Donnerstag, 20. Juni 2013
TOP 12. Gesetz zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes
2. Lesung
Block I
Unsere Abstimmungsempfehlung: Zustimmung
Audiomitschnitt der Rede von Frank Herrmann
Frank Herrmann (PIRATEN): Vielen Dank, Herr Präsident! – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedauere, dass ich ein bisschen mehr Ihrer Zeit in Anspruch werde nehmen müssen.
Eine interessante Argumentation war: Gerade letztens hatten wir hier ein Kommunalwahlgesetz-Änderungsstückwerk, bei dem wir mit unserem Änderungsantrag zum Kommunalwahlgesetz Ihre Reaktionen noch abgewartet haben. Jetzt reden Sie hier von Änderungen „aus einem Guss“. Das ist sehr spannend.
Wir behandeln heute hier nämlich den ersten Gesetzentwurf, den wir, die Fraktion der Piraten, im Juli letzten Jahres hier eingebracht haben. Er ist ausführlich besprochen worden und war auch Gegenstand einer Anhörung. An dieser Stelle möchte ich allerdings nicht mehr ausgiebig auf die einzelnen Argumente in dieser Sache eingehen.
Nachdem nicht mehr nur die Piraten, sondern – in der zeitlichen Reihenfolge – auch die Sachverständigen in der Anhörung, die Oppositionsfraktionen und die Regierungsfraktionen erkannt haben, dass eine Gleichstellung oder zumindest eine vermehrte Angleichung von aktivem und passivem Wahlrecht zu einem demokratischen Mindestrecht gehören, hat nunmehr die Landesregierung einen eigenen Gesetzentwurf gleichen Inhalts vorgestellt – dieses Jahr, wohlgemerkt. Unser Entwurf ist vom letzten Jahr.
Wir Piraten sind auch Pragmatiker; wir sind eben keine reinen Idealisten und schon gar keine Fundamentalisten. Wir werden diesen Entwurf der Landesregierung, so er denn in den nächsten Wochen oder Monaten in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht wird, nicht nur wohlwollend begleiten, sondern wir werden wieder piratig verfahren: Wir werden diesem Vorschlag voraussichtlich zustimmen.
Genau an dieser Stelle unterscheiden wir Piraten uns fundamental von den anderen Fraktionen.
(Beifall von den PIRATEN)
Ich weiß nicht, warum die Fraktionen der CDU und der FDP sowohl unserem Änderungsantrag als auch unserem Ausgangsgesetzentwurf im Ausschuss nicht zustimmen konnten. Er liegt sowohl inhaltlich als auch formal auf ihrer Linie. Sie haben das gerade bestätigt, Herr Abruszat. Dieses Verhalten kann ich mir nur dadurch erklären, dass eine gute Idee der Piraten, die dann auch von den von Ihnen benannten Sachverständigen für gut geheißen wurde, einfach abzulehnen ist. So einfach scheint Politik immer noch für einige zu sein.
Sie hätten sich aber zumindest enthalten können, wenn Sie schon nicht ganz über den eigenen Schatten springen möchten, weil Ihnen ansonsten von dritter Stelle vorgehalten werden könnte: Wie könnt ihr denn mit den Piraten stimmen?
Ähnliches gilt für die Regierungsfraktionen. Da sieht man, dass eine Oppositionsfraktion etwas sinnvoll Umzusetzendes vorschlägt, und weiß nicht so richtig, wie man damit umgehen soll. Einfach wäre es gewesen, wenn man im Laufe des Verfahrens einfach zugestimmt hätte. So einfach wollte man es sich mit diesem Anliegen aber wohl nicht machen. Man hat einfach gewartet, ein ganzes Jahr lang.
Ich habe mich im Mai dieses Jahres bei der Unterrichtung der Landesregierung über ihr neues Gesetz schon gefragt, ob es gesetzgeberische Zufälle geben kann oder ob hier jemand mehr wusste. Für mich war die Antwort einfach. Da haben es sich die Regierungsfraktionen zeitlich leicht gemacht, weil sie wussten, dass es eine Gesetzesinitiative seitens der Landesregierung geben würde. So einfach kann Politik sein, muss es aber nicht.
Sinnvoller wäre es gewesen, wenn man sich an die Aussagen von Hannelore Kraft gehalten hätte: Rot-Grün ist eine Koalition der Einladung. Rot-Grün betreibt eine Politik der ausgestreckten Hand. – Ich habe von beiden Handlungsmaximen in dieser Sache nicht viel mitbekommen. Das Einzige, was ich mitbekommen habe, ist, dass sich Zuwarten nicht lohnt.
Nun ist die Piratenfraktion im Ausschuss nochmals aufgefordert worden, zu warten. Weitere sechs Monate sollen ins Land gehen, bis eine Regelung im Zusammenhang mit der Wiederholungswahl gefunden ist. Wir Piraten wollen nicht warten, wenn wir erkannt haben, dass etwas schiefläuft oder dass es die richtige Zeit dafür ist, wie zum Beispiel beim Transparenzgesetz.
So ist unsere Handlungsmaxime. Dieser wollen wir gerecht werden. Dieser sind wir auch durch unseren Änderungsantrag gerecht geworden. Ganz schnell haben wir hier über die Ansätze der Landesregierung nachgedacht. Das war nicht nur ganz schnell und einfach, es war auch praktikabel.
Uns geht es mitnichten um Patentschutz. Draußen im Land werden die Menschen wissen, wer für die Änderungen bei der Wiederholungswahlregelung positiv verantwortlich ist. Das sind wir. Dafür brauchen wir keinen Patentschutz. Was wir in diesem Land brauchen, sind entscheidungsfähige Personen, die als richtig Erkanntes schnellstmöglich umsetzen und sich nicht hinter fadenscheinigen Formalargumenten verstecken.
(Beifall von den PIRATEN)
Zum Schluss möchte ich eines betonen: Die Piratenfraktion handelt weiter nach den Maximen von Hannelore Kraft. Wir, die Piratenfraktion, bleiben die Opposition der Einladung. Wir werden weiterhin eine Politik der ausgestreckten Hand gegenüber allen anderen Fraktionen betreiben. Wichtig dafür ist die wechselseitige Annahme dieser Politik, wenn uns keine sachlichen Erwägungen trennen, wie es hier der Fall ist.
Daher bitte ich Sie, dass Sie den Gesetzentwurf in Verbindung mit dem Änderungsantrag annehmen. – Vielen Dank.
(Beifall von den PIRATEN)
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