zu dem eben Gesagten, dass das alles ohnehin nichts bringt, wie schon festgestellt wurde, möchte ich noch Folgendes ergän-zen:
Sie führen an, dass es im Bereich des § 113 zu wenig und zu milde Urteile gibt. – Aber dafür gibt es Gründe.
Zunächst einmal schützt § 113 nicht die Polizeibeamten als Person. Denn genau dafür exi-stieren andere Straftatbestände, nämlich genau dieselben, die auch jeden anderen Men-schen schützen. In erster Linie schützt § 113 die Vollstreckungshandlung als solche und damit das Gewaltmonopol des Staates. Denn Handlungen, bei denen ausschließlich § 113 greift, sind nur solche leichterer Art, wie zum Beispiel das Festhalten am eigenen Lenkrad, um von Polizeibeamten nicht aus dem Auto gezogen werden zu können, was laut BGH-Rechtsprechung Gewalt im Sinne des § 113 darstellt. Gleiches gilt für das Herauswinden aus einem Haltegriff.
Bei allen anderen schwereren Taten ist ohnehin schon ein höheres Strafmaß vorgesehen, wie zum Beispiel für die Körperverletzungsdelikte nach §§ 223 ff. StGB.
Kumulativ tritt zum ohnehin schon geringeren Unrechtsbewusstsein bei Widerstandshand-lungen auch noch die besondere Vollstreckungssituation hinzu sowie der gegebenenfalls strafmildernde Alkoholisierungsgrad, sodass die Strafobergrenze beim § 113 ohnehin fast nur symbolische Bedeutung hat.
Das ist der Grund, warum die Situation so ist, wie Sie sie in Ihrem Antrag darstellen, und nicht, weil die Richter ein Herz für Straftäter hätten. Das ist nicht der Grund.
Schließlich haben Sie sich offensichtlich überhaupt keine Gedanken darüber gemacht, welche Konsequenzen eine Verschärfung des Strafmaßes, wie Sie es vorschlagen, nach sich ziehen würde. § 223 StGB sieht für die einfache Körperverletzung ein Höchststrafmaß von fünf Jahren vor. Leichte Körperverletzung wird zu Recht höher bestraft als die Widerstands-handlung nach § 113, weil beim Tatbestand der Körperverletzung eine konkrete Verletzung zugrunde gelegt wird. Deshalb wird ein Täter, wenn er einem Polizisten einen Faustschlag verpasst, nach § 223 und gerade nicht nach § 113 bestraft. Leistet er aber „nur“ einen Widerstand, ohne den Polizisten zu verletzen oder die Absicht dazu zu haben, wie zum Beispiel beim eben genannten Festhalten am Lenkrad, dann und nur dann greift § 113 ausschließlich und allein.
Für die einfache Körperverletzung ist aber keine Mindeststrafe vorgesehen. Die Annahme Ihres Änderungsvorschlages hätte zur Folge, dass zum Beispiel das Festhalten am eigenen Lenkrad aufgrund der von Ihnen gewollten sechsmonatigen Mindeststrafe in aller Regel hö-her bestraft werden würde, als würde der Täter jemanden tatsächlich schlagen.
(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)
Das ist ein Widerspruch, den ich nicht verstanden habe. Den können Sie mir vielleicht in ei-ner Ausschussdebatte erklären. – Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)
Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege.
Schreibe einen Kommentar